High Flying Bird Netflix
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High Flying Bird

High Flying Bird Netflix
„High Flying Bird“ // Deutschland-Start: 8. Februar 2019 (Netflix)

Spieleragent Ray Burke (André Holland) ist schon lange genug im Geschäft, um zu wissen, wie beim Basketball der Hase läuft. Aber auch er muss ein wenig um seine Zukunft fürchten, als es zu einem Streik in der NBA-Liga kommt. Die Spielervereinigung und die Teambesitzer können sich nicht einig werden, mit unangenehmen Folgen. Denn so lange geht nichts, auch das Geld wird langsam knapp. Da kommt Ray bei einem kleinen Zwischenfall der Gedanke: Was wäre, wenn man eine neue Liga gründen würde, die unabhängig ist und die übers Internet übertragen wird? Während manche der Idee offen gegenüberstehen, sind andere aus naheliegenden Gründen wenig begeistert, würde das doch die Karten im Business völlig neu mischen.

Man soll niemals nie sagen. Oder auch: einmal ein Filmemacher, immer ein Filmemacher. Eigentlich hatte Steven Soderbergh, desillusioniert vom Hollywood-Getriebe, schon seinen Rückzug vom Geschäft angekündigt. Inzwischen mischt der Regisseur aber doch wieder kräftig mit, versucht auf seine Weise, die ausgetretenen Pfade zu verlassen. Sein erstes Comeback-Werk Logan Lucky war zwar grundsätzlich noch ein recht traditioneller Film gewesen, dafür aber auf Vertriebsseite ein Experiment – Soderbergh brachte es einfach selbst in die Kinos, unabhängig von den großen Studios. Bei Unsane – Ausgeliefert nächstes Jahr spielte er mit der Art und Weise, wie Filme gedreht werden, indem er die herkömmlichen Kameras durch ein iPhone ersetzt.

Ganz nah dran
Berauscht von diesen neuen Möglichkeiten, ist auch sein neuestes Baby High Flying Bird durch Handyaufnahmen auf die Welt gekommen. Ob es das nun unbedingt gebraucht hätte, darüber lässt sich streiten. Wo bei Unsane die Optik und der Inhalt noch ineinandergriffen, als wir zusammen mit der Protagonistin in einer psychiatrischen Anstalt gefangen waren, da haben die ungewohnten Bilder hier nichts wirklich hinzuzufügen. Nur selten ergänzt die Unmittelbarkeit der Aufnahmen das Geschehen. Manchmal irritieren sie mehr, als dass sie etwas nutzen würden.

Dafür ist der Netflix-Film inhaltlich deutlich befriedigender als der letztjährige Thriller, wenn auch ein wenig sperriger. Zumindest anfangs könnten hiesige Zuschauer so ihre Probleme haben, die nicht mit dem US-Sport-Business bzw. dem Basketballbetrieb vertraut sind. Soderbergh, der hier ein Drehbuch von Tarell Alvin McCraney (Moonlight) verfilmt, setzt da schon einiges voraus. Wer mit wem warum worüber streitet, das ist nicht immer klar. Auch nicht, welche Seite denn die gute ist oder ob es die überhaupt gibt. Denn eigentlich denkt hier jeder nur an sich.

Aus Liebe zum Geld
Dass in High Flying Bird praktisch nicht Basketball gespielt wird, passt das gut ins Konzept. Das Drama zeigt uns eine Welt, in der zwar viel über Sport geredet wird, in der sich aber nur wenige dafür wirklich interessieren. Es ist nicht mehr als ein Mittel zum Zweck, um damit richtig viel Geld zu verdienen. Gerne auch auf Kosten von anderen. Dass dabei weiße Clubbesitzer schwarzen Spielern gegenüberstehen, ist nur eine von mehreren spannenden Komponenten des Films. Soderbergh befasst sich zwar in erster Linie mit dem Basketball als Einzelphänomen. Ganz allgemeine Beobachtungen zum täglichen Rassismus bzw. der Ungleichheit sind davon aber kaum zu trennen.

Die Überlegungen zu den neuen Medien sind hingegen etwas dünn. Auch die Ausführungen zu Netflix – nach Black Mirror: Bandersnatch der zwei Meta-Ausflug in kurzer Folge – hätten ausgebaut werden können. Was genau bedeutet das, wenn das Internet nun mitmischt und das Fernsehen frontal angreift? Aber selbst wenn High Flying Bird hier eine Antwort schuldig bleibt, ist das doch eine sehenswerte Annäherung an mehrere Themen, die uns auch hierzulande noch umtreiben werden. Das ist zum Glück auch gut besetzt, denn der sehr dialoglastige Film braucht die Darsteller, um den Streit für uns greifbar zu machen. Was im Großen und Ganzen gelingt. Zusätzlich sorgen kleinere Intrigen und Mogeleien dafür, dass die Grundsatzdebatte nicht zu einem trockenen Vortrag verkommt.



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Eine neue Basketball-Liga, die nur vom Internet übertragen wird? „High Flying Bird“ spricht eine Reihe von Themen an, vom Sportgeschäft über das Verhältnis von TV und Internet bis zu Rassismus. Das ist interessant und gut gespielt, wenn auch manchmal etwas unzugänglich und ohne eindeutige Antworten.
7
von 10