#BlackAF Netflix

#BlackAF – Staffel 1

Kritik

#BlackAF Netflix
„#BlackAF – Staffel 1“ // Deutschland-Start: 17. April 2020 (Netflix)

Kenya Barris (Kenya Barris) hat es geschafft: Als erfolgreicher Fernsehproduzent ist er zu Ruhm und Einfluss gekommen, ganz zu schweigen von dem vielen Geld, das ihm ein Leben im Luxus ermöglicht. Auch privat hat er einiges erreicht, gleich sechs Kinder haben er und seine Frau Joya (Rashida Jones). Und doch, immer wieder kommt es zu ungeplanten Turbulenzen. Mal streitet er sich mit seiner Familie, die ihm seiner Meinung nach viel mehr Respekt schuldet. Auch im Büro kommt es regelmäßig zu hitzigen Diskussionen auf der Suche nach dem nächsten Erfolgstitel. Und dann wäre da noch Tochter Drea (Iman Benson), die einen Dokumentarfilm über ihre Familie drehen will, um so auf eine bedeutende Filmschule zu kommen und deshalb alle auf Schritt und Tritt begleitet …

Dass Schauspieler und Schauspielerinnen irgendwann nicht mehr erfüllt sind von ihrer Aufgabe und zusätzlich auch mal Regie führen oder Filme produzieren, das kommt immer wieder vor. Dass ein Produzent und Drehbuchautor aber plötzlich vor die Kamera tritt, das ist dann schon eher ungewöhnlich. Im Fall von Kenya Barris ist dieser Schritt jedoch irgendwie plausibel. Schließlich hatte er zuvor in der Serie Black-ish, die verschiedene Spin-offs nach sich zog, bereits sein eigenes Leben verwertet. Da ist es irgendwie konsequent, wenn er in einer Serie, die sich ironisch mit seinem eigenen Leben auseinandersetzt, dann auch die eigene Rolle übernimmt.

Zwischen Talent und Gleichförmigkeit
Das Debüt in der Netflix-Serie #BlackAF fällt dabei solide aus. Die große schauspielerische Vielseitigkeit beweist er als fiktionalisierte Version seiner selbst nicht, ist für diese Art Rolle aber auch nicht vorgesehen. Es hat sogar durchaus einen gewissen Witz, wie er mit dem immer gleichen Gesichtsausdruck durch die Gegend läuft, zumal der TV-Barris nicht unbedingt durch große Anpassungsfähigkeit und Einfühlungsvermögen glänzt. Damit steht er in einem großen Kontrast zu der von Rashida Jones verkörperten Ehefrau, die zum einen ständig ihre Aussagen wechselt, je nachdem, ob Regeln für sie oder für andere gelten. Jones, Tochter des Musik-Genies Quincy Jones, hat auch ein großes komödiantisches Talent und sorgt damit für die Höhepunkte in der Serie.

Von den Kindern sollte man hingegen nicht viel erwarten. Drea ist aufgrund ihrer Kameraarbeit stärker im Vordergrund, hat zum Glück auch inhaltlich etwas zu bieten. Bei ihren Seriengeschwistern blitzt jedoch so gut wie nie eine Persönlichkeit auf, auch nach den acht Folgen der ersten Staffel ist keines von ihnen auch nur im entferntesten erinnerungswürdig. Bei einer Sitcom über eine Familie ist das wenig, zu wenig. Es mangelt den Figuren aber nicht nur an Tiefe, sondern auch an Liebeswürdigkeit. Teilweise sind sie bei ihren täglichen Kämpfen miteinander so anstrengend und unsympathisch, dass man sich schon ein bisschen zwingen muss, um bis zum Schluss dabei zu bleiben.

Viele Themen, kein schlüssiges Konzept
Dabei hat Barris an anderer Stelle einiges zu sagen. Während die anfänglichen Versuche des Patriarchen, sämtliche Erscheinungen seines Lebens als Spätfolgen der Sklaverei zu erklären, zu bemüht sind, darf man in anderen Momenten durchaus nachdenklich werden. Beispielsweise wird an einer Stelle das Leben von Mischlingen wie Joya thematisiert, die sich immer extra anstrengen muss, um als „schwarz“ akzeptiert zu werden. Auch der selbstironische Umgang mit speziell für ein schwarzes Publikum konzipierten Filmen und Serien ist interessant: Sollte man grundsätzlich Werke von schwarzen Künstlern und Künstlerinnen unterstützen, selbst wenn diese künstlerisch Müll sind? Das erinnert an die Bemühungen der letzten Jahre, Regisseurinnen zu fördern – in Form von Quoten –, bis es irgendwann eine tatsächliche Gleichberechtigung gibt.

Problematisch bei #BlackAF ist jedoch, dass Barris zwar Ideen und Themen hat, aber kein Konzept, wie er diese zusammenfügt. Die einzelnen Episoden haben keine inhaltliche Klammer, sondern werfen alles irgendwie in einen Topf. Das Verhältnis zwischen Afrikanern und Afroamerikanern ist zum Beispiel für einen einzigen Gag gut, wird dann sofort wieder fallengelassen. Und auch auf den Verlauf der kompletten Staffel bezogen gibt es keine Entwicklung, sondern nur eine Aneinanderreihung von Momentaufnahmen. Anders als etwa der Netflix-Kollege Dear White People bleibt das hier insgesamt daher zu wenig greifbar. Und zu unausgegoren: Die Serie schwankt zwischen unterhaltsam und langweilig, zwischen bissig und belanglos. Am Ende überwiegen die positiven Aspekte zwar, aber nicht genug, um dem gerecht zu werden, was das hier hätte sein sollen.

Credits

OT: „#BlackAF“
Land: USA
Jahr: 2020
Regie: Ken Kwapis, Rashida Jones, Kenya Barris, Brennan Schroff
Drehbuch: Kenya Barris, Esa Lewis, Helen Krieger, Doug Hall, Hale Rothstein, Alison McDonald, Hunter Covington, Danny Segal, Isaac Schamis
Idee: Kenya Barris
Musik: Vincent Jones
Kamera: Adam Bricker
Besetzung: Rashida Jones, Kenya Barris, Iman Benson, Genneya Walton, Scarlet Spencer, Justin Claiborne, Ravi Cabot-Conyers, Gil Ozeri

Trailer

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„BlackAF“ hat jede Menge Themen, über die es sich lohnt nachzudenken, wenn eine neureiche schwarze Familie mit ihrem chaotischen Leben hadert. Allerdings fehlt ein Konzept, um die vielen Punkte wirklich zusammenzubringen. Stattdessen besteht die Sitcom aus zahlreichen Einzelelementen, die mal überzeugen, mal nicht, die interessante Dinge sagt, gleichzeitig aber bei den Basics wie der Figurenzeichnung scheitert.
6
von 10