Chopsticks Netflix
© Netflix

Chopsticks

Chopsticks Netflix
„Chopsticks“ // Deutschland-Start: 31. Mai 2019 (Netflix)

Nirma Shastrabudhe (Mithila Palkar) hat einige Talente, die sie vorweisen kann. So spricht sie beispielsweise fließend Mandarin. Außerdem kann sie Erdnüsse mit Stäbchen essen. Ihr Selbstvertrauen lässt jedoch ebenso zu wünschen übrig wie ihre Menschenkenntnis. Als ein Mann ihr anbietet, ihren neu gekauften Wagen zu parken, ihn stattdessen aber stiehlt, weiß sie nicht, wie ihr geschieht. Da auch die Polizei nicht weiterhelfen kann und will, wendet sie sich an einen Mann (Abhay Deol), dem sie am Bahnhof begegnet und der ihr verspricht, bei der Suche behilflich zu sein.

Netflix und Indien, das ist ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite ist es erfreulich, wenn uns der Streamingdienst Titel mitbringt, die nicht den typischen Bollywood-Klischees entsprechen und etwas andere Facetten des dortigen Kinos aufzeigen. Auf der anderen Seite sind diese Titel oft kaum zu empfehlen. Vom Drama Soni über eine Polizistin, die mit mangelndem Respekt zu kämpfen hat, und der Thrillerserie Der Pate von Bombay einmal abgesehen, ist die Ausbeute mager. Vieles tummelt sich im mittelprächtigen Bereich. Einiges ist noch darunter.

Wenn nett nicht ausreicht
Auch Chopsticks ist eine Enttäuschung. Der Anfang ist noch einigermaßen vielversprechend. Eine chinesischsprechende Inderin, die an der Realität scheitert und in komische Situationen stolpert, daraus ließe sich prinzipiell schon etwas machen. Zumal Mithila Palkar ihrer Figur genügend unbeholfenen Charme verleiht, dass man der unglückseligen Frau schon auch irgendwo die Daumen drücken möchte. Man würde ihr sicherlich keine lebenswichtigen Entscheidungen überlassen wollen, vom Auto ganz zu schweigen. Nett ist sie aber.

Nett ist dann auch der Film, für eine Weile zumindest. Teilweise ist er jedoch zu offensichtlich auf ein heimisches Publikum zugeschnitten, wenn etwa Witze über einen an eine Waschmittelmarke erinnernden Namen wirkungslos verpuffen. Andere Scherze sind hingegen internationaler Natur. Beispielsweise pflegt eine Figur eine große Faszination an Ziegen. Warum, das wird bei Chopsticks nicht ganz klar. Aber es gibt so einiges, was man bei diesem Film nicht wirklich verstehen muss, von den Figuren über gewisse Szenen bis zu der alles entscheidenden Frage: Was genau soll das hier eigentlich sein?

Achtung, fertig, such!
Die Suche nach dem Auto mag die Initialzündung für die Geschichte sein. Stattdessen ist Chopsticks aber vielmehr ein Film über eine Frau, die einen Platz in dieser Welt sucht. Meistens. Diese selbsterkennenden Momente, in denen der „Artist“ genannte fremde Mann als eine Art Wegweiser dient, werden mit absurden Szenen kombiniert. Wann mal das eine geschieht, wann das andere, folgt keinem klar erkennbaren Muster. Die Suche ist eher eine Art Rahmenhandlung, die alles Mögliche einbaut und relativ wenig Vorbedingungen stellt. Soll heißen: Erlaubt ist alles, es wird zusammengeworfen, was einem gerade einfällt, ohne dass in irgendeiner Form darauf geachtet würde, ob daraus auch eine Geschichte wird.

Wenn denn wenigstens die Witze auch tatsächlich witzig wären. Aber das ist das größte Verbrechen der Komödie, die sich zwischenzeitlich einem Krimi annähert: Sie ist einfach nicht komisch. An vielen Stellen ahnt man zwar, was die Drehbuchautoren beabsichtigen, Spaß machen die Einlagen deshalb aber nicht. Die Versuche, ein bisschen skurril zu sein, sind zu offensichtlich gewollt, es fehlt die notwendige Leichtigkeit. Zusammen mit der sprunghaften Entwicklung, die keine wirkliche Richtung erkennen lässt, wird Chopsticks so zu einer sehr zähen Angelegenheit, die man zwar irgendwie mögen will, am Ende aber kaum mögen kann. Dafür ist der Film letztendlich zu langweilig.



(Anzeige)

Einer wenig für die Realität geeignete Frau wird das Auto gestohlen, die Suche danach wird zu einer Suche nach einem Platz in der Welt. Die Hauptfigur ist zwar irgendwie sympathisch. Das reicht aber nicht aus, um dem orientierungslos herumeiernden „Chopsticks“ eine wirkliche Daseinsberechtigung zu geben: Die Tragikomödie will viel, schafft aber wenig, ergibt des Öfteren keinen Sinn und enttäuscht mit schwachen Witzen.
4
von 10