Alle Sommersprossen der Welt Todas las pecas del mundo Netflix
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Alle Sommersprossen der Welt

Kritik

Alle Sommersprossen der Welt Todas las pecas del mundo Netflix
„Alle Sommersprossen der Welt“ // Deutschland-Start: 3. Dezember 2020 (Netflix)

Große Lust hatte José Miguel (Hanssel Casillas) natürlich nicht darauf, wegen seiner Familie umziehen zu müssen. An eine neue Schule gehen? Darauf hätte er gern verzichtet, zumal sein erster Tag nun wirklich nicht besonders gut gelaufen ist. Immerhin, einen Lichtblick gibt es: Cristina (Loreto Peralta). Für die würde der 13-jährige Mexikaner so ziemlich alles tun, sogar Fußball spielen. Dabei spielt er eigentlich kein Fußball, stellt sich entsprechend ungeschickt an. Aber wenn er auf diese Weise seine Traumfrau erobert und ihr beweist, dass er besser ist als ihr Freund Kenji (Luis de La Rosa), dann macht er selbst das …

Der Klassiker der unglücklichen Liebe!
Ein bisschen unglücklich verliebt waren wir wohl alle mal, waren in der Situation auch dazu bereit, uns ein bisschen zum Affen zu machen, in der Hoffnung, dass unsere Gefühle doch noch erwidert werden. Wenn José Miguel nun der schönen Cristina hinterherschmachtet, dann fällt es nicht sonderlich schwer, sich in dessen Lage hineinzuversetzen. Zumal er auch noch in der wenig beneidenswerte Situation ist, an einer Schule komplett neu anfangen zu müssen und aufgrund seiner eher geringen Fußballaffinität eher ein Außenseiter zu schein. Schließlich schreiben wir in dem Netflix-Film Alle Sommersprossen der Welt das Jahr 1994, das Jahr der Fußball WM. Da nicht für Fußball zu sein, das ist schon fast unpatriotisch.

Um eine Sportkomödie handelt es sich bei der mexikanischen Produktion aber nicht. Zwar gibt der Fußball ein bisschen das Szenario vor, die allgemeine Stimmung, ist aber an und für sich recht unwichtig. Er steht hier nur stellvertretend für all den Blödsinn, den man aus Liebe macht. Oder das, was man für Liebe hält. Dass José Miguel tatsächlich tiefere Gefühle hat, diesen Eindruck gewinnt man nicht unbedingt. Es ist eher eine dieser typischen Schwärmereien, die von einer hübschen Fassade ausgelöst werden, nicht von dem Menschen dahinter. Wer Cristina ist als Person, das erfährt man nicht so wirklich. Sie ist das Objekt der Begierde, mehr nicht.

Ich bleib, wer ich bin
Sehr nett ist das natürlich nicht, zumal es auch zu einer Wette zwischen José Miguel und seinem Widersacher kommt: Wer am Ende gewinnt, bekommt Cristina, als eine Art Trophäe. Dass diese Denkweise mindestens problematisch ist, eigentlich sogar menschenverachtend, das wird in Alle Sommersprossen der Welt zwar angesprochen. Ein wirklicher Lerneffekt entsteht daraus aber nicht. Allgemein entwickelt sich hier im Laufe der anderthalb Stunden nichts wirklich weiter. Das ist durchaus befremdlich für eine Komödie, die an und für sich mit Coming-of-Age-Elementen ausgestattet ist und dem jungen Protagonisten alles mitgibt, um etwas erwachsener zu werden. Wird er aber nicht. Weder die Erfolge noch die Misserfolge scheinen ihn nennenswert voranzubringen.

Das wäre leichter zu verzeihen, wenn der Film denn wenigstens Spaß machen würde oder charmant wäre. Aber irgendwie schafft es Alle Sommersprossen der Welt einfach nicht, einen wirklichen Grund zu liefern, warum man sich das anschauen sollte. Der Humor ist banal, die Figuren ohne Wiedererkennungsmerkmale. Selbst beim Familienleben des Jungen wäre mehr drin gewesen. Zum Ende gibt es eine nette Szene zwischen José Miguel und seinem Vater. Das war es aber auch schon. Trotz des universellen Themas bleibt das alles zu sehr auf Distanz, um in diesem überfüllten Feld hervorzustechen. Da es zudem keine deutsche Synchronisation gibt, was für einen Film, der sich eher an ein jüngeres Publikum richtet, eher seltsam ist, dürfte die Geschichte um den liebestollen Jugendlichen recht schnell in den Katakomben des Streaminganbieters verschwunden sein.

Credits

OT: „Todas las pecas del mundo“
Land: Mexiko
Jahr: 2019
Regie: Yibran Asuad
Drehbuch: Gibrán Portela
Musik: Pedro ‚Zulu‘ González
Kamera: Matias Penachino
Besetzung: Hanssel Casillas, Loreto Peralta, Andrea Sutton, Luis de La Rosa

Trailer



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„Alle Sommersprossen der Welt“ erzählt von einem Jungen, der Fußball lernen will, um seinen Schwarm zu gewinnen. Das Szenario an sich ist zwar universell genug, um sich darin wiederzufinden. Der Film gibt darüber hinaus aber wenig Gründe, warum man das wollte, enttäuscht bei Figuren wie Humor, ist manchmal auch etwas fragwürdig.
4
von 10