One Day at a Time Netflix
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One Day at a Time – Staffel 1

One Day at a Time Netflix
„One Day at a Time – Staffel 1“ // Deutschland-Start: 6. Januar 2017 (Netflix)

Zusammenhalt, der wird bei der Familie Alvarez noch groß geschrieben. Das liegt zum einen natürlich auch am Erbe, in Kuba macht man das eben so. Und dieses Erbe gilt auch zwei Generationen später, nachdem man in den USA längst heimisch geworden ist. Es liegt aber auch an den speziellen Umständen: Nachdem Penelope (Justina Machado) genug von ihrem Mann hatte, der nach seinen traumatischen Erfahrungen in der Armee an der Flasche hängt, trennt sie sich von ihm und versucht mit ihren Kindern den Neuanfang. Und so lebt sie nun mit Tochter Elena (Isabella Gomez), Sohn Alex (Marcel Ruiz) und Mama Lydia (Rita Moreno) in einer gemeinsamen Wohnung. Einfach ist das Miteinander nicht, eigentlich kommt es ständig zum Streit. Doch sie raufen sich immer wieder zusammen und können sich zudem auf Schneider (Todd Grinnell) verlassen, dem das Haus gehört und der ein enger Freund der Familie geworden ist.

Dass Filme neu aufgelegt werden, klar, das wissen wir, sehen wir täglich. Auch dass alte Erfolgsserien filmische Neuinterpretationen erhalten, sind wir gewohnt. Eine Serie jedoch in Form einer Serie neu zu drehen, das ist schon eine recht seltene Angelegenheit. One Day at a Time ist ein solcher Fall. Das Original war eine Sitcom, die von 1975 bis 1984 lief und es während dieser Zeit auf immerhin 9 Staffeln und 209 Folgen brachte. Hierzulande dürften nur wenige die Serie um eine alleinerziehende Mutter kennen, die mit ihren zwei Kindern ein neues Zuhause suchte. Muss man aber auch nicht, da sich die Netflix-Neuauflage nur bedingt an die Vorlage hält. Beispielsweise wurden aus zwei Töchtern eine Tochter und ein Sohn, die Figur der Mutter erhält viel früher Einzug. Auch der kubanische Hintergrund ist neu.

Witze aus der Konserve
Zunächst wird Letzterer in erster Linie zu komischen Zwecken gebraucht. Vor allem Mama Lydia scheint anfangs nur dazu da zu sein, auf alten Traditionen zu beharren und tausend Tode vorzutäuschen, damit diese Traditionen auch beachtet werden. Das erinnert ein wenig an Estelle Gettys Figur der Sophia Petrillo in Golden Girls. Nur dass es dort eben eine katholische Witwe aus Sizilien war, nicht Kuba. Im Vergleich zu der Kultikone ist die mittelamerikanische Nachkommin jedoch erst einmal nur zweite Wahl. Das liegt jedoch weniger an der Verkörperung von Urgestein Rita Moreno als an den eher schwachen, wenig inspirierten Witzen.

Allgemein ist der Humor nicht unbedingt die Stärke der Serie. Schon der Einsatz einer Lachspur lässt One Day at a Time sehr altmodisch erscheinen. Wenn die eingespielten Lacher zudem nicht mit den eigenen übereinstimmen, dann ist die Lust auf weitere Folgen schon vorbei, bevor sie überhaupt angekommen hat. Da wird zwar viel mit Klischees gespielt, ohne dass damit aber etwas Interessantes angestellt würde. Und Abwechslung ist ohnehin nicht vorgesehen, es werden dieselben Gags wieder und wieder gebracht, ohne Schärfe, ohne Idee. Etwas, das man im Hintergrund laufen lassen kann, ohne dabei Angst haben zu müssen, etwas Relevantes zu verpassen.

Das bunte Leben der Gegenwart
Spannend wird One Day at a Time erst, als sich die Drehbuchautoren von dem altbackenen Culture-Clash-Getümmel lösen und anfangen, tatsächliche Geschichten zu erzählen. Denn zu erzählen gibt es hier einiges. Neben dem Widerstreit der Kulturen und von Tradition und Moderne, der von Anfang an dabei ist, werden plötzlich jede Menge sozial relevanter Themen ausgepackt. Mal geht es um die Benachteiligung von Frauen bei der Bezahlung, dann wieder die Auswirkungen des Krieges auf die Psyche, die Vernachlässigung im US-Krankensystem steht ebenso mal im Mittelpunkt wie Ausflüge in die LGBT-Welt und Einblicke in dysfunktionale Familien.

Das ist viel, sehr viel für eine Staffel mit nur 13 Folgen im üblichen Sitcom-25-Minuten-Format. Wer sich nicht mit sozial engagierten Geschichten anfreunden kann, sollte daher besser gleich einen großen Bogen um One Day at a Time machen. Und doch funktioniert das in der Praxis deutlich besser, als man vermuten könnte. Sehr schön ist beispielsweise, wie hier die Folgen tatsächlich aufeinander aufbauen. Figuren, die in einer Episode eingeführt werden, kommen später wieder. Es werden alte Anekdoten und Themen wieder aufgegriffen. Im Gegensatz zu vielen Serien gibt es hier tatsächlich eine Entwicklung der Figuren und das Gefühl, es mit realen Menschen zu tun zu bekommen – wenn man von den sehr abrupten Wechseln der Ansichten einmal absieht. Zum Ende der ersten Staffel sind einem die Figuren dann doch ein Stück weit ans Herz gewachsen, sehr viel mehr, als der schwache Einstieg vermuten ließ. Und die Neugierde ist geweckt, mit welchen Alltagsproblemen man sich im Haus Alvarez das nächste Mal herumplagen muss.



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Der Einstieg von „One Day at a Time“ ist nicht wirklich vielversprechend: Der Einsatz einer Lachspur ist ebenso altbacken wie die Witze, die zwar viel mit Klischees spielen, aber nichts Interessantes daraus machen. Spannender wird das Serienremake, wenn es später diverse Gesellschaftsthemen anpackt und dazu jede Menge zu erzählen hat.
6
von 10