Dr. Seuss: Die Schnipfen

Auf den ersten Blick sind die beiden Schnipfen-Arten kaum voneinander zu unterscheiden. Erst ein zweiter Blick zeigt, was sie trennt: Die einen tragen einen Stern auf dem Bauch, die anderen einen Mond. Das ist nicht viel und doch wichtig genug, damit die beiden Arten irgendwann entscheiden, getrennte Wege zu gehen. Man sei einfach zu verschieden, um weiterhin zusammenleben zu können. Doch dann begegnet eines Tages Stella von den Stern-Schnipfen Pearl von den Mond-Schnipfen und die beiden stellen fest, wie viel schöner das Leben zusammen doch ist …

Plädoyer für Offenheit

Hierzulande bringt man Dr. Seuss sicherlich primär mit Der Grinch in Verbindung, also der Geschichte um einen grünen Einzelgänger, der anderen ihr Weihnachtsfest nicht gönnt. Dabei hat der US-amerikanische Autor mit dem bürgerlichen Namen Theodor Seuss Geisel eine Reihe weiterer Kinderbücher verfasst. Aktuell scheint Netflix sehr daran gelegen zu sein, auch diese einem internationalen Publikum vertraut zu macht, und veröffentlicht deshalb gleich mehrere Animationswerke, die auf den Werken des Autors basieren. Den Auftakt machte die Serie Dr. Seuss: Rotfisch, Blaufisch, die sich spielerisch mit Gegensätzen auseinandersetzt. Danach folgte die Serie Dr. Seuss: Horten um den gleichnamigen gutmütigen Elefanten. Mit Dr. Seuss: Die Schnipfen folgt nun bereits die dritte Produktion.

Diese ist deutlich kürzer als die obigen Kolleginnen, gerade einmal 45 Minuten lang ist der Film, und basiert auf der 1961 veröffentlichten Kurgeschichtensammlung Die Schnipfen und andere Geschichten. Das Thema ist mehr als sechs Jahrzehnte später nicht weniger aktuell. Es geht bei dem Film um Vorurteile, die weitergegeben werden, ohne dabei hinterfragt zu werden. So stellen wir bald fest, dass die Schnipfen-Arten nichts mit den anderen zu tun haben wollen, diese aber nie getroffen haben. Man kann Dr. Seuss: Die Schnipfen also auch als Plädoyer auffassen, Fremden gegenüber offen zu sein. Nur sind die beiden Arten sich so ähnlich, dass man sie eh kaum auseinanderhalten kann. Das funktioniert dann nicht ganz so gut, auch wenn man das so interpretieren kann, dass die Unterschiede zwischen den Menschen – etwa Hautfarbe oder Augenform – so marginal sind, dass sie keine Rolle spielen.

Sympathisch und simpel

Dr. Seuss: Die Schnipfen ist dabei aber auch eine Liebeserklärung an die Freundschaft. So besteht ein Großteil des Films darin, wie die beiden Hauptfiguren einfach nur Zeit miteinander verbringen und dabei viel Spaß haben. Große Abenteuer braucht man dabei nicht zu erwarten, es gibt keine wirklichen Gefahren, die überwunden werden müssen. Das Werk besteht vielmehr aus herzerwärmenden kleinen Momenten. Die Zielgruppe ist dabei natürlich sehr jung angelegt, man will mit der Geschichte, aber auch den Liedern und den Reimen Kinder ansprechen. Aber auch Erwachsene dürfen sich von dem Charme dieser knuddeligen Wesen angesprochen fühlen, sich selbst wieder wie Kinder fühlen, die gerade die Freude am Entdecken der Welt finden.

Dazu passt dann auch die Optik. Man darf hier ebenfalls nicht zu viel erwarten, das ist alles ziemlich schlicht gehalten. Die Spezialeffekte sind überschaubar, die Figuren wie gesagt nicht sehr variantenreich. Auch bei den Details wurde gespart. Dafür gibt es angenehme, freundliche Farben, die zu der entsprechenden Atmosphäre beitragen. Ob Dr. Seuss: Die Schnipfen jetzt dazu geeignet ist, neue Fans für den Autor zu gewinnen und den Namen bei heutigen Generationen zu etablieren, darüber darf man geteilter Ansicht sein. Für sich genommen ist das hier aber ein nettes Werk, mit dem man nicht nur Kinder etwas glücklicher machen kann.