Eurovision Song Contest The Story of Fire Saga Netflix
© John Wilson/NETFLIX

Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga

Kritik

Eurovision Song Contest The Story of Fire Saga Netflix
„Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga“ // Deutschland-Start: 26. Juni 2020 (Netflix)

Seit ihrer Kindheit schon lieben Lars Erickssong (Will Ferrell) und Sigrit Ericksdottir (Rachel McAdams) den Eurovision Song Contest. Ihr großer Traum: Sie wollen einmal selbst dort teilnehmen! Dafür erhalten die beiden viel Spott, keiner nimmt die beiden und ihr Duo Fire Saga ernst. Nicht einmal Erick (Pierce Brosnan), der Vater von Lars, hält viel von den musikalischen Gehversuchen der beiden. Doch dann scheint sich ihr Traum doch noch zu erfüllen, als sie aufgrund einer Verstrickung von Zufällen die einzigen sind, die ihre Heimat Island dort repräsentieren können. Sie werden auch mit offenen Armen empfangen, gerade von Alexander Lemtov (Dan Stevens), einem überaus attraktiven russischen Sänger, der ein Auge auf Sigrit geworfen hat …

Als Will Ferrell vor zwei Jahren das Finale des Eurovision Song Contest besuchte, um sich auf seinen neuen Film vorzubereiten, hätte er wohl niemals gedacht, dass dieser ausgerechnet in dem Jahr herauskommt, in dem diese Institution des europäischen Fernsehens abgesagt werden muss – ein weiteres Opfer des Corona-Virus. Aber irgendwie ist es dann doch ganz schön, dass es so gekommen ist. Denn auch wenn die Netflix-Produktion Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga dem Thema mit viel Ironie begegnet, sie ist gleichzeitig eine Liebeserklärung. Außerdem passen diese kuriosen Umstände wie die Faust aufs Auge bei einem Film über zwei erfolglose Musiker*innen, die es eben aufgrund solcher kurioser Umstände in die Auswahl schaffen.

Grob und etwas makaber
Besagte Umstände sind dabei ausgesprochen makaber: Wer angesichts des Settings eine reine Friede-Feuer-Eierkuchen-Harmonie erwartet hat, der wird hier vielleicht kurz erschrocken aufblicken. Wobei die Überraschung sich eigentlich in Grenzen hält. Will Ferrell, der zusammen mit Andrew Steele (Casa de mi Padre) das Drehbuch geschrieben hat, ist nicht unbedingt für einen besonders feinsinnigen Humor bekannt. Der US-Amerikaner mag es vielmehr etwas deftiger, was sich in diversen sexuellen Situationen und Bildern äußerst. Und eben in Gewalt. Hauptsache ist, dass das Publikum lacht. Weshalb und wie, das ist bei Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga eher sekundär.

Wie sehr man diesem eingeschlagenen Weg folgen kann, hängt zum einen davon ab, ob man diese gröbere Form von Humor mag. Aber man sollte eben auch irgendwie mit der Veranstaltung als solcher etwas anfangen können. Das bedeutet nicht zwangsweise, dass man hierfür Fan sein muss. Es hilft jedoch, zumindest ein wenig mit dem alljährlichen Spektakel vertraut zu sein, um manches wertschätzen zu können, was Ferrell und Regisseur David Dobkin hier so aufgefahren haben. Immer wieder gibt es Anspielungen, werden Länder oder der Contest als solcher durch den Kakao gezogen. Fans wird bei den diversen Gastauftritten und einem Medley, das unter anderem die Eurovision-Klassiker Waterloo und Ne Partez Pas Sans Moi enthält, sowieso ganz warm ums Herz.

Spaß an der bunten Wundertüte
Tatsächlich besteht ein beträchtlicher Spaß darin, wie Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga diverse Marotten aufgreift und überspitzt, ohne sich aber hämisch darüber lustig zu machen. Neben dem tatsächlich irgendwie mitreißenden Medley gibt es überbordende Kostüme, aberwitzige Bühnenauftritte und ein musikalisches Angebot, das von Dance Pop über Schlager bis zu folkloristischen Einlagen und Heavy-Metal-Anleihen reicht. Was davon ernst gemeint ist, was Parodie, das bleibt ebenso offen wie die Frage, an welchen Stellen etwas bewusst schlecht sein soll oder es einfach nur ist. Da sind die Übergänge schon mal fließend, bei Eurovision wird schließlich noch ungeniert dem Trash gefrönt als Teil einer großen Party. Wenn dann auch noch Dan Stevens (Die Schöne und das Biest) als selbstverliebter russischer Glamour-Tenor auftritt, ist Widerstand ohnehin zwecklos.

Während diese eigentlichen Showelemente unterhaltsam sind in ihrer Verspieltheit, sind andere eher langweilig. Selbst wer beispielsweise den derben Humor teilt, wird merken, wie sehr sich vieles wiederholt, wie sehr manche Gags zu Tode geritten werden. Und auch bei der Liebesgeschichte, die sich Ferrell auf den Leib geschrieben hat, sprühen nun nicht gerade die Funken, weder die emotionalen, noch die kreativen. Von der einfallslosen Underdog-Dramaturgie und damit einhergehenden Lebensweisheiten ganz zu schweigen. Insgesamt überwiegt das Positive jedoch, im Umfeld der vielen katastrophalen Netflix-Komödien ist Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga schon eine der besseren. Zu einer Zeit, in der Feiern und Party erst einmal keine Option mehr sein werden, funktioniert das hier zudem als virtueller Ersatz.

Credits

OT: „Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga“
Land: USA
Jahr: 2020
Regie: David Dobkin
Drehbuch: Will Ferrell, Andrew Steele
Musik: Atli Örvarsson
Kamera: Danny Cohen
Besetzung: Will Ferrell, Rachel McAdams, Pierce Brosnan, Dan Stevens

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In „Eurovision Song Contest: The Story of Fire Saga“ träumt ein bislang erfolgloses isländisches Duo davon, einmal in der berühmten TV-Veranstaltung auftreten zu können. Das macht teilweise Spaß, weil die Komödie die Eigenheiten des Wettbewerbs schön überspitzt, ohne zu billiger Häme zu werden. Andere Punkte wie der derbe Humor und die Liebesgeschichte langweilen jedoch.
6
von 10