Die Haiflüsterin

Auch wenn sie im Vergleich zu anderen Themengebieten eher seltener auf Netflix zu finden sind, gehören doch auch Tierdokus fest zum Programm des Streamingdiensts. Zuletzt gab es da beispielsweise Pangolin: Kulus Weg über einen Mann, der ein verletztes Schuppentierbaby aufnimmt und großzieht. Davor konnte man sich etwa Das geheime Leben der Orang-Utans und natürlich das mit einem Oscar ausgezeichnete Mein Lehrer, der Krake anschauen. Mit Die Haiflüsterin folgt nun ein weiterer Film, der in den Tiefen des Meeres spielt und einem einen Unterwasserbewohner näherbringt. Dieses Mal geht es, wie der Titel bereits vorwegnimmt, um Haie. Genauer steht Ocean Ramsey im Mittelpunkt, die sich um das Wohl der Raubfische kümmert.

Das verkannte Monster

Dass Haie nicht unbedingt sehr beliebte Tiere sind, ist kein Geheimnis. Seit dem enormen Erfolg des Horrorklassikers Der weiße Hai gelten sie als blutrünstige Monster, die den sicheren Tod bedeuten. Zwischenzeitlich war zwar das Bewusstsein gestiegen, dass an ihnen mehr dran ist und man sie schützen sollte. In den letzten Jahren gab es aber eine Renaissance von Horrorfilmen, in denen Haie die Antagonisten sind. Insofern ist es sicher nicht verkehrt, wenn Die Haiflüsterin darauf aufmerksam macht, dass man diese Tiere nicht verteufeln sollte. Der Film ist mit einer klaren ökologischen Botschaft verbunden, dass das Image nicht nur verkehrt ist und so nicht fortgesetzt werden sollte. Man darf Haie auch nicht weiter jagen, nur aus einer Angst heraus.

Das ist dann grundsätzlich alles richtig und unterstützenswert, die Ziele von Ramsey sind sicher nicht verkehrt. Schwierig ist jedoch die Art und Weise, wie sie diese Ziele zu erreichen versucht. So war sie immer wieder in den Schlagzeilen, weil sie neben den Haien schwamm und sich dabei filmen ließ. Das Ergebnis ist etwas zwiespältig. Auf der einen Seite hat Die Haiflüsterin natürlich wahnsinnig tolle Bilder zu bieten, die Unterwasseraufnahmen sind das Herzstück des Films. Außerdem lernt man die Tiere von einer anderen Seite kennen, wenn sie ganz ruhig durch das Wasser gleiten, nichts mit dem Monster gemeinsam haben, als die sie oft verkauft werden. Tatsächlich greifen Haie auch eher selten Menschen an, viele der blutigen Zwischenfälle sind auf Missverständnisse zurückzuführen.

Nicht viel Tiefgang

Gleichzeitig ist das Maß an Selbstinszenierung schon groß. Ramsey verkauft eben nicht nur die Tiere, sondern auch sich selbst. Dass Regisseur Juan Oliphant ihr Ehemann ist, macht die Sache nicht unbedingt besser. Immer wieder hat man den Eindruck, dass Die Haiflüsterin eben auch ein Imagefilm über die Aktivistin sein soll, eine journalistische Distanz, wie man sie meist von Dokumentarfilmen einfordert, ist hier auf diese Weise nicht zu erwarten. Zwar versucht man sich schon daran, auch ein bisschen von außen zu blicken. Aber es ist eben nur ein bisschen. Man zitiert die typischen Hetzer aus dem Internet, tatsächliche Wissenschaftler kommen jedoch nicht zu Wort. Dabei wäre gerade ihr Urteil über diese Schwimmeinlagen interessant gewesen.

Das Ergebnis ist dabei trotz der Kritikpunkte solide. Neben den besagten Aufnahmen und dem prinzipiell unterstützenswerten Anliegen, die Tiere zu schützen, ist der Film ein guter Anlass, um sich mit der Frage zu beschäftigen, wie Bilder unsere Wahrnehmung beeinflussen. Das trifft auf die Horrorwerke ebenso zu wie auf Die Haiflüsterin selbst. Man sollte nur eben keine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema erwarten. Das können oder wollen Ramsey und ihr Mann nicht leisten. Beispielsweise erfährt man über die verschiedenen Haiarten relativ wenig, das bleibt schon alles an der Oberfläche. Wer Tiefgang braucht, spart sich den Ausflug ins Wasser. Einen Blick wert ist das Ganze aber schon.