Tata muta muntii The Father Who Moves Mountains Netflix
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The Father Who Moves Mountains

Inhalt / Kritik

Tata muta muntii The Father Who Moves Mountains Netflix
„The Father Who Moves Mountains“ // Deutschland-Start: 17. September 2021 (Netflix)

So richtig eng war das Verhältnis von Mircea Jianu (Adrian Titieni) zu seinem Sohn nicht mehr. Schließlich hat er sich schon vor längerer Zeit von Paula (Elena Purea) getrennt. Inzwischen ist er mit Alina (Judith State) verheiratet, ein Kind ist unterwegs. Außerdem ist er ohnehin ständig beschäftigt, zu beschäftigt, um andere wahrzunehmen. Als er erfährt, dass sein Sohn während einer Wanderung in den Bergen verschollen ist, fackelt er aber nicht lange und reist sofort an die Unglücksstelle. Dort sind die Leute auch längst mit Suchaktionen beschäftigt, ohne Erfolg jedoch, bis schließlich der Versuch mangels Erfolgsaussichten und aufgrund der widrigen Wetterbedingungen abgebrochen werden soll. Für Jianu kommt das jedoch nicht Frage. Stattdessen setzt er Himmel und Hölle in Bewegung und scheut auch nicht davor zurück, den rumänischen Geheimdienst für seine Zwecke einzuspannen …

Das neue rumänische Kino

In den letzten Jahren hat Rumänien in Arthouse-Kreisen viel Zuspruch gewonnen. Allen voran Radu Jade hat die Außenwirkung des osteuropäischen Landes geprägt, etwa mit seiner preisgekrönten und fordernden Satire Bad Luck Banging or Loony Porn. Ebenfalls auf zahlreichen Festivals zu Hause ist Corneliu Porumboiu, der zuletzt mit seiner sehenswerten Krimikomödie La Gomera um pfeifende Verbrecher von sich reden machte. Daniel Sandu ist da noch nicht ganz so weit, weder was den Umfang, noch das Renommee seiner Filmografie angeht. Dafür ist sein neuestes Werk The Father Who Moves Mountains, welches via Netflix exklusiv zu uns kommt, nicht eigenwillig genug, stärker am Mainstream orientiert als die verschrobenen Werke seiner Kollegen.

Wobei, ganz so einfach, wie es zunächst den Anschein hat, ist die Geschichte um einen Mann, der seinen verschollenen Sohn sucht, dann doch nicht. Das Szenario selbst lässt dabei auf einen herkömmlichen Katastrophenfilm schließen, mit einem vergleichsweise alltäglichen Unglück. Wo andere spektakulär Vulkane ausbrechen lassen oder Erdbeben bemühen, um ganze Landstriche plattzumachen, da ist es in The Father Who Moves Mountains „nur“ eine Lawine. Es geht auch nicht um Dutzende Menschen, sondern zwei Menschen, die irgendwo auf dem Berg gefangen sein sollen. Aber das muss ja nicht unspannend sein. Der Perspektivwechsel, wenn wir hier den Leuten über die Schulter schauen, die an der Rettungsaktion beteiligt sind, und nicht den Opfern, lässt ganz andere Angstgefühle entstehen. Werden wir noch rechtzeitig kommen, um den Jungen und seine Freundin zu retten?

Begegnung mit einem Egozentriker

Etwas überraschend hat Sandu daran aber überhaupt kein Interesse. Anfangs lässt er das Publikum noch glauben, dass sein Film die Rettungsmission an sich zum Thema hat. Stattdessen ist es der Vater, um den sich alles in The Father Who Moves Mountains dreht, um seine Reaktionen auf die Katastrophe und sein Verhalten im allgemeinen. Das ist auch deshalb eine bemerkenswerte Entscheidung, weil Jianu so gar kein Sympathieträger ist. Tatsächlich muss man schon eine Weile suchen, um jemanden zu finden, sei es in Filmen oder im realen Leben, der widerwärtiger ist als er. Schon die ersten Szenen zeigen, dass das Zwischenmenschliche so gar nicht seine Stärke ist. Später scheucht er alles und jeden durch die Gegend, pflaumt jeden an, der sich ihm nicht unterwirft. Gleichzeitig ist ihm das Schicksal anderer Menschen völlig egal, die in ähnlichen Situationen sind.

Das stellt einen als Zuschauer und Zuschauerin vor ein unangenehmes Problem: Muss ich Mitleid mit einem Menschen haben, der so furchtbar ist, dass ich nichts mit ihm zu tun haben will? Zumal es nicht so ist, dass er übermäßig Dankbarkeit zeigen würde für den gefährlichen Einsatz der anderen. Je länger die Geschichte andauert, je geringer die Erfolgsaussichten sind, umso fordernder tritt er auf, überschreitet unentwegt Grenzen. Und doch bringt es nichts, sein Geld und Einfluss mögen Menschen bewegen. Gegen den ausgewachsenen Berg ist aber auch er machtlos. Sehenswert ist es durchaus, wie er dennoch dagegen ankämpft. The Father Who Moves Mountains zeigt die Tragik eines Mannes, der es sein Leben lang gewohnt war, im Mittelpunkt zu stehen und über andere zu bestimmen, jetzt aber erleben muss, ohne echten Nutzen zu sein. Nicht der Bestimmer zu sein, der er immer sein wollte.

Wenig Abwechslung im tiefen Schnee

Psychologisch ist das durchaus interessant, spannend jedoch nur zum Teil. Wer sich von dem Film angesichts des Szenarios große Rettungsaktionen erhofft, bei denen man die eigenen Fingernägel komplett runterkaut, kommt eher weniger auf seine Kosten. Versucht wird zwar ständig etwas, von einer Fernortung bis zum Durchstochern des Tiefschnees. Die Handlungsmöglichkeiten halten sich dann aber doch in Grenzen. Und auch beim Protagonisten findet keine echte Entwicklung statt. Er zeigt von Anfang an eine wütende Besessenheit, die ohne große Variation bis zum Schluss durchgehalten wird. Für einen Film, der immerhin knapp 110 Minuten lang ist, ist das dann doch ein bisschen wenig. Sehenswert sind bei The Father Who Moves Mountains dafür die Landschaftsaufnahmen, welche das Majestätische und Idyllische des Berges betonen, aber auch wie klein und unbedeutend der Mensch daneben ist, der hier höchstens zu Gast sein kann.

Credits

OT: „Tata muta muntii“
Land: Rumänien
Jahr: 2021
Regie: Daniel Sandu
Drehbuch: Daniel Sandu
Musik: Petre Bog
Kamera: Tudor Vladimir Panduru
Besetzung: Adrian Titieni, Elena Purea, Judith State, Valeriu Andriuta, Tudor Smoleanu, Virgil Aioanei

Trailer

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In „The Father Who Moves Mountains“ reist ein Mann zu einem Berg, wo sein Sohn verschollen ist, und setzt Himmel und Hölle in Bewegung, um diesen zu finden. Dabei handelt es sich jedoch nicht um den zu erwartenden Katastrophenfilm, sondern ein Drama um einen Menschen, der immer im Mittelpunkt stand und nun an seine Grenzen stößt. Das ist nicht uninteressant, auf Dauer aber mit etwas wenig Entwicklung.
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