Tau
© Netflix

„Tau“, USA, 2018
Regie: Federico D’Alessandro; Drehbuch: Noga Landau; Musik: Bear McCreary
Darsteller: Maika Monroe, Ed Skrein

Tau
„Tau“ ist seit 29. Juni 2018 auf Netflix verfügbar

Und was jetzt? Wirklich verstanden hat Julia (Maika Monroe) nicht, was sie hier soll. Alex (Ed Skrein) hat sie entführt und in ein Haus gesperrt. Aber nicht irgendein Haus: Es ist intelligent, angetrieben von einer Künstlichen Intelligenz namens Tau, die über alles bestimmt, was hier geschieht und auch die Drohnen steuert. Ganz ausgereift ist die Technik aber wohl noch nicht, weshalb Julia und andere Entführungsopfer Aufgaben zu lösen haben. Deren Erkenntnisse wiederum nutzen Tau, sich fortwährend weiterzuentwickeln. Den willkürlichen Anweisungen des skrupellosen Forschers ausgeliefert fasst die junge Frau den Entschluss, sich dem Ganzen nicht zu fügen, nicht ohne Kampf zumindest. Aber wie soll sie entkommen, wenn das Haus seinen eigenen Willen hat?

Maika Monroe ist es inzwischen ja gewohnt, vor Gefahren wegzulaufen. Bekannter wurde sie einem Horrorpublikum schließlich durch The Guest und vor allem It Follows, in denen mal irdische, dann wieder fantastische Aggressoren hinter ihr her sind. Mit dem Science-Fiction-Genre ist sie ebenfalls gut vertraut, auch wenn Filme wie Die 5. Welle oder Independence Day: Wiederkehr nun nicht unbedingt die besten Referenzen für weitere Engagements sind. Und das gilt leider auch für Tau, in dem die US-Amerikanerin erneut in einer futuristischen Welt ihre Haut retten muss.

Viele Rätsel, keine Lust
So richtig viel bekommt man von dieser Welt jedoch nicht mit. Ein paar Augenblicke, die letzten Momente der Freiheit von Julia, müssen ausreichen, um uns zu zeigen, was da in Zukunft auf uns wartet. Das ist nicht viel. Im Grunde spielt es aber auch keine Rolle, da sich Tau ja ohnehin auf die Geschehnisse im Haus konzentrieren möchte. Auf die Versuche von Julia, dem Gefängnis wieder zu entkommen. Für jemanden, der seinen Lebensunterhalt als Taschendiebin verdient, sollte das ja zu machen sein Wo der Zusammenhang da besteht? Das verrät der Film nicht. Wie so vieles.

Die Experimente, von denen ständig die Rede ist, werden beispielsweise nicht weiter ausgeführt. Vage spricht Alex davon, dass sie wohl zur Weiterentwicklung der Künstlichen Intelligenz dienen. Das war es dann aber auch schon, Tau versucht nicht einmal, dem Szenario etwas Fundament zu verleihen. Man nehme das übliche Szenario, dass Protagonisten von Mr. X entführt wurden und in einem mit Fallen und Aufgaben vollgestopftem Raum aufwachen, und mische das Ganze mit etwas technologischem Mumbo Jumbo durch – fertig ist der vermeintlich zeitgemäße Thriller.

Die Zukunft der Nichtspannung
Nicht, dass das Szenario unbedingt viel Hintergrund braucht. Saw und Cube haben seinerzeit vorgemacht, dass das Lösen potenziell tödlicher Rätsel ausreicht, um einen ganzen Film zu füllen, selbst ohne Geschichte. Tau will daraus jedoch irgendwie mehr machen und scheitert im Anschluss völlig an den eigenen Ansprüchen. Die Mischung aus einem herkömmlichen Survivalthriller und dem Ausflug in die Welt der künstlichen Intelligenz führt dazu, dass weder das eine noch das andere nennenswerte Ergebnisse mit sich bringt. Die ohnehin nicht sehr zahlreichen Actionszenen lassen jegliche Spannung vermissen. Dem Netflix-Film fehlt auch das Klaustrophobische, was einen derartigen Kammerspielthriller auszeichnen sollte. Da können anfangs noch so viele Leidensgenossen geopfert werden, ein Gefühl von Dringlichkeit und Gefahr will sich partout nicht einstellen.

Das größere Problem des Thrillers ist aber nicht die Langeweile. Langweilige Thriller gibt es zuhauf, futuristische Welten müssen ebenfalls nicht zwangsweise aufregend ausfallen. Ärgerlich jedoch sind die fürchterlichen Dialoge und die ungelenken Versuche, Julia und die große künstliche Intelligenz zu einem Austausch zu bewegen. Überlegungen, inwieweit eine künstliche Intelligenz eine Lebensform sein kann, die hat es in der Geschichte des Science-Fiction immer wieder gegeben. Die Grenzüberschreitungen von Mensch und Maschine haben uns von Blade Runner über Ghost in the Shell bis zu Ex Machina viele große Werke beschert. Tau wäre das auch gern, wenn Julia und ihr häuslicher Gefängniswerter über Gott und die Welt philosophieren. Dabei treffen sie sich jedoch auf derart abgegrasten Allgemeinplätzen, dass der einzige Erkenntnisgewinn für die Zuschauer darin besteht, gerade anderthalb Stunden seines Lebens verschwendet zu haben. Immerhin, der Film sieht einigermaßen schick aus mit den sehr betonten Rottönen. Und irgendwo inmitten dieser Eintönigkeit haben sich bestimmt auch noble Absichten versteckt. Warum man sich den Thriller anschauen sollte, das ist angesichts der brillanten Konkurrenz jedoch ein Rätsel, das viel schwieriger zu knacken ist als die, welche im Haus Gefangene und Zuschauer quälen.



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„Tau“ beginnt wie so viele Horrorfilme und Thriller mit Protagonisten, die in einem fremden Raum aufwachen und potenziell tödliche Aufgaben lösen müssen. Der Film schafft es jedoch nicht, aus der Materie wirkliche Spannung zu erzeugen, was auch an der Kombination mit den philosophischen Elementen liegt: Wenn hier ein Mensch und eine künstliche Intelligenz über Gott und die Welt philosophieren, bleibt das derart allgemein und schwammig, dass das Ergebnis trotz löblicher Absichten in erster Linie langweilt.
4
von 10