Sahara

(„Sahara“ directed by Pierre Coré, 2017)

SaharaWas genug ist, ist genug. So sehr sich die Schlange Ajar und sein Skorpionkumpel Pitt auch anstrengen, sie werden einfach nicht glücklich im heißen, staubigen Sand der Wüste. Wie viel schöner muss es da doch sein, ein Leben in der nahegelegenen Oase zu führen! Dumm nur, dass diese von grünen Schlangen bewohnt wird, die so gar kein Interesse daran haben, ihr Zuhause mit den blauen Verwandten zu teilen. Aber wer nichts wagt, der nicht gewinnt: Angespornt von der bezaubernden Schlangendame Eva, die Ajar eines Tages entdeckt, beschließt er, sich allen Gefahren zum Trotz bei den grünen Artgenossen einzuschmuggeln. Leider geht dabei jedoch schief, was nur schiefgehen kann, die zwei werden bei der Einreise prompt geschnappt. Dafür gerät Eva in die Fänge eines skrupellosen Schlangenbeschwörers, was Ajar dazu veranlasst, zusammen mit Evas Bruder Gary eine große Rettungsaktion zu starten.

Wie viele Tierarten es auf der Welt gibt, kann keiner so genau sagen. Zwei Millionen etwa sollen zumindest beschrieben sein, so eine vorsichtige Schätzung. Auf jeden Fall genug, um unzählige Animationsfilme mit Protagonisten zu füttern. Entsprechend groß und zahlreich ist die filmische Menagerie dann auch: Katzen (Aristocats), Hunde (Die Hunde sind los), Kaninchen (Unten am Fluss), Mäuse (Mrs. Brisby und das Geheimnis von Nimh), Schafe (Shaun das Schaf – Der Film), Bären (Bärenbrüder), Schweine (3 Little Pigs and the Magic Lamp), Pinguine (Könige der Wellen), Kühe (Die Kühe sind los) oder auch Insekten (Das große Krabbeln) – es gibt nichts, das es nicht gibt. Ausgerechnet Schlangen zu Helden zu machen, das dürfte für die meisten Zuschauer dann aber doch ein wenig weit hergeholt sein. Wenn die kriechenden Reptilien in Filmen auftauchen, dann eigentlich als Antagonisten wie bei der unvergleichlichen Kaa aus Das Dschungelbuch. Unheimlich und verschlagen sind sie meistens. Wer will da den extremitätenlosen Ungeheuern die Daumen drücken?

Ungewohnte Protagonisten vor exotischer Kulisse
Man muss also schon ein wenig den Hut vor Pierre Coré ziehen, der hier mit seiner Besetzung – Schlangen und Skorpione – tatsächliches Neuland betritt. Und auch der Schauplatz ist erfrischend anders im Vergleich zum Animationseinerlei, der uns regelmäßig vorgesetzt wird. Böse Zungen würden behaupten, dass eine Wüste vor allem deshalb zum Einsatz kommt, da dies viel kosten spart: Wo nichts ist als Sand, muss auch nicht viel modelliert und animiert werden. Die Optik ist bei der franko-kanadischen Produktion dann auch ein wenig zwiespältig, gerade die Schlangen sind schon recht blockig. An anderen Stellen ist Sahara aber überraschend ansprechend, gerade in der Stadt oder auch den Unwetterszenen – so ein Sandsturm ist schon nicht ohne.

Bedauerlicherweise lässt sich über den Rest des Films kaum etwas sagen, denn dafür ist dieser einfach zu dünn und ohne interessante Einfälle. Wenn man wollte, könnte man ihm zugutehalten, dass er sich für die Akzeptanz andersartiger Zeitgenossen einsetzt. Schließlich geht alles los mit dem Streit zwischen grünen und blauen Schlangen. Da aber auch innerhalb einer Farbgruppe ständig gestritten und schikaniert wird, verpuffen diese pädagogischen Ansätze sofort. In der ewigen Wüste gibt es nur Selbstsucht und Eitelkeit. So ganz jugendfrei ist Sahara ohnehin nicht, da Gary eine Vorliebe für Pollen hat und diese wie Drogen konsumiert, diverse Rauschmomente inbegriffen. Das sollte vermutlich lustig sein, ist aber eher befremdlich, mit der Zeit auch recht anstrengend, so wie viele Gags nicht recht zünden wollen.

Viel Gekrabbel, wenig Persönlichkeit
Insgesamt sind die Schablonenfiguren auch einer der Schwachpunkte des Films. So richtig viel Persönlichkeit hat hier niemand, sie tun auch nicht genug dafür, dass man sich wirklich für ihr Schicksal interessieren würde. Gleiches gilt für die Handlung: Von einer etwas surrealeren Sequenz beim Schlangentanz einmal abgesehen passiert einfach zu wenig. Trotz des Bonus bei den gezeigten Tierarten und dem Schauplatz bleibt so ein nur durchschnittliches Abenteuer übrig, das man sich ansehen kann, aber sicher nicht muss. Während der Film in Frankreich übrigens ein recht großer Erfolg war und über eine Million Zuschauer anlockte, traute man im Rest der Welt dem Schlangenbraten doch nicht so recht. Ein deutscher DVD-Release steht ebenfalls nicht an, dafür ist der Film auf Netflix abrufbar.



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Ein Film, der in der Wüste spielt und dessen Protagonisten Schlangen und Skorpione sind? Das ist doch mal was anderes. Damit war die Kreativität von „Sahara“ aber auch schon erschöpft, das Animationsabenteuer ist trotz seiner ungewöhnlichen Bestandteile ein recht gewöhnliches Werk geworden.
5
von 10