Avatar Der Herr der Elemente 2024 Netflix Streamen online The Last Airbender
© Robert Falconer/Netflix

Avatar: Der Herr der Elemente – Staffel 1 (2024)

Avatar Der Herr der Elemente 2024 Netflix Streamen online The Last Airbender
„Avatar: Der Herr der Elemente – Staffel 1“ // Deutschland-Start: 22. Februar 2024 (Netflix)

Inhalt / Kritik

In den Reihen der Luftbändiger – Menschen mit der Fähigkeit, das Element Luft nach ihrem Willen zu formen – befindet der Avatar, auch wenn seine Identität noch nicht enthüllt wurde. Der Avatar ist in der Lage alle vier Elemente – Wasser, Erde, Feuer, Luft – zu beherrschen. Er ist auch der einzige, der den Plänen der Feuernation gefährlich werden könnte. Diese holt daher zu einem Radikalschlag aus und vernichtet alle Luftbändiger. Einer allerdings kann dem Genozid entkommen: Der zwölfjährige Aang (Gordon Cormier), der kurz zuvor selbst erst erfahren hat, dass es sich bei ihm um den Avatar handelt, verbringt die nächsten hundert Jahre in einer schützenden Kugel aus Eis. Als die Geschwister Katara (Kiawentiio) und Sokka (Ian Ousley) ihn befreien, begibt er sich mit ihnen auf eine Reise, um seinem Schicksal gerecht zu werden, der Welt wieder Frieden zu bringen …

Live-Action-Adaption des Zeichentrickhits

Als Netflix im Jahre 2018 eine Realserienadaption von Avatar – Der Herr der Elemente ankündigte, war das nicht unbedingt ein Grund zur Freude. Das letzte Live-Action-Remake, Die Legende von Aang aus dem Jahre 2010 also, hatte eine Übertragung für Fans nachhaltiger gebrandmarkt als Ozai seinen Sohn. Dass die Geschichte dann auch noch reimagined werden sollte, war schon seinerzeit angesichts der Entwicklung der Popkultur alles andere als ermutigend. Allerdings gab es einen kleinen Hoffnungsschimmer, immerhin waren Michael Dante DiMartino und Bryan Konietzko, die Serienschöpfer der Vorlage also, als Showrunner mit an Bord. 2020 verließen sie die Produktion jedoch aufgrund von kreativen Differenzen, da die Herangehensweise von Netflix ans Grundlagenmaterial wohl nicht in ihrem Sinne war. Das schien der letzte Sargnagel für die inhaltliche Qualität des Projekts zu sein. Die Berichte in letzter Zeit, deren reißerische Schlagzeilen ihr Bestes taten, die negative Erwartungshaltung der Fans weiter zu zementieren, waren da eigentlich nur noch eine Fußnote.

Es kann direkt Entwarnung gegeben werden: Avatar: Der Herr der Elemente ist nicht der befürchtete Totalausfall – außer natürlich für jene, die aus irgendwelchen Gründen ein Shot-für-Shot-Remake erwarten. Mit einer Laufzeit von 440 Minuten ist die Realserie, welche Buch 1: Wasser aus der Animationsserie abdeckt, schon recht nahe am Original. Die erste Staffel der Vorlage beansprucht etwa 460 Minuten für sich. Dennoch sollte ja jedem klar sein, dass sich Animation und Live Action zwar in Bezug auf die Kameraeinstellungen gut vergleichen lassen, die Bildgestaltung jedoch jeweils völlig andere Möglichkeiten bietet.

Actionreicher Einstieg

Es ist bei berühmten und beliebten Vorlagen natürlich schwierig, die nötige Distanz zu einer Neuinterpretation zu wahren. Allerdings muss ja auch der kleinste gemeinsame Nenner bedacht werden. Die Legende von Aang zum Beispiel ist für jemanden mit Kenntnis des Originals schlechter als für einen Unwissenden, scheinbar paradoxerweise versteht jemand mit Vorkenntnis dessen Handlung jedoch besser, da die unerklärten Lücken selbständig gefüllt werden können. Eine Adaption muss ja aber auch für jemanden funktionieren, der das Original eben nicht kennt. In dieser Kritik wird der Versuch unternommen, die neue Serie so gut wie möglich als eigenständige Produktion zu bewerten, auch wenn nicht versprochen werden kann, dass sich nicht der ein oder andere Vergleich zum Original einschleicht. Schließlich ist zu erwarten, dass ein gewisser Prozentteil der neuen Zuschauer nach Sichtung der ersten Staffel von Avatar: Der Herr der Elemente sich nach dem (aktuell ebenfalls auf Netflix verfügbaren) Original umschauen.

Um direkt mit einem Vergleich zu beginnen: Die neue Serie fängt anders an als das Original. Der Einstieg ist actionreich. Ein Erdbändiger kämpft sich durch eine Reihe Feuerbändiger, ein anderer wartet auf ihn. Der Gefährte kann die ihm zugespielte Nachricht in Sicherheit bringen, der andere kommt nicht so glimpflich davon. Nach seiner Gefangennahme gibt es zwar ein bisschen informativen Dialog, aber insgesamt folgen die ersten fünf Minuten dem show, don’t tell-Prinzip, sodass der Zuschauer nicht mit Exposition zugeschüttet wird. Wenn schon eine der wenigen Schwächen des Originals hier ausgebügelt wurde, kann die Serie ja nur großartig werden, richtig?

Ein bisschen viel Exposition

Eh … nicht so schnell. Nach dem Einstieg wird sich die Zeit genommen, mehr von der Vorgeschichte zu zeigen. Oder eben zu erzählen. Ohne Exposition geht es ja auch nicht unbedingt, aber hier wird schon wieder total übertrieben. Gran Gran (Casey Camp-Horinek) den Großteil des Intros aus der Animationsserie rezitieren zu hören, ist anfangs ja noch irgendwie cool. Die zugrundeliegende Idee dahinter ist auf dem Papier auch super. Die Umsetzung wird ihr nur leider überhaupt nicht gerecht. Auch sonst gibt es in der ersten Folge viel zu viel Exposition, die unnötigerweise über den Dialog stattfindet. In den weiteren Episoden ist das weiterhin präsent, allerdings immerhin deutlich reduzierter.

Es kann zum einen davon zeugen, dass die Macher kein Vertrauen in ihre erzählerischen Fähigkeiten haben, zum anderen davon, dass die Macher ihrem Publikum zu wenig zutrauen oder es nicht respektieren. Avatar: Der Herr der Elemente ist fraglos für ein modernes Publikum gemacht worden. Es darf bloß nicht herausgefordert, schon gar nicht brüskiert werden. Figuren, die auf der Seite des Guten stehen, dürfen keinerlei Charakterschwächen haben. Nur selten, wenn überhaupt, machen Aang, Katara oder Sokka Fehler. Nie gibt uns ihr Verhalten Anlass dazu, uns über sie aufzuregen. Sie sind einfach toll. Und gerade deshalb mitunter langweilig.

Wenig Charakterentwicklung

Jemand, der das Original nicht kennt, wird damit vielleicht kein Problem haben. Ohne Vorwissen funktioniert das hier alles schon irgendwie. Aber eben auch nur irgendwie. Die ‚Charakterentwicklung‘ der Figuren findet nur zum Schein statt. Was Sokka zum Beispiel in der zweiten Folge lernt, mag für sich genommen ja von Wachstum zeugen. Das Problem ist nur, dass sich anhand seines Verhaltens aus der ersten Episode direkt aufzeigen lässt, dass er damit bestenfalls auf der Stelle tritt.

Unter Miteinbeziehung des Originals wird das alles noch lächerlicher. Es kann hier jetzt natürlich nicht für jede einzelne Figur durchexerziert werden, aber da gerade über Sokka im Vorfeld viel geredet wurde, soll er als Beispiel herangezogen werden. In Avatar: Der Herr der Elemente werden Menschen bei lebendigem Leibe verbrannt, genau so wenig hat die Serie ein Problem damit, einen Genozid zu zeigen. Bei Sexismus wird dann allerdings die Grenze gezogen, denn so ein Verhalten geht ja mal gar nicht. Sokka äußert sich im Original zu Beginn sexistisch, und als bekannt wurde, dass dieser Sexismus für die Serie reduziert wurde, schwante Fans schon Übles. Die üblichen Apologeten hatten die üblichen Kampfbegriffe und Fehlinterpretationen dafür im Gepäck, ignorierten wie üblich die eigentlichen Befürchtungen.

Nicht alle Änderungen überzeugen

Dass der Live-Action-Sokka sich nicht sexistisch äußert, ist hier nicht das Hauptproblem. Völlig abgesehen davon, dass Eigenschaften zu portraitieren nicht damit gleichzusetzen ist, dass diese Eigenschaften befürwortet werden, basiert Sokkas Sexismus nicht auf seiner inhärenten Frauenfeindlichkeit. Sokka ist ein dummer, schwacher Junge. Sein Sexismus ist das Resultat davon, dass er keine Ahnung hat, was es bedeutet ein Mann und ein Anführer zu sein. Erst als er von einer Kriegerin nach Strich und Faden bei einer Auseinandersetzung vorgeführt und ihm dadurch seine eigene Schwäche bewusst wird, beginnt er, seine Ansichten zu überdenken und wächst im Laufe der Serie über sich hinaus. Dieser Kampf ist hier unglaublich stümperhaft umgesetzt, sowohl erzählerisch als auch bezogen auf die Choreographie (nächstes Mal den würgenden Arm beim Rear Naked Choke vielleicht mit dem anderen fixieren, das ist ja peinlich). Dass Sexismus nicht okay ist, vergisst die Serie in der siebten Folge dann gefälligerweise wieder bei einer anderen Figur, was das ganze Umschreiben von Sokkas Charakter noch absurder macht.

Fast alle Figuren sind hier ziemlich verändert. Katara, Bumi (Utkarsh Ambudkar) – eigentlich kommt hier keiner besser davon. Der legendäre Kohlhändler ist da noch der einzige – er ist sogar so nah am Original, wie es nur überhaupt möglich ist. Auch in Bezug auf die Handlung gibt es einige nicht nachvollziehbare Änderungen zum Schlechteren, aber damit können wir uns hier jetzt nicht auch noch befassen. Um bei Sokka zu bleiben, muss fairerweise auch gesagt werden, dass er für sich genommen dennoch eines der besten Elemente der Serie ist. Optisch ist Ian Ousley nahezu perfekt gecastet und zurechtgemacht. Das lässt sich in leicht abgewandelter Form sowieso über die meisten Figuren hier sagen. Wenngleich der Live-Action-Sokka eine recht verwässerte Version des Originals ist, hat Ousley seinen Job genau verstanden. Sein Timing ist grandios, seine Mimik einnehmend, seine Performance überzeugend. Generell ist das Schauspiel aber eher durchwachsen. Die meisten erwachsenen Darsteller sind ziemlich gut, vor allen in ihren Interaktionen miteinander.

Fantastische Setpieces

Gordon Cormier, der zum Zeitpunkt des Castings keine zwölf Jahre alt war, ist der zugegebenermaßen gigantischen Aufgabe, mit Aang die Hauptfigur in so einem großen Projekt zu verkörpern, nicht gewachsen. Alle Umstände miteinberechnet meistert er die Herausforderung fraglos hervorragend, aber absolut betrachtet versagt er vor allem in den emotionaleren Momente, da die nötige schauspielerische Reife schlicht noch nicht vorhanden ist. Kiawentiio ist drei Jahre älter, wirkt in der Rolle der Katara aber noch verlorener.

Dass die Charaktere optisch passend zurechtgemacht wurden, ist nur die halbe Wahrheit. Es stimmt in der Hinsicht, dass sie insgesamt ihren gezeichneten Vorbildern sehr ähnlich sehen, auch was ihre Outfits angeht. Diese Outfits sind nur leider viel zu sehr auf Hochglanz poliert. Sie wirken als kämen sie gerade frisch aus der Kostümfundus-Schneiderei. Sie sind zu sauber, weisen keinerlei Gebrauchsspuren auf – kurz, sie wirken wie bei immer mehr modernen Produktionen einfach nicht authentisch. Die kräftige Farbsättigung verstärkt zwar die Nähe zur animierten Vorlage, reißt aber manchmal aus der Immersion. Insbesondere, wenn die Charaktere an Filmsets zu stehen scheinen, vor Kulissen posieren, wie davon losgelöste Figuren wirken, statt sich in einer natürlichen Umgebung zu bewegen. Dabei sind die Setpieces an sich eigentlich fantastisch; die Welt lebt, auch dank allem, was sich im Hintergrund abspielt.

Besser als erwartet

Es gibt wenig Hoffnung darauf, dass sich die Macher die Kritik zu Herzen und die nächsten Staffeln entsprechend angehen werden. Prinzipiell sind die Zutaten für eine exzellente Serie gegeben, im Zuge der Adaption gibt ja auch ein paar sinnvolle Änderungen, die hier nun zu kurz kamen. Trotz Pacingproblemem lassen sich die acht Folgen gut anschauen; wer nicht starr auf eine Eins-zu-eins-Übertragung beharrt, wird sich hier schon unterhalten lassen können. Es hätte eben alles nur besser sein können – genau so hätte alles aber auch schlimmer sein können.

Wer des Englischen mächtig ist, sollte Avatar: Der Herr der Elemente auch in dieser Sprache rezipieren. Beim einzigen Mal, dass die Serie für diese Rezension auf Deutsch geschaut wurde, wurde „Throw him … a feast.“ zu „Man möge ihm … ein Fest kredenzen.“, womit dann ja nicht nur keine angespannte Situation mehr kreiert wird, die sich in einen Witz auflöst, es hätte darüber hinaus wenigstens „Festmahl“ heißen müssen, Feste werden nicht kredenzt.

Credits

OT: „The Last Airbender“
Land: USA
Jahr: 2024
Regie: Michael Goi, Jabbar Raisani, Roseanne Liang, Jet Wilkinson
Drehbuch: Albert Kim, Michael Dante DiMartino, Bryna Konietzko, Joshua Hale Fialkov, Christine Boylan, Keely MacDonald, Gabriel Llanas, Emily Kim, Hinter Ries, Audrey Wong Kennedy
Vorlage: Michael Dante DiMartino, Bryan Konietzko
Musik: Takeshi Furukawa
Kamera: Michael Balfry, Michael Goi, Stewart Whelan
Besetzung: Gordon Cormier, Kiawentiio, Ian Ousley, Dallas Liu, Paul Sun-Hyung Lee, Ken Leung, Daniel Dae Kim, Lim Kay Siu, Casey Camp-Horinek, Matthew Yang King, Ruy Iskandar, Ryan Mag, Utkarsh Ambudkar, Elizabeth Yu, Thalia Tran, Momona Tamada

Bilder

Trailer

Weitere Netflix Titel

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Avatar: Der Herr der Elemente – Staffel 1 (2024)
Fazit
"Avatar: Der Herr der Elemente" bleibt als Adaption hinter den Möglichkeiten zurück, ist aber nicht die Enttäuschung, die zu befürchten war. Die Serie wird sowohl Franchise-Fans als auch absolute Neulinge ansprechen. Erstere werden viel daran auszusetzen haben, machen aber nichts falsch damit, sich darauf einzulassen. Für Neulinge ist es allerdings der ideale Einstieg, da ihnen der Genuss des unübertroffenen Originals noch bevorsteht.
Leserwertung5 Bewertungen
4.4
6
von 10