Madame Claude Netflix
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Madame Claude

Inhalt / Kritik

Madame Claude Netflix
„Madame Claude“ // Deutschland-Start: 2. April 2021 (Netflix)

Madame Claude (Karole Rocher) weiß sehr genau, was Männer wollen, als Besitzerin eines Bordells kennt sie deren Wünsche. Sie kennt auch die diversen Tricks und Kniffe, um diese Wünsche zu erfüllen. Doch dabei geht es ihr um mehr als nur Geld und Dienstleistungen. Sie genießt den Einfluss und die Macht, welche ihr die Position bringt. Schließlich erfährt sie auf diese Weise von den Geheimnissen und Vorlieben mächtiger Männer, darunter auch Politiker, welche die Dienste von Madame Claude gern in Anspruch nehmen. Doch mehr Wissen sie anhäuft, je mächtiger sie selbst dadurch wird, umso mehr ist sie den Männern auch ein Dorn im Auge. Und so mehren sich die Stimmen im Verborgenen, ihren Ambitionen ein Ende zu setzen …

Prostitution als Position der Macht

Normalerweise ist Prostitution kein Bereich, in dem Berühmtheit angestrebt wird. Wer seinen Körper verkauft, will nicht unbedingt, dass andere davon wissen. Wer diesen Dienst in Anspruch nimmt ebenso wenig. Und doch gelang es Madame Claude, zu einer solchen zu werden. Ihr Netzwerk war in den 1960ern und 1970ern heißt begehrt. Die Französin verkehrte mit hohen Tieren aus der Politik, mit einflussreichen Gangstern, aber auch der Polizei, für die sie eine wertvolle Informantin war. Ab Mitte der 1970er fiel sie jedoch in Ungnade und wurde verfolgt. Dass ein derart aufregendes Leben eine dankbare Vorlage für Filme ist, das ist klar. Schon 1977 gab es ein erstes Drama, welches auf ihrem Leben basierte. Nun erscheint auf Netflix mit Madame Claude ein weiteres Werk.

Dabei nimmt sich Regisseurin und Drehbuchautorin Sylvie Verheyde (Confession) wenig überraschend der Hochphase im Leben von Madame Claude an, die mit bürgerlichem Namen Fernande Grudet hieß. Über ihre Vorgeschichte erfahren wir so gut wie nichts. Die Geschichte steigt an einem Punkt ein, an dem sie bereits erste Mädchen befehligt und ihnen beibringt, wie man sich bei dieser Arbeit zu verhalten und bewegen hat. Wichtige Voraussetzungen sind dabei einerseits der passende Körper. Sie nimmt dann auch kein Blatt vor dem Mund, wenn es darum geht, den der jungen Frauen zu beurteilen. Aber es braucht zusätzlich eben auch das notwendige Wissen, sowohl für die Arbeit im Bett wie außerhalb. Beispielsweise lehrt Claude die Notwendigkeit gründlicher Intimpflege.

Pragmatisch mit viel Ambivalenz

Claude entspricht dabei weder dem Bild der warmherzigen Puffmutter noch der ausbeuterischen Sklavenhalterin. Für sie ist Prostitution ein Geschäft, weshalb sie den Frauen mit viel Pragmatismus begegnet. Madame Claude ist deshalb auch nur bedingt ein feministischer Film. Einerseits kämpft sich die Protagonistin in einer von Männern dominierten Welt nach oben, setzt sich für Selbstbestimmung ein. Gleichzeitig macht sie sich, auch wenn sie das zunächst nicht erkennt, doch von anderen abhängig. Die Geschichte ihres Kampfes ist gleichzeitig die Geschichte eines Scheiterns. Ihre Versuche, Hierarchien aufzubrechen und Machtverhältnisse umzudrehen, stoßen am Ende auf einen zu großen Widerstand.

Das ist faszinierend mitanzusehen, sowohl als Porträt einer Einzelperson wie auch einer gesamten Gesellschaft und deren Wertvorstellungen. Zumal die Umsetzung gelungen ist. Das betrifft einerseits die Ausstattung, die uns auf eine kleine Zeitreise mitnimmt. Es betrifft außerdem das Ensemble. Karole Rocher überzeugt als ambivalente Titelfigur Madame Claude, bei der bis zum Schluss nicht ganz eindeutig ist, was man von ihr halten soll. Bei den Männern sticht besonders Pierre Deladonchamps (Der Fremde am See) als schmeichelnder Strippenzieher im Hintergrund hervor, der Claude glauben lässt, mit ihr zusammenzuarbeiten, dabei jedoch eine eigene Agenda verfolgt. Denn auch wenn die Figuren sich hier des Öfteren im Hinblick auf die Kleidung entblößen, so haben doch viele etwas zu verbergen.

Faszinierend aktuelle Fragen

Allerdings gibt sich der Film etwas zu sehr diesen Schwelgereien und dem Spiel mit dem Verborgenen hin. Madame Claude weckt dabei Erwartungen, die bis zu einem Agententhriller reichen könnten – was die Biografie so aber gar nicht her gibt. Bei der Charakterisierung der Hauptfigur hätte hingegen sicherlich noch mehr getan werden können. Sie bleibt ein Rätsel, das nicht ganz gelöst wird. Aber es lohnt sich, Teil dieses Mysteriums zu werden, welches einen klar historischen Kontext hat, dabei gleichzeitig Fragen stellt, die Jahrzehnte später noch immer relevant sind. Fragen zu Geschlechterhierarchien, zum Umgang mit dem eigenen Körper und damit, wie Sex auch Teil von Macht sein kann. Selbst wenn es dabei manchmal zu einer Schieflage kommen kann.

Credits

OT: „Madame Claude“
Land: Frankreich
Jahr: 2021
Regie: Sylvie Verheyde
Drehbuch: Sylvie Verheyde
Musik: ???
Kamera: Léo Hinstin
Besetzung: Karole Rocher, Garance Marillier, Roschdy Zem, Pierre Deladonchamps, Liah O’Prey, Hafsia Herzi

Bilder

Trailer

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„Madame Claude“ erinnert an eine französische Bordellbesitzerin, die in den 1960ern und 1970ern zu einer Berühmtheit wurde und ihre Position mit Machtambitionen verband. Das ist ein faszinierendes Thema, welches Jahrzehnte später noch immer aktuell ist, auch wenn der Film etwas zu sehr in dem Spiel mit dem Verborgenen schwelgt, anstatt tatsächlich mal etwas zu sagen.
7
von 10