Dein letztes Solo Tiny Pretty Things Netflix
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Dein letztes Solo – Staffel 1

Kritik

Dein letztes Solo Tiny Pretty Things Netflix
„Dein letztes Solo – Staffel 1“ // Deutschland-Start: 14. Dezember 2020 (Netflix)

Für Neveah Stroyer (Kylie Jefferson) wird ein Traum wahr, als sie erfährt, dass sie an der Archer School of Ballet aufgenommen wird, einer Elite-Tanzschule in Chicago. Doch die Hintergründe sind alles andere als traumhaft, da der Platz nur deswegen frei wurde, weil eine andere Schülerin, Cassie Shore (Anna Maiche), vom Dach gefallen ist. War es ein Unfall? Oder hat sie jemand vom Dach gestoßen? Während die ermittelnde Polizistin Isabel Cruz (Jess Salgueiro) versucht, Licht ins Dunkle zu bringen und die Wahrheit herauszufinden, haben die übrigen Tänzer und Tänzerinnen ihre ganz eigenen Probleme, mit denen sie zu kämpfen haben. Die Konkurrenz ist groß, der Druck mörderisch. Und dann wären da noch diverse romantische Gefühle, für die es eigentlich keinen Platz gibt …

Tanzen, was das Herz begehrt
Dieses Jahr war das Angebot an Tanzfilmen mit jugendlichen Protagonisten und Protagonistinnen nicht gerade knapp, Titel wie Into the Beat – Dein Herz tanzt oder Feel the Beat boten für das Zielpublikum eine bekömmliche Mischung aus künstlerischen Darbietungen und emotionalen Abenteuern, bei dem beides gern miteinander verschmolz. Tanzen, das war mehr als eine bloß sportliche Betätigung, sondern vielmehr Ausdruck eines mitunter turbulenten Innenlebens. Wem das noch nicht ausgereicht hat, der bekommt nun üppig Nachschub: Die Netflix-Serie Dein letztes Solo bietet gleich zehn nahezu einstündige Folgen, die sich fast ausschließlich um jugendliche Tanzende drehen, praktisch alle davon in irgendwelchen Krisen gefangen.

Und doch, so ganz vergleichbar ist das hier nicht mit den obigen Kollegen. Der offensichtlichste Unterschied kommt gleich zu Beginn: Die Adaption eines Romans von Sona Charaipotra und Dhonielle Clayton beginnt mit dem Sturz der besagten Jugendlichen, bei dem offensichtlich jemand seine Hände im Spiel hatte, der mit einer Kapuze über dem Gesicht ebenfalls an jenem schicksalshaften Abend auf dem Dach stand. Das bedeutet erst einmal jede Menge Spekulationen, sowohl bei den übrigen Figuren wie auch dem Publikum, das natürlich ganz gerne wüsste, was es damit auf sich hat. Ein größerer Handlungsstrang in Dein letztes Solo betrifft dann eben auch diese Frage bzw. die Suche nach der entsprechenden Antwort, wie in einem Krimi.

Viele Fragen, noch mehr Drama
Diese Genreanleihen werden jedoch mit einem ausführlichen Porträt der Ballettschule und der dort herumwuselnden Menschen sowie deren jeweiligem Umfeld verbunden. Zum Teil hängt das mit dem Fall zusammen, aber auch ganz andere Themen kommen auf. Beispielsweise verliebt sich Tänzer Shane (Brennan Clost) in eine Zufallsbekanntschaft aus dem Internet, der sich aber nicht öffentlich mit ihm zeigen möchte. Bei anderen sind es familiäre Probleme, welche alles überschatten. Und natürlich ist da bei jedem der Traum, irgendwie groß herauszukommen, was in der Gruppe zu einer Dynamik zwischen Kameradschaft und Konkurrenzkampf führt. Man bildet eine Schicksalsgemeinschaft, die trotz allem voller Animositäten ist.

Als Idee ist das grundsätzlich ganz interessant, eine solche Mischung sieht man schließlich nicht alle Tage. Hinzu kommt, dass klassisches Ballett selbst in Tanzfilmen oft ein bisschen kurz kommt, man lieber explosivere, modernere Alternativen zeigt. Enttäuschend ist dabei aber, wie kurz diese Tanzszenen geworden sind. Drüber gesprochen wird jede Menge, mit Fachbegriffen und Definitionen geradezu um sich geworfen. Doch ausgerechnet der Praxisteil kommt in Dein letztes Solo zu kurz. Wer also derartige Produktionen allein des körperlich-akrobatischen Anteils wegen anschaut, der kann das hier weitgehend ignorieren, und greift dann doch lieber zu Werken wie Break, bei denen die Balance aus Reden und Agieren etwas ausgeglichener ist.

Aber auch der Dramateil ist wenig beglückend. Abgesehen davon, dass die von Michael MacLennan entwickelte Serie so ziemlich jedes Klischee mitnimmt, das man sich in dem Bereich aussuchen kann, lässt die konkrete Ausgestaltung dieser Allgemeinplätze stark zu wünschen übrig. Die Dialoge sind unnatürlich, die Figuren über die Schmerzgrenze hinaus gestaltet: Auch wenn eine Elite-Tanzschule sicherlich ein eigener, in sich geschlossener Raum ist, an dem andere Gesetze gelten, derart weltfremd muss das dann doch nicht sein. Wenn Dein letztes Solo dann wenigstens auf unterhaltsame Weise überzogen wäre und einen entsprechenden Camp-Faktor mit sich bringen würde. Aber abgesehen von einer überraschend biestigen Cassie kommt das hier nicht wirklich zum Tragen, da die Serie sich selbst sehr ernst nimmt und tatsächlich davon überzeugt ist, etwas Tiefsinniges zu sagen.

Credits

OT: „Tiny Pretty Things“
Land: USA
Jahr: 2020
Regie: Gary Fleder, Samir Rehem, Joanna Kerns, April Mullen, Gary Harvey
Drehbuch: Michael MacLennan, David Rambo, Aiyana White, Azia Squire, Stuti Malhotra
Vorlage: Sona Charaipotra, Dhonielle Clayton
Idee: Michael MacLennan
Musik: James Jandrisch
Kamera: Luc Montpellier
Besetzung: Brennan Clost, Barton Cowperthwaite, Bayardo De Murguia, Damon J. Gillespie, Kylie Jefferson, Casimere Jollette, Anna Maiche, Daniela Norman, Michael Hsu Rosen, Tory Trowbridge, Jess Salgueiro, Lauren Holly

Bilder

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„Dein letztes Solo“ beginnt mit dem mysteriösen Sturz einer Tänzerin vom Dach, verbindet im Anschluss die Ermittlungen mit dem Porträt der Elite-Ballettschule und den Leuten dort. Als Idee ist das interessant, das Ergebnis ist es jedoch nicht. Zahlreiche Klischees und unglaubwürdige Figuren stehen dem Unterhaltungsfaktor im Weg, die Tanzszenen selbst sind ebenfalls enttäuschend.
4
von 10