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Train Dreams

„Train Dreams“ // Deutschland-Start: 6. November 2025 (KIno) // 21. November 2025 (Netflix)

Inhalt / Kritik

Nordamerika, Anfang des 20. Jahrhunderts. Robert Grainier wächst als Waise auf und schlägt sich im erwachsenen Alter (Joel Edgerton) als Holzfäller und Eisenbahnbauarbeiter in den nordwestlichen Wäldern Amerikas durch. Dort lernt er Gladys (Felicity Jones), eine Frau aus Wales, kennen und lieben. Gemeinsam bauen sie ein Haus an einem See fernab von jeglicher Zivilisation, heiraten und bekommen eine Tochter. Doch Robert muss als Wanderarbeiter öfters das Familienidyll verlassen. Als er von einer seiner Arbeitsaufträgen zurückkommt, sieht er, wie Rauchwolken über den Bäumen aufsteigen. Erreicht der Waldbrand das Haus seiner Familie?

Fortschrittsglaube vs. Naturverbundenheit

Zunächst beginnt die Verfilmung nach einer Novelle von Denis Johnson mit sehr idyllischen Naturaufnahmen. Die Kamera von Adolpho Veloso fängt in fantastischen Bildern die Ausmaße der nordamerikanischen Natur ein: riesige Redwoods, unendliche Weiten und eine scheinbar unberührte Flora und Fauna. Gleichzeitig sieht man bereits die Spuren der europäischen Siedler. Ein Paar Lederstiefel ist in die Rinde eines Baums eingewachsen. Im Voice-Over von Will Patton heißt es: “The old world is gone but you can still feel the echo.”

Die Bäume liefern den Rohstoff für die Ausbreitung der Vereinigten Staaten Richtung Pazifik. Daraus werden Schienen und Brücken für die frisch erfundene Eisbahn gebaut. Dafür braucht es eine Menge an Arbeitskräften, denen sich Robert anschließt. Er ist einerseits ein kleines Rädchen in diesem ökonomischen Aufschwung, andererseits sehnt er sich nach seiner Familie und nach einer Natur, die höchstens für die eigene Landwirtschaft gebraucht wird. Die Figur steht symbolisch für den Widerspruch der amerikanischen Identität: Fortschrittsglaube vs. Naturverbundenheit.

Ein Western ohne Western-Klischees

Damit könnte man den Film von Clint Bentley als Western par excellence betrachten. Ein westlich zivilisierter Mann trifft auf die wilde Natur, die er für sich nutzbar machen will, aber daran scheitert. Bentley verzichtet aber auf die typischen Konflikte und Klischees des Western-Genres. Stattdessen sieht man kurze und gleichzeitig vielsagende Beobachtungen, die bei der Landnahme passieren: Ein Mann wird beim Holzsägen von einem schweren Ast erschlagen, ein anderer von einem schwarzen Cowboy aus den Südstaaten erschossen und ein chinesischer Wanderarbeiter wiederum von Rassisten attackiert. Clint Bentley verweigert sich einer Idealisierung der Vergangenheit. Sein Blick auf die problematischen Seiten der Moderne ist sehr genau und kritisch und funktioniert dadurch sehr gut.

Was man wiederum von der Idealisierung der Natur und des Familienlebens nicht behaupten kann. Die Szenen mit Robert, Gladys und deren Tochter im Haus am See sind purer Naturkitsch, denn das Familienidyll wird sehr oberflächlich dargestellt. Sie schneiden zusammen Gemüse, kochen und fischen mit selbst geflochtenen Körben am See. Besonders die großartige Schauspielerin Felicity Jones kann sehr wenig von ihrem Können zeigen. Die Dialoge des Drehbuchs von Clint Bentley und Greg Kwedar unterfordern sie und definieren ihre Figur eindimensional als sich sorgende Ehefrau.

Mehr Fragen als Antworten

Nach der Hälfte des Films fokussiert sich der Film auf Robert. Dieser wird von Joel Edgerton sehr eindringlich verkörpert. Seine Figur ist still und drückt sich vor allem durch Mimik und Körpersprache aus. Man leidet mit den körperlichen Beschwerden des Holzfällers mit. Später spiegeln sich in seinem ausdrucksstarken Gesicht auch die seelischen Wunden. Leider werden die Bilder durch die sich ständig wiederholenden Geigen- und Klavierakkorde von Filmkomponisten Bryce Dessner unnötig sentimentalisiert und laufen der Ernsthaftigkeit der Handlung zuwider.

Der Film wird zunehmend philosophisch, ohne wirklich tiefgründig zu sein. Da fallen dann Kalendersprüche wie “More questions than answers” oder “Nothing is left to give”. Der ganze Film erinnert ein wenig an die kryptischen und elliptischen Filme von Terrence Malick, in denen Menschen durch die Natur irren und sich mit den Fragen des Lebens auseinandersetzen. Robert bleibt dagegen eine sehr blasse Figur, die einfach weiter macht, egal wie sich die Welt und die Industrie entwickelt. Immer wieder wird er von Albträumen heimgesucht, aber dann flüchtet er sich zur Selbstfindung in die Natur. Dabei ignoriert der Film, dass die “unberührte Natur” nur eine naive Vorstellung der importierten Romantik aus Europa ist und, dass der Eisenbahnbau mit dem Landraub an der indigenen Bevölkerung einherging.

Credits

OT: „Train Dreams“
Land: USA
Jahr: 2025
Regie: Clint Bentley
Drehbuch: Clint Bentley, Greg Kwedar
Vorlage: Denis Johnson
Musik: Bryce Dessner
Kamera: Adolpho Veloso
Besetzung: Joel Edgerton, Felicity Jones, Nathaniel Arcand, Alfred Hsing, Clifton Collins Jr., John Diehl, Paul Schneider, Kerry Condon, William H. Macy, Will Patton

Bilder

Trailer

Filmfeste

Sundance Film Festival 2025
Toronto International Film Festival 2025

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Train Dreams
fazit
Ein Mann reist Anfang des 20. Jahrhunderts in den Nordwesten der USA, um dort Holz zu fällen und das Eisenbahnnetz mit aufzubauen. In der Region lernt er eine Frau kennen und lieben. Der Film von Clint Bentley ist ein Western ohne die Genre typischen Konflikte. Er zeigt einerseits die industrielle Ausbreitung sehr genau und andererseits verkitscht er die Natur als unberührbaren Ort. Das Schauspiel von Joel Edgerton ist stark, wohingegen die Frauenfigur von Felicity Jones aufgrund des Drehbuchs eindimensional bleibt.
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