My Melody & Kuromi – Staffel 1

Als My Melody in Mariland ihren Kuchenladen eröffnet, hat sie einen Traum: Sie möchte ein Lächeln auf die Gesichter aller zaubern! Damit ist sie auch erfolgreich, gemeinsam mit der Maus Flat und dem Schäfchen Piano-Chan kreiert sie die schönsten Leckereien. Kuromi ist mit ihrem Süßigkeitenladen sehr viel weniger erfolgreicher. Immer wieder schaut sie neidisch zu ihrer gutherzigen Konkurrentin, der es so leicht gelingt, andere für sich einzunehmen. Dabei ahnt sie nicht, dass auch My Melody ihre Zweifel hat. Als diese im Wald ein mysteriöses Herz findet, welches ihre Kuchen und Törtchen unwiderstehlich macht, nutzt sie diese Fähigkeit ausgiebig. Gleichzeitig versucht Kuromi, hinter das Erfolgsrezept ihrer Konkurrentin zu kommen und bekommt dabei unerwartete Hilfe …

Happy Birthday!

Als Stop-Motion-Fan darf man Netflix schon manchmal dankbar sein. Immer wieder finanziert der Streamingdienst Filme und Serien, die es sonst so wohl nicht gegeben hätte. Die bekanntesten Beispiele sind sicherlich das mit einem Oscar ausgezeichnete Guillermo Del Toros Pinocchio, eine düstere Neuinterpretation des zeitlosen Kinderbuchs, sowie Wallace & Gromit: Vergeltung mit Flügeln, das lang erwartete Comeback der beiden Knetmasse-Kultfiguren. Aber auch das entspannende Resort von Die Pokémon-Concierge sowie das wunderbare Rilakkuma und Kaoru sind mehr als nur einen Blick wert. Wer die letzten beiden Serien mochte, sollte auf jeden Fall My Melody & Kuromi anschauen. Auch hierbei handelt es sich um eine japanische Stop-Motion-Serie, die sich an ein jüngeres Publikum richtet.

Vorlage hierfür lieferten zwei beliebte Figuren des auf niedliche Charaktere spezialisierten Unternehmens Sanrio, dem wir unter anderem Hello Kitty verdanken. Die beiden Häschen mögen international nicht ganz auf dem Level der Katze sein, was den Bekanntheitsgrad angeht. Aber auch sie haben ihre Fans – und das seit vielen, vielen Jahren. Tatsächlich handelt es sich bei My Melody & Kuromi um eine Art Jubiläumsshow, die den 50. Geburtstag von My Melody bzw. den 20. Geburtstag von Kuromi feiert. Letztere wurde seinerzeit in einem Anime als Rivalin eingeführt. Auch in der neuen Serie konkurrieren die beiden miteinander, wobei das Verhältnis komplexer ist. Während My Melody Kuromi durchaus wohlgesonnen ist, ist Letztere durch ihren Neid charakterisiert – sowie ihr hitziges Gemüt. Große Unterschiede also, die sich auch in der Farbgebung widerspiegeln: pinke Kleidung die eine, schwarz die andere.

Fantasie- und liebevoll

Das klingt alles erst einmal ein bisschen eintönig nach dem typischen Gut-Böse-Schema. Und doch ist My Melody & Kuromi überraschend komplex und einfallsreich. Zunächst meint man noch, dass sich die Geschichte allein um diese Konkurrenz dreht. Mit der Zeit bekommen die Figuren aber mehr Tiefe. So wird bei My Melody die Unsicherheit sichtbar, zudem verheimlicht sie das Herz vor ihren Freunden, was sich später rächen wird. Das bietet ebenso Identifikationsfläche wie die Sehnsucht von Kuromi, von anderen gemocht zu werden. Hinzu kommt ein schwieriges Vater-Sohn-Verhältnis, auch hier ist der Wunsch nach Anerkennung groß. Und dann wäre da noch das Thema Gier, welches die Serie ausführlich bespricht und so der jungen Zielgruppe vor Augen führt, mit welchen Gefahren das alles verbunden ist. Dabei wird auf den erhobenen Zeigefinger verzichtet, man setzt hier eher auf die Erkenntnis der Figuren und damit des Publikums.

Klar ist das alles ein wenig einfacher gestaltet. Die zwölf aufeinander aufbauenden Folgen sind zudem sehr kurz, im Schnitt gerade mal 13 Minuten. Aber auch ein erwachsenes Publikum findet gute Gründe, warum man sich einmal anschauen kann. Da ist zum einen die liebevoll gestaltete Optik, bei der es dem Toruku Studio gelingt, den Charme von handgemachter Stop-Motion mit modernen Effekten zu verbinden. Zum anderen wird es mit der Zeit auf eine überraschende Weise verrückt. Immer wieder zeigt Shuko Nemoto im Drehbuch Einfallsreichtum, ob es nun eine absurde Verfolgungsjagd ist, eine geradezu unheimliche Besessenheit oder plötzliche Transformationen. Durfte man im Vorfeld noch erwarten, dass My Melody & Kuromi ein typisches Lizenzprodukt ist, mit dem man ohne viel Aufwand Kasse machen wollte, stellt sich die Serie als kreativer Höhepunkt heraus. Tatsächlich ist das Ergebnis so gut, dass es schade wäre, wenn nach der Jubiläumsveranstaltung nicht noch weitere Titel produziert werden.