Mrs Playmen

Adelina Tattilo (Carolina Crescentini) steht vor dem Nichts, als sich ihr Ehemann Saro Balsamo (Francesco Colella) aus dem Staub macht. Nicht nur, dass sie sich jetzt allein um ihre Kinder kümmern muss. Sie muss sich zudem mit dem kriselnden Unternehmen befassen und nach einem Weg suchen, dieses irgendwie zu retten. Ganz einfach ist das nicht, schließlich ist das vom US-amerikanischen Magazin „Playboy“ inspirierte „Playmen“ in Italien kontrovers. Die Gesellschaft ist Anfang der 1970er noch sehr konservativ, der freie Umgang mit Sexualität ist verpönt. Immer wieder muss Tattilo daher schwierige Entscheidungen treffen, auch zum Umgang mit den Frauen, deren nackten Körper sie zur Schau stellen …

Eine Frau in einer Männerwelt

Bei Netflix werden immer wieder reale Geschichten für das Publikum aufbereitet. Vor allem im dokumentarischen Segment ist da viel zu finden. Aber auch fiktionalisierte Titel gibt es nicht wenige. Da war kürzlich etwa Lefter: Die Geschichte der Fußballlegende Ordinarius über die Lebensgeschichte des türkischen Fußballspielers. Death by Lightning erinnerte an den US-Präsidenten James A. Garfield und dessen Attentäter Charles J. Guiteau. Heweliusz handelte von dem bis heute nicht vollständig geklärten Schiffsunglück, bei dem 1993 auf tragische Weise 50 Menschen getötet sind. Weniger düster, aber auf eine eigene Weise sehenswert ist die italienische Serie Mrs Playmen, die mehr über das 1967 gegründete Erotikmagazin verrät.

Der Titel nimmt dabei schon eine Besonderheit vorweg: Dieses Magazin wurde über lange Zeit von einer Frau geleitet. Das ist in dem Fall gleich in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Zum einen ist natürlich die Verlagsbranche eine, die seinerzeit noch fest in Männerhand war. Filme über Pionierinnen, die sich in einer Männerwelt unternehmerisch durchsetzen, hat es dabei immer wieder gegeben. Aenne Burda – Die Wirtschaftswunderfrau bietet sich als Vergleich an, auch dort ging es um eine Verlegerin. Doch Mode ist etwas anderes als Erotik. In Mrs Playmen geht es nicht darum, Frauen zu einem selbstbestimmten Auftritt zu verhelfen. In dem Magazin werden sie nackt gezeigt, teilweise sogar gegen ihren Willen. Ein Beispiel für Feminismus ist das dann weniger. Dieser Widerspruch wird auch tatsächlich thematisiert. Ist es schlimmer, wenn eine Frau für diesen Voyeurismus verantwortlich ist als ein Mann?

Grau und bunt zugleich

Überhaupt spielen immer wieder moralische Überlegungen und gesellschaftliche Debatten eine Rolle. Man verzichtete aber darauf, selbst allzu moralisierend aufzutreten. Zwar gibt es hier eindeutige Antagonisten, etwa beim Thema Vergewaltigung oder auch bigotte Politiker und Staatsanwälte, sie sich selbst in Szene setzen. Auch der Ehemann der Protagonistin gibt einem wenig Anlass, für ihn Position ergreifen zu wollen. Insgesamt gefällt Mrs Playmen aber gerade durch eine gewisse Ambivalenz, wenn man bei vielen nicht wirklich sagen kann, ob man nun für oder gegen sie sein sollte. Die Serie arbeitet ausgiebig mit Grautönen – und ist zugleich visuell sehr bunt, wenn sie uns auf eine Reise in die 1970er mitnimmt.

Während es bei der Ausstattung einiges zu sehen gibt, ist die Serie im Hinblick auf die sexuelle Darstellung weniger explizit. Da war beispielsweise Supersex, eine Netflix-Serie über einen Pornodarsteller, doch sehr viel freizügiger. Aber es geht in Mrs Playmen eben auch nur bedingt um den Sex an sich als vielmehr das Geschäft mit demselben. Auch das ist spannend, wenn sich die Protagonistin und die anderen immer wieder etwas Neues einfallen lassen müssen, um wirtschaftlich über die Runden zu kommen oder auch der Justiz auf der Nase herumzutanzen. Manches ist so dreist, dass durchaus hin und wieder humorvolle Passagen dabei sind – die dann in einem starken Kontrast zu den Abgründen stehen. Das ist alles insgesamt sehenswert, gerade für ein Publikum, das sich für Zeitporträts interessiert und eine Mischung aus menschlichen und gesellschaftlichen Themen.