Gefährliche Liebschaften Les Liaisons Dangereuses Netföix
© Lou Faulon / Thomas Canel / Netflix

Gefährliche Liebschaften (2022)

Gefährliche Liebschaften Les Liaisons Dangereuses Netföix
„Gefährliche Liebschaften“ // Deutschland-Start: 8. Juli 2022 (Netflix)

Inhalt / kritik

Als die 17-jährige Célène (Paola Locatelli) von Paris nach Biarritz zieht, eine an der Küste gelegenen Gemeinde im Südwesten Südfrankreichs, ist das für sie eine komplett neue Welt, auf die sie sich erst noch einzulassen lernen muss. Zumal sie von Natur aus eher zurückhaltend ist, lieber in alten Büchern liest, als sich ins Partyleben zu stürzen. Dabei findet die Romantikerin schnell Gefallen an dem umwerfenden Surfer Tristan (Simon Rérolle), der sich ihrer annimmt und große Gefühle in ihr wachruft. Der Traum von der großen Liebe hat jedoch einen Haken: In Wahrheit steckt die fiese Vanessa (Ella Pellegrini) hinter allem, die an der Schule wie auch in den sozialen Netzwerken uneingeschränkt herrscht und die mit Tristan eine Wette abgeschlossen hat …

Neustart mit einem Klassiker

Manchmal dauert es ein wenig länger, bis man seine Berufung findet. So versuchte Rachel Suissa viele Jahre, als Schauspielerin im Filmgeschäft Fuß zu fassen, spielte beispielsweise in Public Enemy No. 1 – Todestrieb mit. Eine wirkliche Karriere wurde jedoch nie draus. Ihre letzte Rolle liegt bereits zehn Jahre zurück – und diese hatte nicht einmal einen Namen. Dafür gibt sie mit dem Netflix-Film Gefährliche Liebschaften nun ihr Debüt als Regisseurin, schrieb auch an dem Drehbuch mit. Offensichtlich scheute sie dabei jedoch das Risiko, weshalb sie keine eigene Geschichte erzählt. Stattdessen schnappt sie sich den gleichnamigen Romanklassiker von Choderlos de Laclos, der 1782 für einen kräftigeren Skandal sorgte. Derart ungeniert wurde seinerzeit schließlich nur selten über moralische Abgründe geredet.

Selbst wer diesen Roman nicht gelesen haben sollte, hatte zahlreiche Gelegenheiten, von der Geschichte zu erfahren. Viele Male wurde diese inzwischen schon adaptiert, sei es für das Kino, das Fernsehen oder auch die Bühne. Besonders bekannt war die gleichnamige Hollywood-Adaption von 1988, die mit diversen internationalen Stars lockte und für sieben Oscars im Rennen war. Während dort jedoch das historische Setting der Vorlage aufgegriffen wurde, versucht sich die französische Produktion Gefährliche Liebschaften an einer zeitgemäßen Fassung. Aber auch das ist nicht wirklich neu. Schon andere versuchten, die Geschichte in die jeweilige Zeit zu versetzen. Eiskalte Engel tat dies beispielsweise 1999 so erfolgreich, dass noch zwei weitere Filme gedreht wurden.

Mutlos und austauschbar

Bei dieser Version ist das eher nicht zu erwarten. Zum einen gibt es hier keine Stars, mit denen man ein Publikum vor die Fernseher locken könnte. Es fehlen aber vor allem inhaltlich die Einfälle, die einen erneuten Hit wahrscheinlich machen würden. Natürlich hat sich in den zwei Jahrzehnten seit Eiskalte Engel noch einmal einiges getan. Sich aber einfach damit zu begnügen, noch irgendwie Instagram bzw. soziale Medien hineinzuquetschen, ist nun nicht gerade Ausdruck größter Kreativität. Die Sehnsucht nach Beliebtheit, die in Gefährliche Liebschaften damit einhergeht, hat auch nicht so wahnsinnig viel mit dem zu tun, wovon de Laclos seinerzeit erzählte. Die stärker gesellschaftliche Komponente, die der Roman und frühere Adaptionen hatten, wurden einer gewöhnlichen Jugendromanze geopfert. Allenfalls das Bekenntnis zu mehr Diversität sticht hervor.

Überhaupt ist Gefährliche Liebschaften dem Titel zum Trotz eine erschreckend harmlose Angelegenheit. Zusammen mit dem Herabsetzen des Alters der Figuren wurde kräftig entschärft und auch vereinfacht. Die stark sexuelle Komponente der Geschichte ist zusammengestaucht worden. Stattdessen gibt es viel austauschbare Musik und zum Schluss eine kräftige Portion Kitsch. Wo man beim Original noch den Glauben an die Menschheit verlieren durfte, darf man hier allenfalls den Glauben ans Individuelle verlieren: Das französische Liebesdrama ist letztendlich belanglose Wegwerfware, wie man sie in dem Segment viel zu oft findet. Es hat nicht einmal den Charme von Der erste Blick, der letzte Kuss und alles dazwischen, das die Tage online gegangen ist.

Credits

OT: „Les Liaisons Dangereuses“
Land: Frankreich
Jahr: 2022
Regie: Rachel Suissa
Drehbuch: Slimane-Baptiste Berhoun, Rachel Suissa
Vorlage: Choderlos de Laclos
Musik: Michael Giacchino, Nami Melumad
Kamera: Giovanni Fiore Coltellacci
Besetzung: Paola Locatelli, Simon Rérolle, Ella Pellegrini, Héloïse Janjaud, Jin Xuan Mao, Oscar Lesage, Alexis Michalik, Nicolas Berno

Bilder

Trailer

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Gefährliche Liebschaften (2022)
Fazit
Die Vorlage ist bekannt, die diversen Adaptionen sind es auch. Braucht es da unbedingt noch eine Version? Nein, zumindest nicht wenn sie so ausfällt wie hier. „Gefährliche Liebschaften“ hat inhaltlich nichts hinzuzufügen, lässt dabei nicht nur bei den Figuren einiges vermissen. Vor allem der mangelnde Mut, der aus der einstigen Skandalgeschichte ein harmloses Jugenddrama gemacht hat, nervt.
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