Maid Neflix
© Netflix/Ricardo Hubbs

Maid

Inhalt / Kritik

Maid Neflix
„Maid“ // Deutschland-Start: 1. Oktober 2021 (Netflix)

Schon seit Längerem läuft es in der Ehe von Alex (Margaret Qualley) und Sean (Nick Robinson) nicht besonders. Als Sean eines Nachts mal wieder unter Alkoholeinfluss gewalttätig wird, hält es Alex nicht länger aus. Kurz entschlossen packt sie ihre Tochter Maddy (Rylea Nevaeh Whittet) und alles, was sie auf die Schnelle findet, und fährt davon. Am Ende landet sie bei dem von Denise (BJ Harrison) geleiteten Frauenhaus und nimmt einen Job beim Reinigungsdienst von Yolanda (Tracy Vilar) an, um irgendwie über die Runden zu kommen. Doch es bleibt ein harter Kampf. Nicht allein, dass sie sich mit unverschämten Kundinnen wie Regina (Anika Noni Rose), umständlichen Behörden und komplizierten Sozialprogrammen herumplagen muss. Auch ihre bipolare Mutter Paula (Andie MacDowell) macht ihr regelmäßig zu schaffen …

Das unverdiente Unglück

Wenn du nur hart genug arbeitest, dann kannst du alles werden! Seit Urzeiten wird dieser Gedanke brav weitergegeben, von Generation zu Generation. Nicht nur in den USA wird der Amerikanische Traum gelebt, auch in großen Teilen der restlichen Welt möchten die Menschen daran glauben, dass sie ihr Schicksal in der eigenen Hand haben. Wer Erfolg hat, Geld und Macht, der hat sich das verdient. Wer es zu nichts gebracht hat, dem fehlte der notwendige Wille, war vielleicht auch einfach faul – so der Umkehrschluss. Dass das alles aber auch ganz anders laufen kann, das zeigt die Netflix-Serie Maid. Inspiriert von dem autobiografischen Buch Maid: Hard Work, Low Pay, and a Mother’s Will to Survive von Stephanie Land darf das Publikum mitansehen, wie sich die Protagonistin zehn Folgen lang abstrampelt und doch kaum vom Fleck kommt.

Am mangelnden Willen liegt das nicht. Von Anfang an ist sie fest entschlossen, ihr Leben in den Griff zu bekommen. Nur: Sie weiß nicht wie. Die ersten Folgen handeln dann auch davon, wie sie etwas ziellos umherstreift, auf der Suche nach einer Unterkunft, Arbeit oder anderweitiger Unterstützung. Das von Molly Smith Metzler entwickelte Maid zeigt sich an den Stellen durchaus gesellschaftskritisch, zeigt auf, wie absurd viele Bestimmungen in dem Bereich sind. Ohne Kinderbetreuung kann sie nicht arbeiten. Hat sie keine Arbeit, kann sie sich keine Wohnung leisten. Ohne die Wohnung wieder sieht es bei der Kinderbetreuung mau aus. Die Serie macht klar, wie jemand, der am Boden ist, oft nicht die Hilfe bekommt, die er braucht, weil bei dem Versuch, alles genau zu regeln, der einzelne Mensch auf der Strecke bleibt. Armut wird hier zu einem Teufelskreis, aus dem man aus eigener Kraft kaum herauskommt.

Probleme und dysfunktionale Familien

Wobei es nicht allein die Behörden sind, die alles unnötig schwierig machen. Das bekommen die Figuren auch ohne diese ganz gut hin. Tatsächlich ist Maid nur zum Teil eine Serie, die sich mit systematischen Mängeln befasst. Stattdessen sind es die Figuren selbst, die in den Mittelpunkt rücken. Schön ist dabei, wie hier zumindest versucht wird, nuanciert vorzugehen. So ist Sean kein simpler brutaler Schläger, wie man zunächst meinen könnte. Tatsächlich hat er weder Alex noch Maddie verletzt, weshalb diese erst noch lernen muss, dass auch ihre Situation unter Missbrauch fällt. Aber er hat unter seiner Alkoholsucht zu leiden, so wie fast alles in der Serie irgendwelche Probleme haben. Die meisten davon werden von den Betroffenen nicht als solche klar benannt. Gewalt, Sucht, Vernachlässigung – wir lernen hier ausschließlich dysfunktionale Familien kennen, voll toxischer Verhältnisse.

Das macht die Geschichte um Alex teilweise sehr frustrierend. Da vergeht kaum eine Folge, bei der sich die einzelnen Figuren nicht gegenseitig das Leben unnötig schwer machen. Alex selbst hat daran ebenfalls ihren Anteil. Zwar schadet sie im Gegensatz zu anderen niemanden direkt. Im Gegenteil: Sie ist fast schon chronisch hilfsbereit. Aber sie macht zwischendurch haarsträubende Fehler und hat dadurch aktiven Anteil daran, wenn das ohnehin schon brüchige Glück immer wieder in sich zusammenkracht. Und in den Fällen, wenn mal niemand irgendwas Falsches macht, baut das Drehbuchteam einfach anderweitige Katastrophen ein. Manchmal ist es geradezu absurd, wie hier Schicksalsschläge zusammenkommen – oder umgekehrt Lösungen aus heiterem Himmel fallen. Da machte man es sich bei Maid manchmal schon auf ärgerliche Weise einfach.

Gut gespielter Mutmacher

Aber auch wenn das manchmal nicht sonderlich glaubwürdig ist und die Serie dazu neigt, auf der Stelle zu treten: Maid ist eine der interessanteren Netflix-Serien der letzten Zeit. Gerade die schauspielerischen Leistungen tragen entscheidend dazu bei, dass man an der einen oder anderen Stelle schon mal ein Auge zudrückt. Margaret Qualley (Once Upon a Time in … Hollywood) überzeugt als kämpferische, oft überforderte Mutter. Andie MacDowell, die auch im wahren Leben Qualleys Mutter ist, darf sich als bipolare Möchtegern-Künstlerin richtig austoben. Der oft auf nette Jungs abonnierte Nick Robinson (Love, Simon) überrascht als labiler Alkoholiker, der ebenfalls alles versucht und damit scheitert. Das ist für ein Publikum ideal, das sich emotional durchschütteln lassen mag. Aber auch wer sonst die Finger von solchen schwere-Schicksal-Dramen lässt sollte einen Blick riskieren und sei es nur, um im Anschluss die Menschen um einen herum mit anderen Augen zu sehen, die vielleicht einfach nur nicht die Chance hatten, die sie verdient hätten. Denn vom etwas kontraproduktiven Mutmach-Wohlfühlende einmal abgesehen zeigt die Serie auf, wie sehr ein Leben vorbestimmt sein kann, ohne dass man dagegen ankommt.

Credits

OT: „Maid“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: John Wells, Nzingha Stewart, Lila Neugebauer, Helen Shaver, Quyen Tran
Drehbuch: Molly Smith Metzler, Marcus Gardley, Rebecca Brunstetter, Colin McKenna, Michelle Denise Jackson
Idee: Molly Smith Metzler
Musik: Chris Stracey, Este Haim
Kamera: Quyen Tran, Guy Godfree, Vincent De Paula
Besetzung: Margaret Qualley, Nick Robinson, Andie MacDowell, Anika Noni Rose, Tracy Vilar, Billy Burke, Rylea Nevaeh Whittet, Raymond Ablack, BJ Harrison

Bilder

Trailer

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„Maid“ erzählt in zehn Folgen, wie eine Frau mit ihrem Kind einen Neuanfang wagt, ohne ihren gewalttätigen Ehemann, und dabei mit vielem zu kämpfen hat. Die Serie ist dabei gleichzeitig das Porträt diverser komplex-kaputter Figuren wie auch eine Abrechnung mit einem System, das zu viele im Stich lässt. Das ist packend gespielt, teils sehr nuanciert, neigt aber dazu, auf wenig glaubwürdige Weise die Geschichte voranzutreiben.
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