Qala Netflix
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Qala

Qala Netflix
„Qala“ // Deutschland-Start: 1. Dezember 2022 (Netflix)

Inhalt / Kritik

Kalkutta in den 1940er Jahren. Eine jubelnde Menge, explodierende Kamerablitze. Qala Manjusheree (Tripti Dimri) hat gerade die goldene Schallplatte für ihre Musik gewonnen. Abspann, alle sind glücklich. Oder doch nicht? Schnitt, Rückblende. Qalas Mutter (Swastika Mukherjee) gibt ihrer Tochter die Schuld am Tod ihres Zwillingsbruders. Qala lernt die Kunst der Musik und strebt nach Erfolg und Ruhm, um die Liebe und Anerkennung ihrer kaltherzigen Mutter zu gewinnen. Kälte ist ein gutes Stichwort, denn die Mutter quält ihre Tochter, schickt sie selbst für einen kleinen Fehler beim Üben hinaus in den Schnee. Als ihre Mutter nach einem Vorsingen einen jungen Sänger adoptiert, hat sie Angst, von Jagan (Babil Khan) ersetzt zu werden. Als Jagan jedoch erkrankt, sieht sie ihre Chance gekommen und singt vor Sumat Kumar (Amit Sial), der den neuen Star sucht, mit dem er einen Song aufnehmen kann. Wird sie es schaffen, als Sängerin auf die Bühne der Filmindustrie zu treten?

Ein vielschichtiges Drama

Qalas Weg ist geprägt von der Suche nach Anerkennung, Selbstzweifeln und Schuldgefühlen, die sich sogar in Halluzinationen manifestieren. Doch ihre Sorgen werden auch von einem Arzt (Abhishek Banerjee) nicht ernst genommen, sondern als Hysterie abgetan. Die von Anvita Dutt (Bulbbul) inszenierte fiktive Biografie, die exklusiv auf Netflix verfügbar ist, zeigt uns eine begabte Sängerin, die mit ihren Dämonen und nebenbei für die Gleichberechtigung der Frauen kämpft.

„Qala“ stammt aus dem Arabischen und bedeutet so viel wie „Festung“.  Ein sprechender Name, denn auch Qala hat Mauern um sich gezogen, um sich vor der Wahrheit zu schützen. In einer Szene sagt sie ins Telefon zu ihrer Mutter „Ich liebe dich auch“, doch dann klingelt das Telefon. Ihre Assistentin steht daneben und schaut sie besorgt an. Tripti Dimri fesselt das Publikum durch ein fein nuanciertes Minenspiel. Immer wieder droht Qalas Lächeln vor dem emotionalen Druck, der auf ihr lastet einzufallen. Hervorzuheben ist auch die schauspielerische Leistung von Swastika Mukherjee, die der Mutter Leben einhaucht.

Wer eine laute oder schrille Musiker-Biografie à la Rocketman und Bohemian Rhapsody sucht, der wird hier enttäuscht sein. Hier gibt es keine zertrümmerten Gitarren. Qala ist zwar ein emotional sehr schwerer Film, der aber dennoch oft etwas sehr Leises und Schwebendes hat, als dürfte keine der Figuren mal aufstampfen oder laut werden, da sonst die Welt zerbräche. Dadurch hatte der Film stellenweise zwar etwas Langatmiges, diese Ruhe kontrastiert dafür umso besser den stimmungsvollen Soundtrack.

Formell wurde hier nichts dem Zufall überlassen. Es wird viel mit Spiegelungen gearbeitet – Gesten, Worte, Handlungen –, die der Zuschauer wiedererkennen und darin Bedeutungen finden kann. Jeder Schatten, jedes Licht – etwa ein sakral anmutender Scheinwerferkegel – hat seine Bedeutung. Wir sehen metaphorisch und romantisch aufgeladene Bilder – Labyrinthe, Spiegel, Schnee –, die dem Film, wenngleich mit wenig Subtilität, einen doppelten Boden verleihen, der auch ein zweites Anschauen lohnenswert macht. Der Einsatz von Metaphern ist zwar an manchen Ecken etwas zu großzügig und man hätte ein Bild oder eine Situation auch nur für sich sprechen lassen können, dennoch ergibt sich am Ende ein stimmiges Gesamtkunstwerk.

Die eigene Stimme

Der Soundtrack breitet sich wie ein geheimnisvolles Tuch über die Schauspieler, die beeindruckenden Landschaftsbilder und das Licht-und-Schattenspiel. Der Gesang hat etwas Großes, manchmal vielleicht zu Wuchtiges, die Textzeilen seien zu „komplex und poetisch“, als dass die Leute es verstehen könnten, wie es im Film selbst heißt. Die sakralen Töne finden sich auch im Filmplakat wieder, wenn die goldene Platte hinter Qala leuchtet wie bei einer Heiligen. Eine Frage taucht immer wieder auf: Welche Bedeutung hat die eigene Stimme? Die Stimme kann verletzen und lügen, aber auch befreien. Während für Jagan daran seine eigene Identität und sein Traum hängen, sieht Qala darin die Chance, die Anerkennung ihrer herrschwütigen Mutter zu erlangen, und muss erst lernen, für sich selbst zu singen.

Credits

OT: „Qala“
Land: Indien
Jahr: 2022
Regie: Anvita Dutt
Drehbuch: Muhammad Asif Ali, Anvita Dutt
Musik: Amit Trivedi, Sagar Desai
Kamera: Siddharth Diwan
Besetzung: Tripti Dimri, Swastika Mukherjee, Babil Kahn, Amit Sial, Sameer Kochhar, Girija Oak, Swanand Kirkire, Tasveer Kamil, Varun Grover, Abhishek Banerjee, Anushka Sharma, Nitin Chatterjee

Trailer

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Qala
fazit
„Qala“ ist ein gelungenes Musikdrama, bei dem der Fokus auf der inneren Gefühlswelt der Hauptfigur und der kaputten Beziehung zu ihrer Mutter liegt. Wer Lust auf einen visuell anspruchsvollen Film hat, der den ein oder anderen düsteren Twist bereithält, ist mit „Qala“ gut beraten.
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