Revenger Er kennt keine Gnade Netflix
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Er kennt keine Gnade

Revenger Er kennt keine Gnade Netflix
„Er kennt keine Gnade“ // Deutschland-Start: 15. Januar 2019 (Netflix)

Das war knapp. Fast wären Mali (Jin-seo Yoon) und ihre Tochter den anderen in die Hände gefallen. Doch dann taucht auf der Gefängnisinsel ein seltsamer Mann (Bruce Khan) auf, der es quasi im Alleingang mit allen aufnimmt. Er suche Kun (Hee-soon Park), so sagt er, nachdem er alle fertig gemacht hat. Und nachdem er so nett den Damen unter die Arme gegriffen hat, soll er seinen Willen auch bekommen. Richtig begeistert sind sie in Malis Dorf aber nicht, dass da plötzlich ein Fremder in ihrer Mitte ist. Zumal dieser bald für mächtig Ärger sorgt, als er sich mit so ziemlich jedem Bösen auf der Insel anlegt, um zu seinem Erzfeind zu kommen.

Wer asiatische Filme schätzt und regelmäßig die Neuzugänge von Netflix durchstöbert, der kennt das schon: Alle paar Wochen nimmt der Streaminganbieter ein neues Werk aus Südkorea ins Programm auf, das daheim ein großer Erfolg war, hierzulande aber untergeht. Siehe Steel Rain. Siehe Illang: The Wolf Brigade. Siehe Telekinese. Ein Grund für die eher geringe Aufmerksamkeit, welche die Titel bei uns erlangen, dürfte die fehlende Synchronisation sein. Untertitel lesen ist dann doch nicht so der Fall von jedem, vor allem nicht wenn es sich nicht um Arthouse, sondern zünftige Genrekost handelt.

Ein Haudegen alter Schule
Das ist bei Er kennt keine Gnade ebenso der Fall. Anders als den obigen Filmen war diesem hier jedoch kein größerer Erfolg in Fernost vergönnt. Genauer floppte er total letzten Dezember, weshalb sich im Netz auch nur wenige Informationen finden lassen. Und auch wenn kommerzieller Erfolg nicht zwangsläufig mit Qualität einhergeht, hier möchte man dann doch sagen: recht so! Denn das, was einem hier zugemutet wird, das grenzt schon an Körperverletzung.

Immerhin ist Letztere ja sehenswert. Aus gutem Grund. Bruce Khan verdiente seine Brötchen zunächst wohl eine ganze Weile als Stuntman, bevor er hier dann mal eine richtige Hauptrolle spielen darf. Mit 50. Wobei sein Alter das geringste Problem von Er kennt keine Gnade ist. Auch nach fünf Jahrzehnten zeigt der Mann eine Beweglichkeit und Geschwindigkeit, wie man sie in Hollyood-Actionfilmen maximal am Computer noch sieht. Als Gegenmittel zu dem CGI-Einheitskram ist das dann auch ganz schick, es tut gut, mal wieder jemanden andere Leute in Grund und Boden treten zu sehen, der auch weiß, was er da tut. Wer beispielsweise den Netflix-Kollegen The Night Comes for Us mochte, darf auch hier mal rein schauen.

Bitte nicht sprechen!
So lange Er kennt keine Gnade nur das macht, Horden gegeneinander antreten zu lassen, passt das auch. Schwierig wird es, sobald der Film eine Geschichte erzählen will. Denn das kann er nicht. Auch das lässt sich auf Herr Khan zurückführen. Während seine Beine und Arme jede Menge Fertigkeiten mit sich bringen, würde man das bei seiner Mimik wohl kaum behaupten wollen. Schlimmer noch ist aber, dass er sich berufen fühlte, auch das Drehbuch zu schreiben. Oder das, was er wohl für ein Drehbuch hielt. Nun müssen Actionfilme natürlich keine ausgefeilte Geschichte vorweisen können. Es kracht hier ordentlich, dazu gibt es eine schöne exotische Inselkulisse – warum auch immer man Schwerverbrecher damit belohnen sollte, dorthin gesteckt zu werden. Und anfangs hat es ja auch ein bisschen was von Die Tribute von Panem – The Hunger Games, wie Mali mit Pfeil und Bogen durch die Gegend rennt.

Später wird es aber immer wieder unfreiwillig komisch. Mal sind es die Schauspieler, die zu unglaublichem Overacting neigen, mal die schmerzhaften Versuche, aus Gründen der Coolness Englisch zu sprechen. Warum sie Letzteres überhaupt tun, wird nie klar. So wie vieles hier nicht erklärt wird. Was sind beispielsweise die Verbrechen der Protagonisten? Er kennt keine Gnade verfehlt nicht nur völlig das Ziel, eine Welt aufzubauen, in deren Rahmen sich die Leute prügeln. Durch die vielen trashigen Momente nimmt sich der Film auch jede Spannung. Als Guilty Pleasure geht das vielleicht, vor allem, wenn man die besagten sehr physischen, brachialen Actionszenen zu schätzen weiß. Als Gesamtpaket ist das hier jedoch kaum zu empfehlen.



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Wenn sich ein ehemaliger Stuntman mit anderen Kämpfe liefert, dann sieht das naturgemäß eindrucksvoll aus. Und auch die Inselkulisse, auf der lauter Verbrecher gelandet sind, macht einiges her. Alles andere ist hingegen eine Zumutung. „Er kennt keine Gnade“ gelingt es einfach nicht Spannung oder Atmosphäre aufzubauen, weil vieles zu dünn ist, die zahlreichen unfreiwillig komischen Elemente das Gefühl von Bedrohung zunichte machen.
4
von 10