Brand New Cherry Flavor Netflix
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Brand New Cherry Flavor

Inhalt / Kritik

Brand New Cherry Flavor Netflix
„Brand New Cherry Flavor“ // Deutschland-Start: 13. August 2021 (Netflix)

Lisa N. Nova (Rosa Salazar) kann ihr Glück kaum fassen: Nicht allein, dass ihr Studentenfilm mit dem Titel Lucy’s Eye die Aufmerksamkeit des Produzenten Lou Burke (Eric Lange) auf sich zieht, was ihr den Weg nach Hollywood ebnen könnte. Er will den verstörenden Horrorkurzfilm sogar zu einem richtigen Spielfilm ausbauen lassen, der berühmte Schauspieler Roy Hardaway (Jeff Ward) soll darin auftreten. Und Lisa darf Regie führen! So dachte sie zumindest. Kurz nach der Vertragsunterzeichnung stellt sich jedoch heraus, dass Burke ein falsches Spiel mit ihr gespielt und sie einfach durch einen anderen Regisseur ersetzt hat. Außer sich vor Wut, derart hintergangen worden zu sein, wendet sie sich an Boro (Catherine Keener), die sie zufällig vorher kennengelernt hat und die ihr angeboten hatte, jemandem weh zu tun. Tatsächlich lässt sie sich darauf ein, den verhassten Produzenten mit einem Fluch zu belegen. Doch der Preis hierfür ist hoch …

Die Rache einer Frau

Zuletzt hatten Geschichten rund um Frauen, die Rache an Männern ausüben, Hochkonjunktur. Neben den vielen schamlos voyeurististischen Rape-and-Revengethrillern, in denen leicht bekleidete und blutverschmierte Vergewaltigungsopfer ihre Peiniger verfolgen und abschlachten fällt einem besonders Promising Young Woman ein, das auf originelle Weise das Motiv abwandelte. Mit der Netflix-Serie Brand New Cherry Flavor erscheint bei uns zeitgleich noch eine ganz andere, sehr eigene Version. Eine Vergewaltigung steht hier zwar nicht an. Dafür setzt ein übergriffiger Produzent eine Gewaltspirale in Gang, die nach einem gemächlichen Anfang immer brutaler wird – und immer bizarrer.

Anfangs könnte man meinen, es handele sich bei Brand New Cherry Flavor um eine Reaktion auf die #MeToo-Bewegung der letzten Jahre. Wenn hier ein älterer Produzent ungefragt seine Hand auf das Bein der jungen Regisseurin legt und sie später durch einen kaum kompetenten Mann ersetzt, dann klingt das schon sehr nach einer Abrechnung mit den aktuellsten Ereignissen. Hinzu kommt, dass es sich bei der jungen Frau um jemanden mit brasilianischen Wurzeln handelt und ihr Ersatz ein weißer Mann ist. Und doch ist die Geschichte schon deutlich älter. Die Vorlage für die Miniserie liefert ein in den 90er Jahren veröffentlichter Roman von Todd Grimson, einem Horrorautor, den bei uns nur die wenigsten kennen dürften. Die Serie selbst spielt ebenfalls in den 90ern, was auf den Inhalt aber eher weniger Einfluss hat. Dafür fehlen die konkreten Bezugspunkte.

Fernab der Realität

Ohnehin wirkt Brand New Cherry Flavor so, als stünde die Serie etwas außer Zeit und Raum. Zuerst ist es die Filmbranche, die eine eigene Welt bildet, mit eigenen Gesetzen und Regeln und die zum Schauplatz skurriler Partys wird. Doch nach und nach ist es die Welt der Magie, welche die Oberhand gewinnt, wenn der von Lisa angestrebte Fluch seine Wirkung entfaltet. Und selbst wenn es mal nicht um den konkreten Fluch geht, kommen hier immer wieder Fantasy-Elemente zum Einsatz. So wird die Protagonistin schon früh von seltsamen Alpträumen verfolgt. Später ist es vor allem Boro, die das Tor zu einer anderen Welt weit aufreißt und die seltsamsten Kreaturen und Ereignisse die Szene bestimmen.

Das bringt nicht nur das Leben der Menschen durcheinander. Auch als Zuschauer bzw. Zuschauerin darf man sich hier ein wenig verloren vorkommen. Die von Lenore Zion und Nick Antosca entwickelte Serie verzichtet an vielen Stellen auf eine eindeutige Erklärung. Es ist nicht einmal so, dass die Geschichte klar umrandet würde. Während der Versuch von Lisa, Burke mithilfe eines Fluchs zu bestrafen, den Mittelpunkt von Brand New Cherry Flavor darstellt, schließen sich drumherum diverse Nebenstränge und Vorgeschichten an. Manches steht auch völlig ohne Bezug irgendwie da. Und als wäre das alles nicht schon verwirrend genug, wird die Mischung aus Horror und Mystery immer wieder auch durch Humor aufgelockert, der wahlweise albern oder satirisch ausfallen kann.

Gut gespielt und faszinierend

Konstant ist eigentlich nur die gute darstellerische Leistung. Vor allem Rosa Salazar (The Kindergarten Teacher), die zwischen naivem Opfer und eiskalter Sadistin schwankt, sowie eine ungewohnt unheimlich auftretende Catherine Keener (Get Out) bleiben in Erinnerung. Andere Mitglieder des Ensembles sind da weniger glücklich, was in erster Linie mit den wenig ausgearbeiteten Randfiguren zusammenhängt. Aber auch wenn da vieles irgendwie nicht so richtig passen will, ist das Ergebnis sehenswert: Brand New Cherry Flavor gelingt es, stylisch und widerlich in einem zu sein, viel fürs Auge zu bieten und gleichzeitig abzuschrecken. Wie so viele Netflix-Serien ist auch diese dabei etwas lang. Gerade später, wenn die Geschichte so ausfranst, hat man das Gefühl, es geht irgendwie gar nicht mehr weiter. Aber selbst dann bleibt die Serie um eine rachsüchtige Nachwuchsregisseurin eine der faszinierendsten Seherfahrungen, die es dieses Jahr beim Streamingdienst gab.

Credits

OT: „Brand New Cherry Flavor“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Arkasha Stevenson, Gandja Monteiro, Matt Sobel, Jake Schreier, Nick Antosca
Drehbuch: Lenore Zion, Nick Antosca, Mando Alvarado, Christina Ham, Haley Z. Boston, Matt Fennell
Idee: Lenore Zion, Nick Antosca
Vorlage: Todd Grimson
Musik: Jeff Russo, Tracie Turnbull
Kamera: Celiana Cárdenas
Besetzung: Rosa Salazar, Catherine Keener, Eric Lange, Manny Jacinto, Jeff Ward, Daniel Doheny, Hannah Levien

Bilder

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„Brand New Cherry Flavor“ erzählt von einer Nachwuchsregisseurin, die sich an einem Produzenten mithilfe eines Fluches rächen will. Die Romanadaption wirkt von Anfang an nicht ganz real, wird mit der Zeit immer bizarrer, auch weil die Geschichte auszufransen beginnt. Aber selbst wenn das nicht immer alles ganz zusammenpasst, ist die ebenso stylische wie widerwärtige Mysteryserie eine faszinierende Erfahrung.
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