The Billion Dollar Code Netflix
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The Billion Dollar Code

Inhalt / Kritik

The Billion Dollar Code Netflix
„The Billion Dollar Code“ // Deutschland-Start: 7. Oktober 2021 (Netflix)

Die Idee von Carsten Schlüter (Leonard Scheicher) und Juri Müller (Marius Ahrendt) ist so einfach wie genial: Sie wollen Satellitenbilder in ein einziges Programm packen und damit den Menschen ermöglichen, sich mithilfe eines Computers die ganze Welt anzuschauen. Zwar gestaltet sich der Anfang etwas schwierig. Doch sind erst einmal einige der Probleme aus der Welt geschafft, steht ihrer Erfindung nichts im Wege. Tatsächlich sind die Reaktionen euphorisch. Jeder der davon erfährt, ist auf Anhieb begeistert. Leider gilt das aber auch für die Leute von Google, welches die von ART+COM entwickelte Technologie Terravision aufgreift und als Google Earth verkauft. Jahre später treffen Schlüter (Mark Waschke) und Müller (Misel Maticevic) noch einmal zusammen, um gemeinsam mit ihrer Anwältin (Lavinia Wilson) das Unmögliche zu erreichen: Sie wollen Google verklagen und in die Knie zwingen …

Das Tech-Unternehmen als Feindbild

Dass die großen US-amerikanischen Tech-Unternehmen einige richtig finstere Seiten haben, das ist jetzt nicht unbedingt ein größeres Geheimnis. Vor allem Facebook und Amazon standen in den letzten Jahren immer mal wieder im Fokus, fielen durch dreiste Datenverkäufe auf, die Verbreitung von Verschwörungstheorien, durch die rücksichtslose Verdrängung von Konkurrenten oder auch die Unterdrückung der eigenen Mitarbeiter. Aber auch Google hat einiges an Glanz eingebüßt. Die ursprünglich für ihre Kreativität und den eigenen Anspruch, andere Menschen zu fördern, bewunderte Firma hat sich dann doch als rein auf Profit bezogener Megakonzern herausgestellt, der skrupellos jeden ausnutzt, der in seine Nähe kommt. Also praktisch alle, die auf dieser Welt leben.

Überraschend ist die in der Netflix-Serie The Billion Dollar Code erzählte Geschichte daher kaum. Kennen dürften sie trotzdem nur die wenigsten. Darin schildern Regisseur Robert Thalheim (TKKG) und sein Co-Autor Oliver Ziegenbalg (25 km/h), wie ein kleines deutsches Unternehmen von dem mächtigen Branchenprimus vorgeführt wurde. Dabei dürften sie nur eines von vielen sein. ART+COM, so wird hier ganz offen gesagt, steht exemplarisch für den systematischen Betrug, den sich Google aufgrund seiner Größe wieder und wieder erlauben konnte. Die Sympathien sind in dem Fall daher von vornherein festgelegt. Da tritt David gegen Goliath an, eine Konstellation, die beim Publikum verlässlich den Reflex auslöst, den Unterlegenen die Daumen zu drücken.

Zwei ungleiche Freunde

Wobei, auch das macht The Billion Dollar Code deutlich: Um jemand betrügen zu können, braucht es jemanden, der sich betrügen lässt. Und die beiden haben sich gern und oft betrogen lassen. Der eine kommt eher aus der Kunstrichtung als aus der Unternehmerwelt. Der andere ist ein Programmiergenie, der mit Menschen nicht gut kann – das Bild des typischen Nerds. Zwei Leute, die Ideale und Ideen haben, jedoch kaum geeignet sind für das Haifischbecken Silicon Valley. Eine solche Charakterisierung an Klischeegrenzen entlang kann sehr schnell langweilig werden. Hier funktioniert das aber sehr gut. Auch wenn im Mittelpunkt der Geschichte der Kampf gegen Google steht, das Herzstück bildet die Freundschaft zwischen zwei Männern, die unterschiedlicher nicht sein könnten und dabei einen gemeinsamen Traum verfolgen.

Dass diese überzeugt liegt einerseits an den guten Leistungen der jeweiligen Darsteller. Es liegt aber auch an der Erzählstruktur. The Billion Dollar Code fährt über weite Strecken zweigleisig, wenn kontinuierlich zwischen den Anfängen von Terravision und dem aktuellen Gerichtsverfahren gewechselt wird. Das wirkt anfangs ein bisschen wie eine Kopie von How to Sell Drugs Online (Fast), das ebenfalls durch Gespräche in der Gegenwart rückwirkend die Vergangenheit aufarbeitete. Interessant wird es ab dem Zeitpunkt, wenn sich die Serie von diesem Schema verabschiedet. Zum einen gibt es da eine nette kleine Wendung. Zum anderen wird dann deutlich, welche Auswirkungen die Erfahrungen auf die Freundschaft der beiden hatten.

Unterhaltsam, spannend und ernst

Auch wenn The Billion Dollar Code unterwegs verschiedene Genres streift – das rückt mal in die Nähe der Komödie, anderes ist eher Krimi, zum Schluss kommt die große Gerichtsverhandlung wie in einem Justizdrama –, der wichtigste Aspekt ist das persönliche Drama zweier Freunde, die vom Fliegen träumten und dabei böse abstürzten. Das geht teilweise tatsächlich zu Herzen, wenn wir die Glücksmomente und die Schicksalsschläge teilen, ohne sich aber dem Kitsch hinzugeben, wie man ihn bei deutschen Dramen gerne mal aufwendet. Vielmehr hält die vier Folgen umfassende Miniserie recht geschickt die Balance aus Humor, Herz und Spannung und wird damit zu einer der stärksten Produktionen, welche die hiesige Netflix-Einheit bislang hervorgebracht hat.

Credits

OT: „The Billion Dollar Code“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Robert Thalheim
Drehbuch: Oliver Ziegenbalg, Robert Thalheim
Musik: Uwe Bossenz, Anton Feist
Kamera: Henner Besuch
Besetzung: Mark Waschke, Misel Maticevic, Leonard Scheicher, Marius Ahrendt, Lavinia Wilson, Seumas F. Sargent, Lukas Loughran

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„The Billion Dollar Code“ erzählt, wie eine kleine deutsche IT-Firma gegen das übermächtige Google ankämpfte. Die Sympathien sind dabei klar verteilt. Die Mini-Serie ruht sich aber nicht darauf aus, sondern punktet mit einer zu Herzen gehenden Freundschaftsgeschichte auf zwei Zeitebenen, die unter dem Druck der Welt zu zerbrechen droht.
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