Pose Netflix
© Netflix

Pose – Staffel 1

Pose Netflix
„Pose – Staffel 1“ // Deutschland-Start: 31. Januar 2019 (Netflix)

Die Ballroom-erfahrene Blanca (Mj Rodriguez) gründet ihr eigenes Haus, genannt House of Evangelista, in das sie von ihren Familien verstossene Kinder aufnimmt und ihnen hilft, einen Platz im Leben zu finden. Als neue „Mutter“ hat Blanca nicht nur mit der Erziehung ihrer „Kinder“ alle Hände voll zu tun, sondern auch mit den konkurrierenden Häusern, der Ablehnung ihrer leiblichen Familie und dem Schicksalsschlag HIV.

Die Ballroom-Szene als Zuflucht für verlorene Seelen
Im New York der Jahre 1987/88 existierten zwei Kulturen, die gegensetzlicher nicht sein könnten, nebeneinander her. Zum einen die Welt des weißen Amerikas, des Amerikanischen Traums, definiert von Geld und Macht. Zum Anderen die Subkultur der Ballroom-Szene, Dragqueens, LGBTQI (lesbian, gay, bisexual, transgender, queer, intersex), am Rande des Existenzminimums, konfrontiert mit HIV und AIDS. Die 8-teilige Netflix-Serie Pose konzentriert sich auf Letzteres, lässt aber auch beide Welten aufeinander prallen.

Es ist die Zeit des imposanten Trump Towers, der den American Dream symbolisiert – junge Männer in schicken Anzügen, auf der Karriereleiter nach ganz oben, Frau und Kinder warten zu Hause auf Papas Feierabend. Stan Bowes (Evan Peters) ist einer dieser hart arbeitenden Familienväter. Jedoch fährt Stan nach der Arbeit nicht direkt nach Hause, sondern bandelt am Pier mit der transsexuellen Prostituierten Angel (Indiya Moore) an, die eines der Kinder des House of Evangelista ist. Wie zu erwarten verkompliziert sich diese Dreiecksbeziehung und verdeutlicht, dass Stan trotz seines beruflichen Status und der gesellschaftlichen Akzeptanz ihm gegenüber eine ebenso verlorene Seele ist, die nicht weiß, wer oder wie sie eigentlich sein soll, genau wie die Kinder der Ballroom-Nächte.

Selbstdarstellung und das Gefühl von Freiheit
Diese sind extravagante, bunte und laute Spektakel – in pompösen, teils selbst geschneiderten Kostümen tänzeln die Teilnehmer in verschiedensten Kategorien um die Jury und den großen Siegerpokal. Alles moderiert und mit scharfer Zunge bewertet von Emcee Pray Tell (Billy Porter), dem MC/Master of ceremonies. Ziel ist es, in diverse Rollen zu schlüpfen und darin zu überzeugen. Hier darf jeder sein, wer er sein will. Denn außerhalb des Ballrooms herrscht Ablehnung und Chancenlosigkeit.

So gibt Blanca auch dem jungen Damon (Ryan Jamaal Swain) einen Platz in ihrem Haus, nachdem dieser aufgrund seiner Homosexualität von seinen Eltern verstoßen wurde. Damon ist leidenschaftlicher Tänzer und schafft es mit Hilfe seiner neuen Mutter Blanca, auf einer Schule für Tanz aufgenommen zu werden. Völlig unschuldig und unbedarft wird er in diese neue Welt hineingeworfen und macht erste sexuelle Erfahrungen und damit auch die Bekanntschaft mit der Angst vor HIV. Das Thema HIV und AIDS wird stark in die Story mit eingebunden. Wie erschreckend die damalige Annahme war, nur trans- und homosexuelle Menschen könnten sich damit anstecken. Deren medizinische Versorgung war aufgrund der gesellschaftlichen Verachtung natürlich begrenzt, man kümmerte sich schlichtweg nicht um sie.

Die Kategorie lautet: Tränen und Gänsehaut pur
So niederschmetternd diese Szenen auch sind, Pose ist weder ein beklemmendes AIDS-Drama noch eine übertriebene Drag-Show. Pose ist ein realistisches, emotionales und starkes Kunstwerk, das tiefen Eindruck hinterlässt. Jede der 8 Episoden birgt neue Nebenhandlungen und überraschende Facetten der Figuren.

Noch nie haben so viele transsexuelle Menschen an einem Film gearbeitet, sei es vor aber auch hinter der Kamera. Die Darsteller sind hervorragend gecastet, wobei die bekannteren Gesichter wie Kate Mara und James Van Der Beek eher das Schlusslicht bilden. Ganz besonders gut gescriptet sind die Charaktere Blanca, Angel und Pray Tell; sie ragen aus der Menge heraus. Sie tragen so viele Emotionen nach außen und die jeweiligen Darsteller werden von der Kamera und auch vom Publikum geliebt. Die schrille Mode und der unverkennbare 80s Sound setzen dem Ganzen dann noch die Krone auf. Superhits von Whitney Houston und Donna Summer pushen die Tanzdarbietungen in den Vordergrund und trotz der bedrückenden Gegebenheiten macht Pose einfach nur Spaß – und süchtig!



(Anzeige)

"Pose" ist eine süchtig machende Serie über die Ballroom-Szene Ende der 1980er, die von Folge zu Folge neue Überraschungen birgt. Aufklärend, dramatisch und witzig zugleich bietet die Serie einen absolut sehenswerten und perfekt besetzten Einblick in die damalige Zeit!
9
von 10