Physical 100 Netflix
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Physical: 100 – Staffel 1

Physical 100 Netflix
„Physical: 100“ // Deutschland-Start: 24. Januar 2023 (Netflix)

Inhalt / Kritik

Nach Run for the Money importiert Netflix nun die nächste Realityshow aus Fernost. Während der japanische Beitrag auf 29 Teilnehmer und 200 Minuten limitiert war, stehen sich im südkoreanischen Physical: 100 die im Titel bereits vorweggenommene Anzahl an Kandidaten gegenüber. Gezeigt wird das Ganze auch nicht in Echtzeit – dafür würden die neun etwa einstündigen Folgen gar nicht ausreichen. Anfangs hatte die Streamingplattform nur die ersten beiden Episoden zur Verfügung gestellt. Die Folgen drei und vier erschienen am 31. Januar, während jeden Dienstag zwei weitere Episoden veröffentlicht wurden, bis das Finale schließlich am 21. Februar abrufbar war. Als Preisgeld winken 300 Millionen Won – umgerechnet rund 224.000 Euro.

100 Teilnehmende sollt ihr sein

Ob es so klug war, vorerst nur eine limitierte Folgenzahl bereitzustellen, ist angesichts der ersten Episode fraglich. Oder genauer: Es ist fraglich, ob die erste Folge so ein guter Einstieg in die Serie war. Einhundert Teilnehmer sind natürlich nicht gerade wenig. Die Kandidaten hier sind in gewisser Hinsicht wie in der vorgenannten Show ebenfalls Celebrities, zumindest teilweise. Gemeinsam haben alle einen wie auch immer gearteten sportlichen Hintergrund. Da gibt es einen Feuerwehrmann, einige Ringer (auch Ssireum-Ringer, Vertreter einer nur in Südkorea existierenden, alten Sonderform), einen MMA-Kämpfer, der bei ONE Championship unter Vertrag steht, eine Fitness-YouTuberin und … wie sich jeder denken kann, würde es zu lange dauern, sie hier alle einzeln aufzuzählen. Nun, jeder außer die Macher der Show wohl. Über die Hälfte der Laufzeit wird dazu verwendet, sie anödend langsam vorzustellen. Einer nach dem anderen betritt einen größeren Raum, in dem einhundert aus Stein gemeißelte Torsi stehen, von denen jeder einem der Teilnehmer nachempfunden ist.

Das birgt ein hohes Risiko für vorzeitiges Abschalten. Es passiert einfach viel zu wenig. Wer sich eine Show über körperliche Herausforderungen zum Anschauen aussucht, wird sich wohl kaum für dieses ganze Einführungsgedöns interessieren. Da wäre es besser gewesen, die Vorstellung auf maximal zehn Minuten zu begrenzen, und dafür den Zuschauer en passant im weiteren Verlauf dann mit mehr und mehr Teilnehmern bekannt zu machen. Selbst dann ist aber direkt die erste Challenge auch nicht ideal gewählt. Während sich der so genannte dead hang bei täglicher Ausübung positiv auf die Griffkraft auswirken kann und der Wirbelsäule eine wohltuende und beschwerdenvorbeugende Dekompression erlaubt, ist es nun einmal nicht die spannendste aller Tätigkeiten, einem Haufen Leute dabei zuzusehen, wie sie wortwörtlich in der Gegend herumhängen. Sobald die meisten Teilnehmer in das sich unter ihnen befindliche Wasserbecken gefallen sind, wird es dann immerhin doch ein wenig interessanter und übersichtlicher, wenn eine Handvoll Kandidaten darum kämpft, am längsten durchzuhalten.

Erst später geht es los

So richtig geht die Serie aber in der zweiten Episode los. Wer hauptsächlich sehen möchte, wie sportliche Menschen die Fähigkeiten ihres Körpers in ungewöhnlichen Herausforderungen testen, sollte die erste Folge wohl einfach überspringen und direkt hier anfangen. Ein wenig wirkt es, als solle an Action und Spannung wettgemacht werden, was bisher vernachlässigt wurde. Es bleibt zu hoffen, dass die weiteren Episoden ebenfalls diesen Elan aufweisen. Der größte Nachteil eines späteren Einstiegs ist lediglich, die Kandidaten dann nicht zu kennen. Wer sich lieber Favoriten anlacht, kann natürlich gerne wie von den Machern vorgesehen vorgehen. Andererseits wird sich wohl sowieso niemand alle einhundert Kandidaten merken können, und eine Stunde mehr Lebenszeit für sinnvollere Dinge ist ja nun auch nicht zu verachten.

Wer es gewohnt ist, sich regelmäßig die mehrstündigen Fightcards der UFC anschaut, der wird an der dritten Folge wohl nicht viel auszusetzen haben. Eine Stunde lang kämpfen hier jeweils zwei Teilnehmer gegeneinander, allerdings gibt es dabei keine Knockouts oder Aufgaben – Schläge und Tritte scheinen sowieso nicht erlaubt zu sein, die Ringerei scheint hier das Mittel der Wahl zu sein, wobei Slams ebenfalls legal zu sein scheinen. Gewonnen hat, wer am Ende des Zeitlimits eine Art Medizinball in seinem Besitz behalten hat. Wer jedoch nicht sonderlich fightaffin ist, der mag sich auf Dauer etwas langweilen. Ein wenig Variation gibt es, so wird das Schlammfeld aus der vorherigen Folge bald mit einer Art Geräteturnenspielplatz alterniert, in dem es kein Wasserbecken mehr gibt. Die Strategie der Kämpfer ändert sich jedoch nicht mehr groß, nachdem die ersten anfingen, den Ball außer Reichweite des Gegners zu bringen, um ihn dann davon fernzuhalten bis es Zeit war, ihn selbst aufzuheben. Unterbrochen wird das Ganze immer wieder von den als talking head positionierten Kandidaten, die ihre Eindrücke zum vorherigen Kampf mitteilen.

Den Höhepunkt hebt sich die Folge fürs Ende auf. Der Kampf zwischen zwei MMA-Fightern bilder sozusagen das Main Event der Fightcard. Die beiden einigen sich darauf, unter MMA-Regeln zu kämpfen – nun ist also deutlich mehr erlaubt, was auch eher im Sinne der Show ist. Schließich geht es darum, den besten Körper zu ermitteln. Je weniger Restriktionen es gibt, desto veritabler ist das Ergebnis. Mixed Martial Arts sind nach unserem derzeitigen Wissensstand mit Abstand die effektivste unbewaffnete Art, sich im Zweikampf zu messen. Da die beiden Schuhe, jedoch keine Handschuhe tragen (beides strenggenommen nicht regelkonform), werden dennoch kaum Schläge ausgeführt. Die Hand an sich ist kein Schlagwerkzeug, erst ein entsprechender Handschuh rechtfertigt das (nun verminderte) Verletzungsrisiko bei der unnatürlichen Tätigkeit. Der Kampf ist super, wird aber schon kurz nach seinem Start abgebrochen und in der vierten Episode fortgesetzt. Physical: 100 hat ein gravierendes Pacingproblem. Eine Stunde im Prinzip immer gleich ablaufender Auseinandersetzungen ist zu viel, da kann ein Highlight-Ende nicht mehr viel retten, insbesondere wenn vorzeitig abgeblendet wird. Die Folge hätte aber auch so schon gefühlt fünfzehn Minuten kürzer sein können, wenn nicht andauernd eine Szene von einigen Sekunden direkt wiederholt werden würde. Das geschieht zwar meistens aus einem anderen Kamerawinkel heraus, es ist aber dennoch überflüssig und mit der Zeit enervierend.

Nach den Kämpfen hat sich die Anzahl der Teilnehmer halbiert. Die verbleibenden Kandidaten begeben sich in eine Art überdimensioniertes Homegym mit einer riesigen Auswahl an Proteinpulverpackungen. Danach werden langwierig zwei Teams gebildet, die dann gegeneinander antreten. Allgemein sind die weiteren Folgen ein einziges Auf und Ab. Es gibt immer wieder interessante Stellen, in denen die Körper beweisen können, wozu sie in der Lage sind; dann wieder gibt es Füllerszenen, aus denen jedes Tempo genommen wurde. Wer allerdings lange genug durchhält, wird belohnt. Die siebte und achte Folge sind weitaus besser als alles Bisherige. So hätte eigentlich die gesamte Show sein sollen. Was Reality-TV angeht, sind diese zwei Episoden mit das Beste aus den letzten Jahren.

Credits

OT: „Physical: 100“
Land: Südkorea
Jahr: 2023

Bilder

Trailer

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Physical: 100 – Staffel 1
fazit
In „Physical: 100“ treten einhundert Kandidaten gegeneinander an, um die Fähigkeiten ihrer sportlich-trainierten Körper zu testen und im Idealfall einen Geldgewinn mit nach Hause zu nehmen. Das geht in der ersten Folge so träge zu, wie es ab der zweiten rasant wird, weshalb Fitnessbegeisterte gerne direkt mit dieser anfangen können. Allerdings gibt es im weiteren Verlauf immer wieder Pacingprobleme, bis die letzten Folgen dann beinahe wunschlos glücklich machen.
Leserwertung167 Bewertungen
5.5