Left Handed Girl Netflix Streamen online Video on Demand
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Left-Handed Girl

Left Handed Girl Netflix Streamen online Video on Demand
„Left Handed Girl“ // Deutschland-Start: 28. November 2025 (Netflix)

Inhalt / Kritik

Mit einem Nudelstand auf dem geschäftigen Nachtmarkt in Taipeh erhofft sich die alleinerziehende Mutter Shu-Fen (Janel Tsai) den Schritt in ein neues Leben. Gemeinsam mit ihren beiden Töchtern I-Ann (Shih-Yuan Ma) und I-Jing (Nina Ye) zieht sie in ein kleines Apartment in der Nähe des Marktes. Als sie die Nachricht erhält, dass ihr Ex-Mann im Krankenhaus liegt und vermutlich nicht mehr lange leben wird, führt dies zu einem ersten Konflikt in der Familie. Da I-Ann nicht verstehen kann, warum ihre Mutter sich für einen Mann verantwortlich fühlt, der ihr nur einen Haufen Schulden hinterlassen hat, distanziert sie sich emotional von ihr. Während Shu-Fen beschließt, auch die Kosten für die bevorstehende Beerdigung ihres Ex-Mannes zu tragen, verbringt I-Ann immer mehr Zeit bei ihrer Arbeit in einem kleinen Kiosk, wo sie sich mit dem Verkauf von Betelnüssen etwas dazuverdient.

Unterdessen hat I-Jing ein ganz anderes Problem. Nachdem sie von ihrem Großvater gehört hat, dass sie niemals ihre linke Hand benutzen dürfe, da diese böse und das Werkzeug des Teufels sei, ist das Mädchen tief verstört. Als dann auch noch ein Unglück in der neuen Wohnung geschieht, gibt sich die Linkshänderin selbst die Schuld dafür und wünscht sich nichts sehnlicher, als die „Teufelshand“ endlich loszuwerden. Schließlich verschärft sich die finanzielle Situation der Familie so sehr, dass sie zu Handlungen aus Verzweiflung gezwungen wird.

Zwischen Liebe und Kontrolle

Lange bevor Shih-Ching Tsou gemeinsam mit Filmemacher Sean Baker als Produzentin für dessen Filme The Florida Project, Tangerine L.A. und Red Rocket arbeitete, hatte sie die Idee für Left-Handed Girl. Für die Geschichte griff sie auf Erzählungen von Freunden und Verwandten sowie auf ihre eigene Biografie zurück, um zu zeigen, wie sowohl Traditionen als auch Gefühle wie Schuld oder Angst vor allem junge Menschen prägen. Der Film, der als offizieller taiwanesischer Oscarbeitrag in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ ins Rennen geht, zeigt gleich drei Generationen, die auf sehr unterschiedliche Weise mit diesen beiden Gefühlen und den daraus entstehenden Konflikten umgehen. Spannend ist zudem das Bild der Stadt – nicht nur als sozialer Raum, sondern als Spiegel verschiedener wirtschaftlicher, politischer und gesellschaftlicher Prozesse, was an die Filme Edward Yangs (Yi Yi) erinnert.

Während Yang die Distanz nutzt, verwendet Tsou Intimität und das Unmittelbare als Stilmittel für ihre Geschichte. Schon in ihrem Film Take Out, den sie gemeinsam mit Sean Baker inszenierte, griff sie auf eine ähnliche Ästhetik zurück, die zeigte, wie unterschiedliche individuelle und globale Prozesse auf das Individuum einwirken. Die Charaktere in Left-Handed Girl stehen mit beiden Beinen im Leben, haben Rechnungen zu zahlen, arbeiten oder gehen zur Schule und müssen daneben noch diverse Hürden nehmen, wie beispielsweise die Versuchungen einer Großstadt. Diese Menschen kommen nie zur Ruhe und sind scheinbar immer auf dem Sprung, wobei Tsou zwischen der Perspektive der Erwachsenen und der Kinder unterscheidet.

I-Jing ist noch dabei, die Welt zu entdecken, nähert sich gewissen Dingen recht unbedarft und naiv, während ihre Mutter und ihre ältere Schwester bereits eine gewisse Abgeklärtheit an den Tag legen. Sie sind verwickelt in ein Netz eigener Sehnsüchte, teils emotional geprägter Verpflichtungen und erfahrener Enttäuschungen. Sie navigieren durch die Großstadt, sodass alles um sie herum quasi ausgeblendet wird, während sich der Blick in den Episoden, in denen wir I-Jing begleiten, etwas weitet. Shih-Ching Tsou erzählt die Geschichte einer Identitätssuche zwischen Liebe und Kontrolle, wie sie es in Interviews beschreibt, wohingegen I-Ann und Shu-Fen mitten im Konflikt von Pflicht, Neigung und (zugeschriebener) Schuld stehen.

Die verworrenen Wege Taipehs

Zu dieser Ästhetik gehört auch ein entsprechend authentisches Bild von Urbanität. Tsou drehte Left-Handed Girl teils auf dem Nachtmarkt Taipehs, ohne diesen ihr sehr vertrauten Ort zu idealisieren oder gar zu romantisieren. Sieht man zu Beginn noch die verheißungsvolle Skyline Taipehs, so verengt sich der Blick bald wieder, wenn wir uns dem Nachtmarkt, dem Kiosk und den Wohnungen zuwenden, die den Bewegungsradius des Lebens dieser drei Figuren beschreiben. Die Stadt ist kein undurchschaubares Labyrinth wie in den Filmen Wong Kar-Wais, sondern vielmehr eine Ansammlung ewig gleicher Wege, die die Existenz eines Menschen definieren. Einzig I-Jing weicht von diesem Weg ab, da sie – wie bereits erwähnt – noch entdeckt und diese Wege für sich finden muss. Als beispielsweise ihre Schwester diese Wege verlässt und einen anderen sozialen Raum betritt, hat dies Rückschläge und Enttäuschungen zur Folge, etwa in der Episode, in der sie der Einladung einer ehemaligen Schulkameradin folgt und mit deren Kommilitonen eine Party feiert. Als Schulabbrecherin wird sie mit Vorbehalten konfrontiert, die man als Zuschauer kommen sieht (auch wenn man es der jungen Frau natürlich nicht wünscht).

Den Konflikt zwischen Tradition und Moderne zeigt Tsou als einen Komplex, der stets neue Schuldgefühle provoziert. Als I-Ann ihren Großvater wegen seiner überholten Redensarten gegen Linkshänder zur Rede stellt, begreift man die Ironie, wenn die Gegenwart als progressiver angesehen wird. Nach wie vor prägen Erwartungen und soziale Klasse die Identität eines Menschen und werden bisweilen sogar zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung. Tsou deutet dies an manchen Stellen nur an, geht an anderen jedoch einen Schritt weiter.

Credits

OT: „Left Handed Girl“
Land: Taiwan, USA, UK, Frankreich
Jahr: 2025
Regie: Shih-Ching Tsou
Drehbuch: Shih-Ching Tsou, Sean Baker
Musik: Matthew Hearon-Smith
Kamera: Ko-Chin Chen, Tzu-Hao Kao
Besetzung: Janel Tsai, Shih-Yuan Ma, Nina Ye, Teng-Hui Huang, Akio Chen, Xin-Yan Chao, Teng-Hung Hsia

Bilder

Trailer

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Left-Handed Girl
fazit
„Left-Handed Girl“ ist ein Familiendrama über eine Identitätssuche zwischen Tradition, Schuld und dem Wunsch nach Unabhängigkeit. Shih-Ching Tsous erzählerischer und ästhetischer Ansatz ist nahe an dem Sean Bakers, ohne diesen jedoch vollends zu reproduzieren. Bisweilen überfrachtet sie die einzelnen Episoden und wirkt dadurch etwas unfokussiert, doch die schauspielerischen Leistungen retten den sehr intimen Ansatz der Geschichte immer wieder.
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