Furie Netflix
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Furie Netflix
„Furie“ // Deutschland-Start: 22. Mai 2019 (Netflix)

Hai Phuong (Veronica Ngo) führt zusammen mit ihrer 10-jährigen Tochter Mai (Cat Vy) ein einfaches Leben in der Provinz Vietnams. Viel Kontakt zu den Einheimischen hat sie nicht, was aber auch mit ihrem Beruf zusammenhängt: Als Geldeintreiberin macht man sich nun mal wenig Freunde, vor allem wenn man so rücksichtslos vorgeht wie sie. Doch dann wird eines Tages Mai entführt, nahe eines Marktplatzes. Die Spur führt nach Saigon, wo ein ganzer Menschenhändlerring sein Unwesen treibt. An dem ist auch Polizist Luong (Thanh Nhien Phan) schon länger dran. Doch warten und untätig herumsitzen, ist so gar nicht Hais Art. Also macht sie sich auf den Weg, die Täter selbst ausfindig zu machen und muss sich dabei ihrer eigenen Vergangenheit stellen.

Und der Fernosttrip von Netflix geht weiter! Nachdem die üblichen Verdächtigen China, Japan und Südkorea gut abgearbeitet wurden und man zuletzt auch in Indonesien (Suzzanna: Buried Alive), Malaysia (Munafik 2) und auf den Philippinen (Aurora) Halt gemacht hat, wird nun eine weitere weiße Stelle aus der firmeninternen Welteroberungskarte eingefärbt. Dieses Mal steht Vietnam auf dem Programm. Dafür suchte man sich aber keinen x-beliebigen Titel aus der Ramschkiste aus. Nein, mit Furie wurde tatsächlich ein aktueller Blockbuster lizensiert, der in der Heimat zuletzt tatsächlich für Furore an den Kinokassen sorgte.

Moment, hatten wir das nicht schon?
Nun muss das nicht besonders viel heißen, andere Länder, andere Geschmäcker. Zumal man im Westen nun wirklich genug Filme in dem Bereich hat, um angesichts der Beschreibung in Jubelschreie auszubrechen. Ein Elternteil, das seine Tochter aus den Fängen eines Menschenhändlerrings befreien will? Da fällt es schwer, nicht an 96 Hours zu denken. Jenem Film, der weltweit zu einem Kassenschlager wurde und Liam Neeson eine zweite Karriere im Actiongenre bescherte.

Den Inhalt darf man hier dann auch getrost ignorieren. Wenn Hais Tochter entführt wird, dann ordnet sich praktisch alles den Actionszenen unter. Dass die Dame als Schuldeneintreiberin arbeitet, das ist zwar eine nette Abwechslung zu den sonstigen Berufen in diesem Genre. Auf die Geschichte hat dies jedoch keine Auswirkungen. Auch die später eingeschobenen Hintergrundinformationen zu Hai spielen keine Rolle, werden teilweise nicht zu Ende erzählt. Nicht einmal den Polizisten hätte es wirklich gebraucht, sein mehrfach angesprochener Kampf gegen den Ring läuft nebenher, hat dem Ganzen nichts hinzuzufügen.

Eine Kampffrau vom Fach
Die meisten Zuschauer werden sich aber ohnehin weniger dafür interessieren, warum Hai denn nun ihr Leben auf diese Weise führt. Hauptsache, sie kann gut zulangen. Und das kann sie: Anders als beim philippinischen Kollegen Maria – ein weiterer Netflix-Actionfilm mit weiblicher Hauptfigur, der unlängst online ging – wirkt Veronica Ngo bei den Kämpfen wirklich in ihrem Element. Vor allem wenn es auf Tuchfühlung geht, also nur Hände, Beine oder zufällig gefundene Gegenstände zur Waffenwahl stehen, zeigt sie ihr Können, wirbelt herum, schlägt jeden nieder, lässt sich von niemandem aufhalten.

Wenn Regisseur Le-Van Kiet immer mal wieder Zeitraffer oder Zeitlupen einsetzt, um die Wirkung zu erhöhen, tut er daher auch niemandem einen Gefallen – gebraucht hätte der Film das nicht. Auch die übertrieben dramatische Musik oder die zum Pathos neigenden Dialoge, wenn Furie plötzlich emotional sein soll, schaden mehr als dass sie nützen. Wer sich daran nicht stört und eine Vorliebe für Martial Arts hat, der sollte trotz der abermals fehlenden Synchro einmal die Reise nach Vietnam wagen. Die schönen Bilder und die furiosen Kämpfe bieten genug fürs Auge, damit die anderthalb Stunden Laufzeit recht schnell vorbei sind – zumal das Tempo bis zum Schluss auch hoch bleibt, es nur wenig Verschnaufpausen gibt.



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Wenn in „Furie“ eine Mutter ihr Kind aus den Fängen von Menschenhändlern befreien will, ist das inhaltlich schon recht dünn, zumal diverse Elemente der Geschichte kaum ausgebaut werden. Dafür sind die Kämpfe sehr gelungen, bieten ansehnliche Martial-Arts-Action, auch sonst verwöhnt die Optik das Auge regelmäßig.
6
von 10