Fractured
© Netflix

Fractured

Fractured
„Fractured“ // Deutschland-Start: 11. Oktober 2019 (Netflix)

Es läuft gerade nicht so gut zwischen Ray (Sam Worthington) und Joanne (Lily Rabe). Immer wieder kommt es zum Streit, selbst jetzt, als sie auf einem Familientrip sind und eigentlich zusammenfinden sollten. Und das ist noch das geringste Übel, denn Tochter Peri (Lucy Capri) stürzt während eines Zwischenstopps an der Tankstelle in die Tiefe. Immerhin, es scheint nur der Arm gebrochen zu sein. Auch die Ärzte im nahegelegenen Krankenhaus beruhigen die beiden, dass nichts Schlimmeres passiert ist. Peri wird bald schon wieder auf den Beinen sein. Als sich Ray nach einigen Stunden Wartezeit nach ihr erkundet, will aber auf einmal niemand etwas von ihr wissen. Die Belegschaft wurde inzwischen ausgetauscht und in den Akten taucht das Mädchen nicht auf. Fieberhaft beginnt Ray, nach ihr zu suchen und ist dafür bereit, alle Grenzen zu überschreiten …

Netflix und Filmfeste, da werden die meisten entweder an die große Fehde mit Cannes denken oder auch an die Kooperation mit den Filmfestspielen von Venedig, wo letztes Jahr der Oscar-Gewinner Roma debütierte. Etwas im Schatten dieser Big Player steht das Fantastic Fest, mit dem der Streamingdienst seit einigen Jahren schon eine gute Zusammenarbeit pflegt. Diverse Netflix-Horrorstreifen oder auch Thriller konnten die Besucher vom größten USA-Genrefestival dort vorab schon sehen. Unter anderem feierten dort die Stephen-King-Adaptionen Das Spiel und Im hohen Gras Premiere, auch Apostle war in Austin, Texas das erste Mal zu sehen.

Von allem ein bisschen
Da passt natürlich Fractured gut ins Programm, das rund drei Wochen nach dem Erstauftritt auch weltweit veröffentlicht wird – das Sortiment an düsteren Titeln muss schließlich zu Halloween etwas aufgemotzt werden. Ob der Thriller dafür die beste Wahl ist, darüber kann man sich jedoch streiten. Auch darüber, ob man den Film überhaupt als Thriller bezeichnen wollte. Denn eigentlich werden hier mehrere Geschichten gleichzeitig erzählt, die teilweise ineinander greifen, teilweise aber auch gar nichts miteinander zu tun haben. So etwas kann gut gehen, muss es aber nicht. In diesem Fall fällt das Ergebnis recht gemischt aus.

Zunächst lässt sich Regisseur Brad Anderson (The Machinist, Beirut) recht viel Zeit, die er in die Etablierung des Ehepaares und ihrer Beziehung investiert. Oder auch ihrer Nicht-Beziehung. Dass die Ehe nicht mehr so recht funktioniert, das wird schnell klar, wenn selbst kleinste Nichtigkeiten zum Streit führen. Es ist den beiden auch selbst klar. Tatsächlich meint man zunächst, Fractured wäre ein Ehedrama, kein Thriller, das die zwei Hauptfiguren vorführt und auseinandernimmt. Erst später, wenn im Krankenhaus eigenartige Dinge vor sich gehen und plötzlich niemand mehr Joanne und Peri auffinden kann, wechselt der Film das Genre und beginnt sein eigentliches Thema.

… und das war es schon?
Dass es relativ lang dauert, bis die Geschichte mal Fahrt aufnimmt, ist aber ein geringeres Problem, zumal Anderson auch seine Gründe hierfür hat. Schlimmer ist, dass selbst in der Hochphase nicht so wahnsinnig viel passiert, das wirklich spannend wäre. Fractured versucht die Balance zu halten aus einem Mystery-Thriller und dem Porträt eines psychisch angeknacksten Mannes. Die damit verbundene Frage: Was ist real, was eingebildet? Damit erinnert der Film beispielsweise an Unsane – Ausgeliefert, das ebenfalls eine unzuverlässige Figur in den Mittelpunkt rückte, die durch eine Klinik irrt und die Wahrheit sucht. So etwas ist oft spaßig, lässt es das Publikum doch mitraten und spekulieren, was genau da eigentlich gespielt wird.

Fractured gelingt es jedoch nicht so recht, sich aus diesem bekannten und oft besuchten Umfeld zu lösen. Das eigentliche Geheimnis ist beispielsweise keins, es dürfte nur die wenigsten Zuschauer und Zuschauerinnen vor eine größere Schwierigkeit stellen, die Auflösung vorab zu wissen. Und auch wenn Anderson da gut aufs Tempo drückt und weder seinem Protagonisten, noch seinem Publikum eine Atempause gönnt, richtig spannend ist der Film nicht. Aber auch der andere Aspekt, das Porträt eines verstörten Mannes, überzeugt nicht wirklich. Sam Worthington, in erster Linie durch Avatar – Aufbruch nach Pandora bekannt, bemüht sich zwar sichtlich, den von Panik ergriffenen Familienvater zu verdeutlichen. Ihm fehlen jedoch die schauspielerischen Mittel, um daraus eine interessante Figur zu machen. Mehr als zweckmäßig ist der Thriller daher nicht.



(Anzeige)

Erst der Ehestreit, dann der gebrochene Arm der Tochter und schließlich die eigenartigen Vorkommnisse in einem Krankenhaus: „Fractured“ lässt seiner Hauptfigur kaum Zeit zum Durchschnaufen. Trotz des später hohen Tempos ist der Thriller jedoch nicht so wirklich spannend, da das Ende schon sehr vorhersehbar ist. Und auch als Porträt eines psychisch angeknacksten Mannes ist das hier zu wenig.
5
von 10