Dead Kids Netflix
© Netflix

Dead Kids

Dead Kids Netflix
„Dead Kids“ // Deutschland-Start: 1. Dezember 2019 (Netflix)

Paolo (Khalil Ramos), Blanco (Vance Larena), Mark (Kelvin Miranda) und Uy (Jan Silverio) haben auf Anhieb nicht so wahnsinnig viel gemeinsam. Sie gehen zwar auf dieselbe Schule, Freunde sind sie jedoch nicht unbedingt. Vielmehr sind sie alle auf ihre Weise Außenseiter. Wobei, eine Sache haben sie schon gemeinsam: die Abneigung gegenüber dem reichen arroganten Schnösel Chuck Santos (Markus Paterson). Und so fassen die vier eines Tages den Plan, den ungeliebten Bully zu entführen und von seinem Vater richtig viel Lösegeld zu erpressen. Doch das ist alles nicht so einfach, wenn man selbst keinerlei kriminelle Erfahrungen hat …

Man mag von dem Angebot von Netflix halten, was man will, es für seine Qualität kritisieren oder dafür, Filme einzuverleiben, die man lieber auf der großen Leinwand sehen würde. Zumindest für Fans asiatischer Filme und Serien ist der Streamingdienst aber ein echtes Geschenk. Praktisch jede Woche kommen neue Titel hinzu, die irgendwo in Fernost aufgelesen wurden. Besonders schön dabei ist, dass eben nicht nur die drei Großanbieter China, Südkorea und Japan herangezogen werden, sondern auch kleinere Länder zum Zug kommen. Wie oft darf man hierzulande schließlich schon Produktionen aus Taiwan (Dear Ex), Singapur (A Land Imagined) oder Vietnam (Furie) sehen?

Zurück in düsteren Gefilden
Auch die Philippinen standen schon mehrfach auf dem Reiseplan von Netflix und bescherten uns dieses Jahr den Horrortrip Aurora und den Actionreißer Maria. Bei Dead Kids bleiben wir dem Genrefilm treu, dieses Mal steht ein Titel aus dem Thrillerbereich zur Auswahl. Anders als die genannten, doch überzogenen Werke des Inselstaates, ist die Geschichte um eine Gruppe Jugendlicher, die sich als Entführer versuchen, jedoch realistisch gehalten. Tatsächlich soll – mal wieder – eine wahre Begebenheit die Grundlage geliefert haben, ohne dass das näher ausgeführt wird. Das kann man nun für bare Münze nehmen oder nicht, der Film selbst ist aber durchaus um Glaubwürdigkeit bemüht.

Gerade zu Beginn nimmt sich Dead Kids viel Zeit dafür, um die Schüler und ihr Umfeld vorzustellen. Zwar beginnt der Film mit der Entführungsszene, kehrt danach aber zur Vorgeschichte zurück, um aufzuzeigen, wer diese Leute überhaupt sind und warum sie tun, was sie tun. Da geht es viel um Klassenunterschiede und Diskriminierung, die Schule wird zum Spiegel einer Gesellschaft, in der Gerechtigkeit und Chancengleichheit nicht viel wert sind. Bei Chuck wird beispielsweise nicht einmal so getan, als könnte er positive Charaktereigenschaften haben. Schließlich will der Film die vier Außenseiter als Identifikationsfiguren aufbauen, da ist Ambivalenz nur hinderlich.

Keine Ahnung, böse Vorahnung
Das erinnert streckenweise an American Animals. Damals waren es ebenfalls mehrere Schüler, die sich an einem großen Ding versuchten, um ihrer Perspektivlosigkeit zu entkommen. Und so wie dort lässt das Unternehmen Professionalität vermissen. Man hat nur selten das Gefühl, dass die vier überhaupt wissen, was sie da tun und worauf sie sich einlassen. Anders als bei dem US-amerikanischen Kollegen geht das hier aber eher selten mit Humor einher. Vielmehr lässt Dead Kids sein Publikum schon durch die düstere Atmosphäre wissen, dass das alles irgendwie ganz böse enden muss. Die Einordnung ins Thrillergenre ist eindeutiger, an Stelle des Unterhaltungswerts soll Spannung rücken.

Das funktioniert mal besser, mal schlechter. Da nach der eigentlichen Entführung gar nicht mehr so wahnsinnig viel passiert, ist der Film mehr mit den Vorbereitungen beschäftigt. Das hilft dann zwar, um die Figuren besser kennenzulernen, bedeutet aber, dass Dead Kids zwangsläufig recht ruhig ist. Erst relativ spät geht es tatsächlich mal zur Sache, nicht allein in Bezug auf die Entführung an sich, sondern auch auf das Verhältnis zwischen den Jugendlichen. Das ist alles andere als einfach, wird zunehmend konfliktreicher, scheut auch vor diversen homophoben Beleidigungen nicht zurück – was das unweigerlich böse Ende natürlich einfacher macht. Tatsächlich ist das sogar der interessanteste Aspekt des Films: Irgendwie gibt es hier keine wirklich guten Menschen, was Regisseur Mikhail Red in einer schön zwiespältigen Einstellung zum Abschluss zeigt.



(Anzeige)

In „Dead Kids“ machen sich vier Außenseiter dran, einen reichen, arroganten Mitschüler zu kidnappen und Lösegeld zu fordern. Der philippinische Film ist dabei in erster Linie ein Thriller, nimmt sich aber auch viel Zeit dafür, um die Schule als Ort von Klassenunterschieden und mangelnder Gerechtigkeit aufzuzeigen. Das führt zwar zu einem recht gemächlichen Tempo, ist als trübes Gesellschaftsporträt ohne Helden aber nicht uninteressant.
6
von 10