Untold: The Fall of Favre

Die Untold-Reihe auf Netflix begann als ambitioniertes Doku-Format, das bislang wenig beleuchtete oder in Vergessenheit geratene Geschichten aus der Welt des Sports ins Rampenlicht rücken wollte. Einige Folgen, vor allem die ersten wie Malice at the Palace oder Deal with the Devil wurden diesem Anspruch auch absolut gerecht. Doch gerade in der jüngeren Vergangenheit leidet die Reihe zunehmend unter einer auffallenden Tendenz zu halbgaren Recherchen und dem Aufwärmen bereits bekannter Informationen. Die neueste Episode, The Fall of Favre, passt sich diesem Abwärtstrend an, auch wenn es im Gegensatz zu The Liver King immerhin wieder eine Steigerung gibt.

Skandalträchtiger Sportler

Untold: The Fall of Favre beleuchtet den dramatischen Absturz des NFL-Superstars Brett Favre. Bekannt für seine beeindruckende Karriere als Quarterback der Green Bay Packers, wird Favres Vermächtnis durch persönliche Skandale überschattet.

Die Dokumentation konzentriert sich auf zwei Hauptkontroversen. Zum einen sind da die Vorwürfe sexueller Belästigung: Während seiner Zeit bei den New York Jets im Jahr 2008 soll Favre der damaligen Team-Moderatorin Jenn Sterger unangemessene Nachrichten und explizite Fotos geschickt haben. Sterger, die in der Dokumentation ausführlich zu Wort kommt, berichtet über die negativen Auswirkungen auf ihre Karriere und ihr persönliches Leben. Sie erfuhr von der NFL keine Unterstützung und verlor ihren Job, während Favre lediglich eine Geldstrafe für mangelnde Kooperation aufgebrummt wurde. Zum anderen ist da der Wohlfahrtsgelder-Skandal in Mississippi: Nach seiner aktiven Karriere wurde Favre beschuldigt, in einen Skandal verwickelt zu sein, bei dem Millionen von Dollar aus staatlichen Wohlfahrtsprogrammen zweckentfremdet wurden. Diese Mittel sollen unter anderem für den Bau einer Volleyballhalle an der Universität von Southern Mississippi verwendet worden sein, wo seine Tochter studierte. Obwohl Favre jegliches Fehlverhalten bestreitet und nicht strafrechtlich verfolgt wurde, verlor er zahlreiche Werbeverträge und sein öffentliches Ansehen litt erheblich.

Einseitiges Bild

Untold: The Fall of Favre bleibt als Dokumentation in ihrer Tiefe begrenzt. Sie konzentriert sich fast ausschließlich auf die beiden genannten Skandale und vernachlässigt andere Aspekte von Favres Leben und Karriere, die für ein vollständigeres Bild notwendig wären. Zudem wird Favres eigene Stimme nicht gehört, wenn auch zugegebenermaßen aufgrund seiner Weigerung, sich für die Dokumentation zu äußern. So oder so hat es eine einseitige Darstellung zur Folge, die auch mit anderen Stimmen kaum ausgeglichen zu werden versucht. Dass hier wenig neue Erkenntnisse geboten und überwiegend weitgehend bekannte Informationen aufgearbeitet und gebündelt präsentiert werden, muss mittlerweile wohl leider nicht mehr extra erwähnt werden.

Der Soundtrack bleibt beliebig, fast formelhaft. Was früher einmal nach stilistischer Handschrift klang, wirkt hier nur noch wie ein Algorithmusprodukt: austauschbar und glatt. Der Production Value an sich hält das Niveau der Reihe, formal bedient sich die Doku an den üblichen Zutaten wie Interviews oder Archivmaterial. Mit Untold: The Fall of Favre kommt die diesjährige Staffel – und trotz lediglich dreier Folgen: endlich – zu ihrem Ende. Basierend auf der Entwicklung der Reihe in letzter Zeit bleibt zu hoffen, dass es damit nun ein- für allemal gut gewesen sein soll.