Le Guide de la famille parfaite The Guide to the Perfect Family Leitfaden für die perfekte Familie
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Leitfaden für die perfekte Familie

Inhalt / Kritik

Le Guide de la famille parfaite The Guide to the Perfect Family Leitfaden für die perfekte Familie
„Leitfaden für die perfekte Familie“ // Deutschland-Start: 14. Juli 2021 (Netflix)

Eigentlich läuft es gut bei Familie Dubois. Martin (Louis Morissette) hat Erfolg bei der Arbeit, ist glücklich mit Marie-Soleil (Catherine Chabot) verheiratet. Rose (Emilie Bierre), Martins Tochter aus erster Ehe, bringt nur die besten Noten aus der Schule mit. So dachten zumindest alle. Umso größer ist der Schock, als herauskommt, dass sie systematisch bei den Prüfungen betrogen hat. Denn nur so konnte sie den hohen Ansprüchen ihres Vaters gerecht werden. Der will dieser Schmach nicht einfach tatenlos zusehen, weswegen er sie kontinuierlich zu neuen Höchstleistungen anstachelt und die Situation daheim noch weiter anheizt. Und dann wäre da noch Mathis (Xavier Lebel), der gemeinsame Sohn von Martin und Marie-Soleil, der sich irgendwie alles erlauben darf und Rose damit zur Weißglut treibt …

Das öffentliche Streben nach Perfektion

Einfach nur glücklich sein, das ist vielen heute zu wenig. Heute braucht es schon Glück plus Erfüllung und Erfolg, an dem auch der Rest der Welt teilhaben soll. Es dürfen ruhig alle anderen erfahren, dass man selbst an der Spitze steht. Und das ganz entspannt natürlich. Dass dies schnell zu einem Widerspruch führt, wenn Leute ganz angestrengt darum kämpfen, unangestrengt zu wirken, ist nicht unbedingt ein Geheimnis. Aber solange die Fassade stimmt, spielen alle mit. Wenn das Leben schon nicht perfekt ist, soll es zumindest danach aussehen. Dass einen dieses Streben nach dem öffentlichen Glück letztendlich richtig unglücklich machen kann, wird dabei ignoriert oder zumindest in Kauf genommen.

Die Netflix-Tragikomödie Leitfaden für die perfekte Familie führt diese Entwicklung anhand einer Familie vor Augen, die – dem Titel zum Trotz – alles andere als perfekt ist. Tatsächlich wird bald klar, dass so gut wie gar nichts bei dem Quartett funktioniert. Dass da irgendwo auch noch Caroline (Isabelle Guerard) herumschwirrt, Martins Exfrau und Mutter von Rose, macht die Sache nicht einfacher. Regisseur Ricardo Trogi und sein Drehbuchteam haben hier eine Truppe zusammengestellt, die für die Bilder der Mama zwar als Bilderbuchfamilie posieren dürfen. Das liegt aber vor allem daran, dass keiner offen miteinander redet. Und wenn, hören die anderen nicht zu.

Alles nicht so einfach

Herzstück von Leitfaden für die perfekte Familie ist dabei das von Louis Morissette (Der unverhoffte Charme des Geldes) und Emilie Bierre (A Colony) gespielte Vater-Tochter-Gespann. Immer wieder wird er sie auffordern, wenn nicht gar drängen, etwas aus sich zu machen und nur das Beste anzustreben. Rose hingegen weiß nicht so recht, was sie mit ihrem Leben anfangen soll. Sie ist viel zu sehr damit beschäftigt, irgendwelchen Erwartungen zu entsprechen, als dass sie Zeit und Gelegenheit hätte, sich selbst zu entfalten und einen eigenen Weg zu finden. Ihr Schicksal dürfte dabei vielen Jugendlichen von der Seele sprechen. Als wäre der Übergang vom Kind zum Erwachsenen nicht auch so schon schwierig genug, wenn unter gefühlt unzähligen Möglichkeiten die richtige gefunden werden muss, mischen sich dann auch noch andere ständig ein.

Leitfaden für die perfekte Familie hält dabei die Balance aus lebensnahem Drama und überspitzter Komödie. An manchen Stellen, etwa bei Marie-Soleils Social-Media-Bemühungen, ist der kanadische Film sogar nicht weit entfernt von einer Satire. Ganz so weit wollte man dann aber doch nicht gehen. Überhaupt ist das hier kein Musterbeispiel für Konsequenz. Anstatt ein Thema konkret weiterzuverfolgen, gibt es hier vielmehr eine Art Mosaik, bei dem mal hier, mal dort weitegearbeitet wird. Wie viel man dem sich zusammensetzenden Bild entnehmen kann, hängt dabei maßgeblich davon ab, ob man selbst von diesen Themen betroffen ist.

Nicht groß, aber schön

So dürfen sich in dem eher zurückhaltend erzählten Film Eltern wiederfinden, die nicht wirklich wissen, wie sie mit den langsam erwachsen werdenden Kindern umgehen sollen. Jugendliche finden Bestätigung für ihre eigene Sinnsuche. Der Rest darf sich auf die erlösende Nachricht freuen: Es ist völlig okay, einfach nur Durchschnitt zu sein. Der Film ist dabei selbst über dem Durchschnitt, allein schon weil das Ensemble die Slice-of-Life-Tragikomödie gut auszufüllen weiß. Man sollte sich von Leitfaden für die perfekte Familie jedoch keine bahnbrechend neuen Erkenntnisse erhoffen, dafür ist das hier alles zu bekannt. Ebenso fehlen die großen dramatischen Momente oder dauernde Schenkelklopfer. Aber es genügt für anderthalb schöne Stunden, die von unterhaltsam bis rührend reichen.

Credits

OT: „Le Guide de la famille parfaite“
IT: „The Guide to the Perfect Family“
Land: Kanada
Jahr: 2021
Regie: Ricardo Trogi
Drehbuch: François Avard, Jean-François Léger, Louis Morissette
Musik: Frédéric Bégin
Kamera: Geneviève Perron
Besetzung: Louis Morissette, Emilie Bierre, Catherine Chabot, Xavier Lebel, Isabelle Guérard, Gilles Renaud

Trailer

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In „Leitfaden für die perfekte Familie“ folgen wir einer Familie, bei der dem Titel zum Trotz vieles nicht funktioniert, weil die Leute zu wenig kommunizieren und zuhören. Der Film kombiniert dabei lebensnahes Drama mit humoristischen Überspitzungen, ist am Ende eine auch des Ensembles wegen sehenswerte Tragikomödie rund um die Suche nach dem persönlichen Glück und Sinn.
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von 10