You Don’t Know Me Netflix
© BBC/Netflix

You Don’t Know Me

You Don’t Know Me Netflix
„You Don’t Know Me“ // Deutschland-Start: 17. Juni 2022 (Netflix)

Inhalt / Kritik

Der Vorwurf Hero (Samuel Adewunmi) gegenüber wiegt schwer: Ihm wird zur Last gelegt, Jamil (Roger Nsengiyumva) ermordet zu haben. Die Beweislast ist erdrückend, der Prozess gegen ihn ist bereits fortgeschritten. Nur noch die Schlussplädoyers bleiben übrig, danach müssen die Geschworenen ihr Urteil fällen. Anstatt seiner Anwältin dieses zu überlassen, beschließt der junge Mann, selbst letzte Worte an die Jury zu richten. Es sind viele letzte Worte. Er beschränkt sich nicht darauf, noch einmal einen Appell an alle zu richten und seine Unschuld zu beteuern. Vielmehr besteht seine Strategie darin, die gesamte Geschichte noch einmal aus seiner Perspektive zu erzählen. Und das bedeutet vor allem, mehr über seine große Liebe Kyra (Sophie Wilde) zu sagen …

Rückkehr ans Gericht

In den 1990ern bis in die frühen 2000er Jahre hinein waren sie der große Renner: Filme, die vor Gericht spielen und von kniffligen Verhandlungen erzählten. Inzwischen sind diese recht rar geworden. Dann und wann versuchen sich aber doch wieder Leute an diesem Genre. So startete kürzlich auf Netflix The Lincoln Lawyer, basierend auf der gleichnamigen Romanreihe. Mit You Don’t Know Me folgt nun schon der nächste Titel auf dem Streamingdienst. Dieses Mal handelt es sich jedoch um eine Produktion der BBC, welche die Serie bereits Ende letzten Jahres ausgestrahlt hat. Weltweit darf der Primus unter den Video-on-Demand-Anbietern die Geschichte um den jungen Mann erzählen, dem ein Mord vorgeworfen wird.

Die Erzählstruktur ist dabei recht ungewöhnlich. Wo andere Filme und Serien, die vor Gericht spielen mit der Anklage beginnen und mit dem Urteil enden, da erfolgt der Einstieg bei You Don’t Know Me direkt vor dem Schluss. Von dort ausgehend werden in langen Rückblicken die Szenen erzählt, die zu dem Mord geführt haben sollen. Dass Filme auf Flashbacks setzen, ist natürlich keine Seltenheit. Dass eine Geschichte nahezu ausschließlich aus diesen besteht, ist hingegen schon ungewöhnlich. Es passt auch nicht wirklich zu der Situation, da dies letztendlich bedeutet, dass der Beschuldigte ein über mehrere Stunden dauerndes Schlussplädoyer hält. Das stellt nicht nur die Anwesenden vor Gericht vor große Herausforderungen. Das Publikum daheim vor den Bildschirmen wird ebenfalls gefordert, wenn die Ausführungen länger und länger werden.

Langsam und unschlüssig

Damit verbunden ist ein recht geringes Tempo, wenn Hero ausführlich sein Leben wiedergibt. Nicht alles, wovon er erzählt, steht in einem direkten Zusammenhang mit dem Fall. Manches beleuchtet mehr die Verhältnisse zwischen den einzelnen Figuren, etwa innerhalb der Familie. Anders als beispielsweise Die üblichen Verdächtigen, wo sich alles um das große Verbrechen dreht, dauert es hier lange, bis Hero mal zum Punkt kommt. Ob es vier Folgen, jede davon rund eine Stunde lang gebraucht hätte, wird das Publikum spalten. Schlimmer noch ist, dass die Adaption des gleichnamigen Romans von Imran Mahmood sein Ende bewusst offen halten möchte. Wer darauf angewiesen ist, dass Serien einen sauberen, definitiven Abschluss haben, dem droht bei You Don’t Know Me ziemlicher Frust. Statt klarer Antworten gibt es zum Pathos aufgeblasene Phrasen.

Das bedeutet aber nicht, dass die Serie reine Zeitverschwendung wäre. Wer sich darauf einstellen kann, dass das hier trotz des Szenarios mehr Drama als Krimi ist, findet immer wieder starke Szenen. Die Szenen innerhalb der Familie oder auch mit Kyra etwa zeigen Menschen, die ein robustes Band aufgebaut haben. Darum geht es dann letztendlich auch in der Geschichte, vor allem gegen Ende hin, wenn die eigentliche Tragik der Ereignisse wiedergegeben wird. Auch das Thema Vorverurteilung, welches der Protagonist immer wieder anspricht, gibt einiges an Stoff her. Dennoch: Nicht wenige werden sich bei You Don’t Know Me schlichtweg langweilen und darauf warten, dass die Handlung endlich mal einen Gang hochschaltet, nur um sich dann zu fragen: War das jetzt alles?

Credits

OT: „You Don’t Know Me“
Land: UK
Jahr: 2021
Regie: Sarmad Masud
Drehbuch: Tom Edge
Vorlage: Imran Mahmood
Musik: Adrian Johnston
Kamera: Andrew McDonnell
Besetzung: Samuel Adewunmi, Sophie Wilde, Bukky Bakray, Roger Nsengiyumva, Tuwaine Barrett, Yetunde Oduwole, Nicholas Khan

Bilder

Trailer

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You Don’t Know Me
Fazit
„You Don’t Know Me“ hat eine interessante Erzählstruktur, wenn nahezu die komplette Serie aus einem mit Flashbacks durchsetztem Schlussplädoyer vor Gericht besteht. Das sehr geringe Erzähltempo dürfte aber manche überfordern. Den anderen gibt das bewusst offen gehaltene Ende den Rest.
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