Trial by Fire Netflix
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Trial by Fire

Trial by Fire Netflix
„Trial by Fire“ // Deutschland-Start: 13. Januar 2023 (Netflix)

Inhalt / Kritik

In einem Moment befinden sich Shekhar (Abhay Deol) und Neelam Krishnamoorthy (Rajshri Deshpande) noch mit ihren beiden Kindern zu Hause und leben ihr alltägliches Leben. Der Vater spielt mit dem Sohn und dessen Cousin ein Videospiel, die Mutter unterhält sich mit der Tochter. Als alle aus dem Haus sind, um später ins Kino zu gehen, bleiben Shekhar und Neelam in der Wohnung zurück. Es ist das Jahr 1997 in Indien und für die jungen Eltern ändert sich alles, als ihre beiden Kinder an diesem Tag bei einem Feuer im „Uphaar“-Kino an einer Rauchvergiftung sterben. Bei der Tragödie im Süden Delhis sterben insgesamt 59 Menschen. Wie konnte das passieren? Wer ist dafür verantwortlich? Für Shekhar und Neelam beginnt eine schwere Zeit der Trauer und die verzweifelte Suche nach Gerechtigkeit; ein jahrelanger Kampf gegen ein korruptes System und seine Handlanger.

Verschiedene Perspektiven

Trial by Fire ist eine abgeschlossene, indische Miniserie, die es bei Netflix mit 7 Folgen zu bestaunen gibt. Im Mittelpunkt stehen Shekhar und Neelam Krishnamoorthy. Nachdem sie von dem Brand im Uphaar-Kino gehört haben, fahren sie sofort zum Ort des Geschehens. Es herrscht ein heilloses Durcheinander: Aufgeregte Menschen, Verletzte und Tote werden hinaus gebracht, Feuerwehrleute, Polizei und zu welchem Krankenhaus fährt der Krankenwagen? Im Hintergrund steigen Flammen und Rauch empor. Nach und nach wird deutlich, dass etwas nicht stimmt – „Die Türen waren verriegelt“, heißt es im Film – und es entwickelt sich ein Kampf um die Suche nach Gerechtigkeit.

Shekhar und Neelam reißen einen emotional direkt mit. Die beiden Schauspieler, welche den Eltern von Unnati (Poorti Jai Agarwal) und Ujjwal (Abhishek Sharrma), Leben einhauchen, beherrschen ihr Handwerk und zeigen jeweils beeindruckende Leistungen über die gesamte Serie hinweg, die dennoch ein paar Längen aufweist, zu denen wir später noch kommen. Besonders hervorzuheben ist hier Rajshri Deshpande als Neelam, deren Präsenz eine Eindringlichkeit ausstrahlt, die einem im Gedächtnis bleibt.

Nebenfiguren als Perspektivwechsel

Nach der ersten Folge sehen wir neben den beiden Hauptprotagonisten noch jeweils andere Perspektiven, darunter etwa ein älterer Mann, der seine Familie bei dem Brand verloren hat. Dadurch, dass wir einen Ausschnitt seiner Geschichte sehen, eröffnet uns die Serie vorherrschende soziale Probleme wie beispielsweise Armut, fehlende (oder zumindest schlecht entwickelte) Gesundheitsstandards in Teilen Delhis und ein System der Korruption. Aber wir sehen auch, wie Solidarität, Freundschaft und die Wichtigkeit des Zusammenhalts daneben aufblühen können. Die Figur des älteren Mannes bleibt ansonsten leider eher flach, und steht hier auch für einen Teil jener Menschen, die Shekhar und Neelam für ihren Opferverband gewinnen möchten.

Etwas mehr Tiefe erhält die Figur des Handlangers Neeraj Suri (Ashish Vidyarthi), der für die Ansals arbeitet, den wirtschaftlich tief in der Stadt verankerten Kinobesitzern, die auch für die Tragödie im Uphaar-Kino verantwortlich sind. Anhand seiner Sicht wird deutlich, dass hier nicht Schwarz-Weiß gemalt wird, also kein einfach „Das sind die Bösen“, auch einige der Verantwortlichen erhalten Screentime und wir sehen ein Stück ihres emotionalen Kampfes mit der Situation.

Trial by Fire ist eine Serie, die sich Zeit lässt. Das ist einerseits positiv, da die beiden Hauptfiguren dadurch viel Zeit bekommen, die sie auch tragen können, schade wiederum ist, dass manche Szenen sich etwas lang anfühlen, etwa die Perspektive eines Mitarbeiters im Kino, dessen Spiel zwar durchaus überzeugt, die Handlung selbst hätte jedoch gekürzt werden können, ohne, dass die Haupthandlung wahrscheinlich größeren Schaden genommen hätte.

Es gibt außerdem ein paar rote Geschichtsfäden, die zwar mehr oder weniger aufgelöst werden, etwa die verlorene Kette von Neelams Tochter, die jedoch auf emotionaler Ebene – findet Neelam die Kette schließlich? – etwas verblassen. Bei einer Szene gegen Ende der Handlung, bei welcher Neeraj Suri eine Rolle spielt, fühlt es sich sogar im Gegenteil so an, als hätte man einen wichtigen Teil der Geschichte beziehungsweise der emotionalen Entwicklung dieser einen Figur verpasst.

Eine Armee von Anwälten

Schnell spüren wir die kafkaesken Züge in ihrem (Shekhar und Neelam) gerichtlichen Kampf für Gerechtigkeit, denn „[…] es gibt keine Kanzlei in Delhi, unsere eingeschlossen, die nicht direkt oder indirekt mit den Ansals verbunden ist.“ Noch deutlicher wird es, wenn der Anwalt ihnen hinterher ruft: „Gegen sie (die Ansals) braucht man mehr als nur Anwälte. Man braucht eine Armee.“ Auf ihrem Bett stapeln sich bald Aktenberge. Ein Anwalt muss erst überzeugt werden, dass dies kein gewöhnlicher Fall ist, sondern,  dass es ihm etwas bedeuten sollte, damit er vor Gericht überzeugender sein kann. Mit pointierten Erzählmomenten gelingt es der Serie das korrupte System sehr gelungen zu skizzieren, auch die sozialen Unterschiede, die Schere zwischen Arm und Reich wird hier beleuchtet.

Außerdem versetzt die Serie den Zuschauern regelmäßige emotionale Schläge in die Magengrube, sei das durch präzise Szenen – vergessene Zahnbürsten, ein nicht abbestellter Kuchen, Stimmen auf dem Anrufbeantworter, etc. –, oder durch nachhallende Reden vor Gericht und der Presse. Obwohl es immer wieder die Gerichtsdrama-Momente gibt, fühlt die Serie sich nicht nach einer „typischen“ Gerichtsserie wie Extraordinary Attorney Woo oder Suits an. Es ist vielmehr das Portrait der Trauerbewältigung und des Gerechtigkeitskampfes von Shekhar und Neelam, und einer Handvoll anderer Menschen, in dem diese Gerichtsdrama-Momente bis zum Schluss ihren ausgewählten Platz haben.

Rückblenden

Erzählerisch geschickt werden Rückblenden so in die Haupthandlung eingewoben, dass die Zuschauer gewissermaßen, je mehr von der Tragödie gerichtlich aufgearbeitet wurde, stückweise auch die Vorfälle am Tag des Uphaar-Brandes sehen. Das gipfelt schließlich in einer letzten Folge, die den Tag der Tragödie im Kino selbst zeigt. Dort werden nochmal neue Perspektiven aufgezeigt und alte Geschichtsfäden zusammengeführt.

Am Ende findet die Serie einen guten Abschluss, bei welchem trotz des jahrelangen Gerechtigkeitskampfes zumindest ein paar soziale und gesellschaftliche Fortschritte zu erkennen sind, die Shekhar und Neelam und der von ihnen gegründete Opferverband erreichen konnten. Die Serie basiert auf dem Buch Trial by Fire von Neelam und Shekhar Krishnamoorthy, heißt es am Ende noch.

Credits

OT: „Trial by Fire“
Land: Indien
Jahr: 2023
Regie: Prashant Nair, Randeep Jha
Drehbuch: Prashant Nair, Kevin Luperchio
Vorlage: Neelam Krishnamoorthy, Shekhar Krishnamoorthy
Musik: Benedict Tylor, Naren Chandavarkar
Kamera:  Saumyananda Sahi, Runal Hattimattur
Besetzung: Abhay Deol, Rajshri Deshpande, Ashish Vidyarthi, Shilpa Shukla, Rajesh Tailang, Shardul Bhardwaj, Ratna Pathak Shah, Anupam Kher

Trailer

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Trial by Fire
fazit
„Trial by Fire“ ist eine indische Mini-Serie, und zeigt den langwierigen Gerechtigkeitskampf von Shekhar und Neelam Krishnamoorthys, die ihre Kinder bei einem Feuer, bei dem 59 Menschen gestorben sind, verloren haben. Die Serie entwickelt dabei verschiedene Perspektiven und portraitiert den Umgang mit Trauer und Schuld in einem kaputten System. Die einzelnen Episoden sind emotional mitreißend und für die Serie gibt es auch trotz ein paar Längen eine Empfehlung zum Schauen.
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