Halston Netflix
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Inhalt / Kritik

Halston Netflix
„Halston“ // Deutschland-Start: 14. Mai 2021 (Netflix)

Roy Halston Frowick (Ewan McGregor) ist niemand, der halbe Sachen macht oder irgendwelche Kompromisse eingeht. Er weiß, was er will: als Modedesigner zu Weltruhm kommen! Der erste Schritt ist bereits getan, als ein von ihm entworfener Hut von Jackie Kennedy getragen wird. Doch er will mehr. Das Talent dazu hat er, er versteht es, aus den verschiedensten Stoffen Kunstwerke zu zaubern. Sein Sinn für Realismus oder das Pragmatische ist hingegen nur wenig ausgeprägt, weshalb er sich selbst immer wieder in schwierige Situationen hineinmanövriert. Vor allem sein ruppiger Umgang mit anderen und sein Faible für Drogen, Luxus und Sex drohen immer wieder das zunichte zu machen, was er sich zuvor mühevoll erarbeitet hat …

Von Genies und Scharlatanen

Schon wieder eine neue Serie von Ryan Murphy? Eines muss man dem US-amerikanischen Regisseur, Autor und Produzenten lassen: Kaum einer dürfte in seiner Branche momentan derartig umtriebig sein wie er. Ob seine kultige Horroranthologie American Horror Story, die Politik-Satire The Politician, der nostalgische Abgrund von Hollywood oder das mörderische Prequel Ratched, irgendwie scheint er an tausend Sachen gleichzeitig zu arbeiten. Nun also auch die Netflix-Serie Halston, das Porträt des gleichnamigen Modedesigners. Wobei Murphy hier „nur“ als Produzent und Co-Autor auftritt und die eigentlich von Sharr White stammte, obwohl Murphys Name beworben wird. Aber das ist dann irgendwie auch ziemlich passend bei dieser Lebensgeschichte.

War Halston ein Genie oder ein Scharlatan? So richtig eindeutig wird das nicht in den fünf Folgen der Miniserie. Unstrittig ist, dass der exzentrische ein Auge für Details hatte, ein Gespür für Materialien, eine Liebe für die Kunst und das Extravagante. Nur liebte er vor allem aber auch: sich selbst. An Beispielen hierfür mangelt es nicht. Immer wieder stößt er andere vor den Kopf, beschimpft und verhöhnt sie, wenn sie nicht so tun, wie es ihm gefällt. Wenn sie aber doch mal etwas tun, das sein Wohlfallen findet, nimmt er es gerne auf, ohne anderen die Anerkennung zu gönnen oder vielleicht auch erst wahrzunehmen. Dadurch kommt es zu regelmäßigen Konflikten mit anderen, die sich missverstanden oder nicht genug gewürdigt fühlen.

Ein Leben an allen anderen vorbei

Einer davon ist Victor Hugo (Gian Franco Rodriguez), der sowohl Halstons Partner war als auch selbst künstlerische Ambitionen hatte. Beides ließ Halston aber nicht zu, reduzierte ihn auf seine Rolle als Bettgefährten, dem er anfangs auch noch Geld dafür zahlte. Dass der Modedesigner nicht mehr akzeptierte, keine echte Nähe, ist einer der tragischen Aspekte, die sein Leben ausmachen – zumindest so, wie es Regisseur Daniel Minahan darstellt. Der andere betrifft die Karriere der Titelfigur, die zwar von vielen Triumphen geprägt wurde und dennoch nie so wirklich ihr Potenzial ausfüllte. Halston wollte ein Leben im Reichtum und Dekadenz, ohne sich in die Niederungen des Geldverdienens begeben zu müssen. Dass das eine ohne das andere nicht unbedingt funktioniert, wollte er partout nicht akzeptieren.

Entsprechend viele Szenen gibt es, die einen – je nach Veranlagung – amüsieren oder furchtbar ärgern werden. Mal um Mal sieht man Halston, wie er sich in einer vollkommenen Fehleinschätzung der Welt und seiner Position komplett daneben benimmt, dabei haufenweise verbrannte Erde hinterlässt. Ewan McGregor kostest diese Szenen mit Freude aus, genießt sowohl die Grenzüberschreitungen wie auch das Flamboyante seiner Figur. Er ist es auch, der trotz einer guten Besetzung immer im Mittelpunkt steht und die Aufmerksamkeit an sich zieht. Da gelingt es nur den wenigsten, tatsächliche Kontrapunkte zu setzen. Eine dieser Ausnahmen ist Krysta Rodriguez, die als Liza Minnelli der vornehmen, abgehobenen Selbstbezogenheit pure Lebensfreude entgegensetzt.

Schöne Oberfläche

Das hat dann schon alles beträchtliche Schauwerte, wie man es bei einer Serie auch erwarten kann, bei denen Murphy die Finger im Spiel hatte. Allerdings bleibt es dann oft auch bei diesen Schauwerten. Immer mal wieder gibt es zwar Hinweise, dass an Halston mehr dran ist, wenn es um seinen familiären Hintergrund und seine Bindungsängste geht. Aber das bleibt dann bewusst an der Oberfläche. Stattdessen gibt es noch mehr Kleider, noch mehr Party, noch mehr Streit. Das ist dann zwar alles schön anzusehen, auf Dauer aber doch repetitiv. Die Hauptfigur selbst macht keine nennenswerte Entwicklung durch, von den letzten Minuten einmal abgesehen, weil es das Drehbuch offenbar so wollte. Manchmal wird es auch richtig anstrengend, wie hier gejammert und gemeckert und geschimpft wird. Wer die nötige Toleranzgrenze für einen nicht unbedingt sympathischen Protagonisten mitbringt, der kann hier aber durchaus für eine Weile in eine fremde, glitzernde Welt eintauchen, in der alles Fassade ist. Und eben Stoff.

Bilder

OT: „Halston“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Daniel Minahan
Drehbuch: Ian Brennan, Ryan Murphy, Sharr White, Tim Pinckney, Kristina Woo, Ted Malawer
Idee: Sharr White
Kamera: Tim Ives, William Rexer
Besetzung: Ewan McGregor, Rebecca Dayan, David Pittu, Krysta Rodriguez, Bill Pullman, Gian Franco Rodriguez, Rory Culkin

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„Halston“ folgt den Spuren des US-amerikanischen Modedesigners durch sämtliche Höhen und Tiefen. Die Serie zeichnet dabei ein interessantes, wenngleich wenig schmeichelhaftes Bild eines Mannes, der immer wieder an seinem übergroßen Ego, Bindungsängsten und Weltfremdheit scheute. Das ist schön anzusehen und mit Genuss von Ewan McGregor verkörpert, auf Dauer aber auch irgendwie eintönig und ohne echte Entwicklung.
6
von 10