Zero Netflix
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Zero – Staffel 1

Inhalt / Kritik

Zero Netflix
„Zero – Staffel 1“ // Deutschland-Start: 21. April 2021 (Netflix)

Wenn Omar (Giuseppe Dave Seke) nicht gerade damit beschäftigt ist, im Milaner Viertel Barrio Pizzen auszuliefern, träumt er davon, es als Comic-Zeichner zu etwas zu bringen. Dabei verfügt er noch über ein ganz anderes Talent, wie er eines Tages bemerkt: Er kann sich unsichtbar machen. Für Shariff (Haroun Fall), der eine lokale Gang anführt, kommt das sehr gelegen, denn Omar – alias Zero – soll ihnen dabei helfen Barrio zu retten. Schließlich ist Geld dort Mangelware. Immer mehr Unternehmer verdrängen die einheimische Bevölkerung, um Platz für ein vermögenderes Klientel zu schaffen. Tatsächlich gelingt es der Gang, mithilfe von Zeros Fähigkeiten den bislang aussichtslosen Kampf zu verändern – doch damit steigt für alle auch die Gefahr …

Der Traum der Unsichtbarkeit

Von den vielen Super-Spezialkräften, welche uns Helden und Heldinnen in Kino und Fernsehen in schöner Regelmäßigkeit präsentieren, gibt es ein paar, die sich auch das Publikum ganz gerne für den Alltag wünschte. Man muss beispielsweise nicht gegen außerirdische Invasoren kämpfen, um den Wunsch zu entwickeln, selbst fliegen zu können. Da gibt es noch andere, weniger existenzielle Anwendungsgebiete. Und auch die Fähigkeit, sich unsichtbar zu machen, steht auf der Wunschliste weit oben. Schließlich dürfte den meisten die eine oder andere Situation einfallen, in der das ganz praktisch sein kann, sich von anderen unbemerkt zu bewegen – mal legal, mal eher weniger.

Wenn in der italienischen Netflix-Serie Zero ein paar junge Menschen einfach nur ihr Viertel retten wollen, dann ist das schon sympathisch alltäglich und damit nachvollziehbar. Gleiches gilt für die Poker-Runde, welche recht früh veranstaltet wird, um die Fähigkeit des Protagonisten gewinnbringend anzuwenden. Eine derartige Mogelei ist so naheliegend, dass die meisten auf sie kommen würden – selbst wenn sie das nicht zugeben. Hier sind eben keine strahlenden Helden und Heldinnen am Werk, sondern ganz gewöhnliche Leute, denen eine ungewöhnliche Möglichkeit in die Hände fällt. Das geht dann zwar nicht mit großen Schlachten einher oder dem Gefühl, etwas Entscheidendes für das Schicksal der Welt getan zu haben. Muss aber auch nicht.

Die Suche nach einem eigenen Platz

Zumindest zu Beginn versucht Zero, nah an den Figuren und den Straßen zu sein. Dabei greift die Serie gleich zwei gesellschaftliche Entwicklungen auf. Einerseits erzählt sie von schwarzen Jugendlichen in Italien, die in der öffentlichen Wahrnehmung keine Rolle spielen. Tatsächlich fühlte sich Omar schon vor seinen Superkräften unsichtbar – jedoch im negativen Sinn. Die Mutter ist fort, der Vater interessiert sich nicht für ihn, es scheint nirgends einen Platz für ihn zu geben. Wenn er sich Shariff und den anderen anschließt, dann eben auch, um diesen Platz zu finden und etwas zu haben, wo er hingehört. Die Verbindung mit dem Kampf um das Viertel und damit das weltweite Phänomen der Gentrifizierung, funktioniert da ganz gut. In beiden Fällen geht es um Identität.

Leider begnügt sich Zero aber nicht damit, diese Aspekte näher zu beleuchten. Was zunächst als Fantasy-Variante von On My Block oder Gentefied beginnt, ufert im weiteren Verlauf aus. Da gibt es auf einmal Wendungen und geheime Verschwörungen, um die Unsichtbarkeit doch noch in einen größeren Kontext zu packen. Gerade zum Schluss wird das dann ziemlich überzogen, was leider kaum zu den ruhigen Anfängen passt. Und natürlich muss dann auch noch ein gigantischer Cliffhanger ausgepackt werden, damit das Publikum brav bei einer etwaigen zweiten Staffel wieder einschaltet. Das ist viel zu verkraften, vor allem, da die acht Folgen jeweils nur 20 bis 25 Minuten lang sind und entsprechend wild herumgesprungen werden muss. Das wirkt schon irgendwie konzeptlos.

Viele Sprünge, zu wenig Tiefgang

Diese knappe Zeit ist dabei nicht nur für die großen inhaltlichen Sprünge verantwortlich. Sie führt auch dazu, dass manche Punkte oder auch Figuren nicht wirklich vertieft werden können. Gerade innerhalb der Gruppe bleiben schon einige Leerstellen, was bei einer Serie, welche die Gemeinschaft in den Fokus rücken will, nicht wirklich glücklich ist. Da wäre es vielleicht doch besser gewesen, sich auf weniger Elemente zu beschränken und diese auszubauen oder alternativ die Laufzeit zu erhöhen. Doch auch wenn Zero am Ende nicht das hält, was anfangs versprochen wird, die Serie gehört schon zu den interessanteren und ambitionierteren Netflix-Produktionen der letzten Zeit – selbst wenn oder gerade weil das hier kaum mit den zahlreichen Superheldentiteln zu vergleichen ist.

Credits

OT: „Zero“
Land: Italien
Jahr: 2021
Regie: Ivan Silvestrini, Paola Randi, Margherita Ferri, Mohamed Hossameldin
Drehbuch: Carolina Cavalli, Antonio Dikele Distefano, Lisandro Monaco, Massimo Vavassori, Stefano Voltaggio
Musik: Yakamoto Kotzuga
Kamera: Daniele Ciprì
Besetzung: Giuseppe Dave Seke, Haroun Fall, Beatrice Grannò, Dylan Magon, Daniela Scattolin, Frank Crudele, Virgina Diop

Bilder

Trailer

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In „Zero“ entdeckt ein junger Mann, dass er sich unsichtbar machen kann, was er zur Rettung seines Viertels nutzen will. Die italienische Serie kombiniert dabei anfangs auf interessante Weise Superheldenmotive mit gesellschaftlichen Themen wie der Gentrifizierung. Aufgrund der kurzen Laufzeit bleibt aber kaum Gelegenheit für Tiefgang, später wird es zudem unnötig überzogen.
6
von 10