Cursed Die Auserwählte Netflix
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Cursed – Die Auserwählte – Staffel 1

Kritik

Cursed Die Auserwählte Netflix
„Cursed – Die Auserwählte – Staffel 1“ // Deutschland-Start: 17. Juli 2020 (Netflix)

Kurz bevor diese den schweren Verletzungen erliegt, erhält die junge Hexe Nimue (Katherine Langford) von ihrer Mutter den Auftrag, ein besonderes Schwert zu dem legendären Magier Merlin (Gustaf Skarsgård) zu bringen. Und so machte sie sich zusammen mit dem Söldner Arthur (Devon Terrell) auf den Weg, die letzte Bitte zu erfüllen. Einfach wird die Reise jedoch nicht, denn die beiden werden von vielen anderen verfolgt, die eben dieses sagenumwobene Schwert an sich reißen wollen. Und natürlich haben auch die Roten Paladine sowie die durch Vater Carden (Peter Mullan) repräsentierte Kirche großes Interesse daran, die Jugendliche mit den außergewöhnlichen Kräften zu finden – und zu vernichten …

Die Sage um Artus, sein magisches Schwert und die diversen Ritter ist eine von diesen Geschichten – neben etwa Robin Hood oder Peter Pan –, die irgendwie andauernd neu fürs Kino oder das Fernsehen adaptiert werden. Warum, das weiß keiner so genau. Denn während es einerseits naheliegend ist, bekannte und kostenlose Stoffe noch einmal anzubieten und auf die Wiedererkennungseffekte zu setzen: Erfolgreich sind diese Wiederbelebungsversuche praktisch nie. Im Fall von Artus waren es zuletzt der Bombast-Blockbuster King Arthur: Legend of the Sword und der originelle Familienfilm Wenn du König wärst, die zuletzt an den Kinokassen enttäuschten, obwohl – oder weil? – sie ganz eigene Interpretationen der Sage zuließen.

Selbst ist die Frau
Der nächste Versuch meidet nun die Lichtspielhäuser, sondern wählt das Format der Serie. Doch das ist nicht einmal der größte Unterschied. Die Netflix-Produktion Cursed – Die Auserwählte schubste einfach mal Artus beiseite und stellt stattdessen Nimue in den Mittelpunkt. Die hatte in der ursprünglichen Geschichte eigentlich nur die Aufgabe, Artur das Schwert zu geben. Stattdessen wird sie hier zur Heldin und schwingt die Waffe lieber selbst. Das wird Traditionalisten und Gegnern einer neuen Gleichberechtigungskultur vermutlich aufstoßen, ebenso die Bekenntnisse zu Diversität. Aus Artus, dem großen Anführer eines freien Britanniens, einen dunkelhäutigen Söldner machen? Das muss man sich erst mal trauen, gerade in Brexit-Zeiten. Und auch sonst gab man sich innerhalb des historischen Umfelds erstaunlich zeitgemäß.

Als Vorlage diente dabei eine Graphic Novel von Frank Miller (300, Sin City) und Tom Wheeler (The Lego Ninjago Movie), die zusammen auch die Serie geschaffen haben. Wie bei einer Miller-Kreation zu erwarten ist, kommt es hier immer mal wieder zu etwas brutaleren Einlagen. Im Vergleich zu anderen Werken von ihm ist man aber schon zurückhaltender, schließlich soll Cursed – Die Auserwählte den lukrativen Young-Adult-Markt bedienen. Es geht also nicht nur um Kämpfe und große Magie, sondern auch um Themen, die man in einer alltäglichen Jugenddrama-Serie finden würde. Die Geschichte von Nimue, sie ist auch die Geschichte der Selbstfindung einer jungen Frau – und die Geschichte von Männern, die eben das verhindern wollen und selbstbewusste, starke Frauen aus Prinzip schon lieber verbrennen sehen möchten. Damit reiht sich die Serie nahtlos in diverse andere Netflix-Produktionen der letzten Jahre ein, etwa Einmal Hexe … oder Luna Nera, die ebenfalls anhand unterdrückter, magischer begabter junger Frauen für mehr weibliche Selbstverwirklichung kämpfen.

Zu viel und zu wenig
Leider gelang es dem Drehbuchteam aber nicht, Nimue auch zu einer interessanten Figur zu machen, die mehr ist als ihre Fähigkeiten. So sympathisch es ist, weibliche Figuren im Fantasy-Umfeld dem Damsel-in-Distress-Schicksal zu entreißen: Es braucht mehr. Tatsächlich wird ihr regelmäßig der Rang von männlichen Figuren abgelaufen, die deutlich interessanter sind. Das liegt manchmal an den Darstellern wie Peter Mullan, der seinen bigotten Geistlichen mit einer bewundernswerten Widerwärtigkeit ausstattet. Doch die mit Abstand spannendste Figur ist die des Merlins, der hier mal nicht der würdige, alte Mann ist, sondern ein heruntergekommener Trunkenbold mit schwieriger Vergangenheit. Dessen Darsteller Gustaf Skarsgård, der bislang im Schatten seines Vaters Stellan und seiner Brüder Alexander und Bill stand, zeigt mit seiner ungewöhnlichen Interpretation, dass er für deutlich Besseres geboren ist.

Denn leider ist Cursed – Die Auserwählte, trotz einiger interessanter Neuinterpretationen und zum Teil schöner Landschaftsaufnahmen, eine nur mittelmäßige Serie. Sie ist zum einen, wie so viele Netflix-Titel, zu lang und aufgeblasen, versucht krampfhaft eine vorgegebene Länge zu erreichen. Zu diesem Zweck werden Figuren eingeführt und Nebenstränge aufgemacht, die unterwegs elendig verkümmern. Die ständigen Intrigen zwischen den unterschiedlichsten Parteien, welche das Britannien von Miller und Wheeler bevölkern – neben den Inselbewohnern gibt es diverse Fantasiegestalten und Dämonen, die blutrünstigen Paladine und ebenso gefährliche Wikinger –, sind manchmal spaßig, oft aber in ihrer erzwungenen Verschlungenheit anstrengend. Bei den Dialogen hört man manchmal besser weg. Auch das Auge wird nicht unbedingt konstant verwöhnt, wenn immer mal wieder billige Computer-Effekte die Atmosphäre zerstören. Trotz der vielen Zauber: Zauberhaft ist das hier nicht, den großen Voraberwartungen wird dieses eher unausgegorene Gemisch nicht gerecht.

Credits

OT: „Cursed“
Land: USA
Jahr: 2020
Regie: Zetna Fuentes, Daniel Nettheim, Jon East, Sarah O’Gorman
Drehbuch: Tom Wheeler, Janet Lin, Rachel Shukert, Leila Gerstein, William Wheeler, Robbie Thompson
Vorlage: Frank Miller, Tom Wheeler
Musik: Jeff Russo
Kamera: Damian Bromley, Stuart Howell, James Friend
Besetzung: Katherine Langford, Devon Terrell, Gustaf Skarsgård, Peter Mullan, Lily Newmark, Shalom Brune-Franklin, Daniel Sharman, Matt Stokoe, Sebastian Armesto, Emily Coates

Bilder

Trailer

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Eine Artus-Serie, in der er nur ein Begleiter wird und eine Frau das Schwert schwingt? Das ist mal ein interessanter Ansatz. Trotz einiger guten Ideen ist „Cursed – Die Auserwählte“ letztendlich aber nur mittelmäßig. Die Figuren sind wenig ausgearbeitet, die Optik stark schwankend, die Staffel ist aufgeblasen. Dann und wann ist das aber sehenswert, gerade auch für die eigenwillige Interpretation des Zauberers Merlin.
5
von 10