Das Maedchen und ihr Roboter
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Das Mädchen und ihr Roboter – Die nächste Generation

Das Maedchen und ihr Roboter
„Das Mädchen und ihr Roboter – Die nächste Generation“ // Deutschland-Start: 7. September 2018 (Netflix)

Es gab eine Zeit in ihrem Leben, da war Mai glücklich gewesen. Heute ist davon nicht mehr viel übrig. Seitdem ihr Vater fort ist, interessiert sich ihre Mutter nur noch für blöde Roboter, die einzige Aufmerksamkeit, die sie bekommt, sind die Jugendlichen, die sie mobben. Ohnehin nervt es sie, dass die Menschen keine Zeit mehr füreinander haben und alles von irgendwelchen Technikmonstern bestimmt wird. Große Lust hat sie daher nicht, als ihre Mutter sie zu einer weiteren Robo-Demo-Veranstaltung mitschleppt. Doch der wahre Ärger kommt erst, als eine der Maschinen Gefallen an Mai findet und ihr folgt – denn von dieser darf eigentlich niemand etwas erfahren.

Ein bisschen verwunderlich ist es ja schon, dass Netflix bei seinen Welteroberungsplänen den Bereich Animation bislang so sehr vernachlässigt hat. Sicher, Serien gibt es einige, zuletzt starteten beispielsweise Disenchantment und Paradise PD. Und auch der eine oder andere Anime-Film findet sich im Sortiment, kürzlich kam etwa Flavors of Youth hinzu. Doch der CGI-Bereich, mit denen die großen Studios richtig viel Kohle einnehmen, der fehlte bislang. Offensichtlich war das den US-Amerikanern auch bewusst. Und so kauften sie vergangenes Frühjahr für beachtliche 30 Millionen Dollar Das Mädchen und ihr Roboter – Die nächste Generation ein, um auch diese Lücke zu schließen.

Die Zukunft des Standards
Mit den Platzhirschen von Disney und Pixar kann es das die chinesisch-kanadische Coproduktion natürlich nicht aufnehmen, dafür war das Budget auch einfach zu niedrig. Aber es ist doch mehr als ansehnlich, was das kanadische Studio Tangent Animation (Ozzy) hier auf die Beine gestellt hat. Die Designs der Menschen sind zwar nur Standard, würden sich in einem Großteil der kaum unterscheidbaren CGI-Konkurrenz wie zu Hause fühlen. Dafür ist die futuristische Stadt schön gestaltet, auch die Roboter gefallen, Effekte und Animationen können sich sehen lassen.

Besonders viel Mühe haben sie sich bei Projekt 7723 gegeben, der zwar den ganzen Film über keinen Namen erhält, dafür aber nach und nach eine Persönlichkeit entwickelt. Ähnlich zu Baymax – Riesiges Robowabohu, das hier sicher auch als Inspiration diente, erzählt Das Mädchen und ihr Roboter die Geschichte eines jungen Menschen, der sich mit einer Maschine anfreundet und gemeinsam mit ihm die Welt retten muss. Eine reine Kopie ist das hier jedoch nicht. Denn der auf einem Comic von Wang Nima basierende Film hat dann doch noch ein paar eigene Ideen, um sich von dem offensichtlichen Vergleichsmaterial abheben zu können.

Woran will ich mich erinnern?
Die schönste Idee befasst sich mit dem Wert von Erinnerungen. Aufgrund eines technischen Defekts muss 7723 regelmäßig welche löschen, um Platz für neue zu schaffen. Während Mai diese Einschränkung in erster Linie dazu verwenden würde, unliebsame Erfahrungen und Ereignisse zu vergessen, sind diese für ihren mechanischen Freund zu wichtig. Diese Gegenüberstellung der zwei konträren Ansichten – ist ein Leben ohne schlechte Erfahrungen besser? – ist sicher nicht neu. Und auch der Schluss, den Das Mädchen und ihr Roboter daraus zieht, kommt nicht gerade überraschend: Ein Mensch ist immer die Summe von all dem, was ihm passiert, den guten und den schlechten Momenten. Aber es wurde doch rührend umgesetzt, vermittelt den jungen Zuschauern, dass dunkle Passagen zum Leben dazugehören und uns auszeichnen.

Ansonsten ist das mit der Kinderfreundlichkeit so eine Sache. Nicht nur, dass zum Ende hin Mord und Todschlag eine Rolle spielen, es wird auch kontinuierlich geflucht – so etwa Mais Hund. Letzterer geht allgemein schnell auf die Nerven. Und auch die Protagonistin macht es einem zuweilen recht schwer, den Film bis zum Ende schauen zu wollen. Denn dafür ist sie mit einer konstanten schlechten Laune und dem ständigen, oft nicht nachzuvollziehenden Gemecker zu anstrengend. Im Gegensatz zu ihr ist Das Mädchen und ihr Roboter aber doch recht nett geworden, verbindet Sci-Fi-Szenario mit universellen Überlegungen und reichlich Action. Bleibt nur zu hoffen, dass Netflix im Anschluss am Ball bleibt und noch mehr Animationsfilmen eine Chance gibt.



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Ein Mädchen hasst die Welt und ganz besonders Roboter und muss dann ausgerechnet mit einem Roboter die Welt retten. Das ist actionreich, überzeugt aber vor allem in den leiseren Momenten, wenn es um die Bedeutung von Erinnerungen geht. Visuell ist „Das Mädchen und ihr Roboter“ dabei durchaus gelungen, die schön gestaltete Stadt und der Roboter lenken ein wenig davon ab, wie anstrengend die Protagonistin ist.
6
von 10