Stolen: Der große Diamantenraub in Antwerpen

Zuletzt gab es auf Netflix wieder verstärkt Nachschub für die Fans von True-Crime-Dokus. Da war beispielsweise Son of Sam: Selbstporträt eines Serienmörders über David Berkowitz, der in den 1970ern in New York City eine Reihe von Menschen getötet oder zumindest verletzt hat. Bei Angi: (K)eine perfekte Mörderin erfuhren wir mehr über eine Frau, die eiskalt aus purer Habgier eine Freundin ermordet und ausgenommen hat. Auf großes Interesse stieß zudem Amy Bradley ist spurlos verschwunden: Die titelgebende junge Frau ist seinerzeit während einer Kreuzfahrt mit der Familie verschwunden, bis heute ist unklar, was mit ihr geschehen ist. Mit Stolen: Der große Diamantenraub in Antwerpen kommt nun eine weitere Dokumentation heraus, bei der das Publikum ein wenig spekulieren darf.

Ein spektakulärer Diebstahl

Dabei ist hier zumindest klar, dass ein Verbrechen begangen wurde und wie dieses aussah. Der Film erzählt von einem spektakulären Diebstahl, der 2003 in der belgischen Hafenstadt stattgefunden hat. Genauer wurden aus den Schließfächern in dem Antwerpener Diamantenzentrum Edelsteine, Schmuck und andere Wertgegenstände gestohlen, mehr als 100 Millionen Euro betrug der Schaden. Der Schock war auch deshalb groß, weil ein Überfall zuvor als nahezu ausgeschlossen galt. Zu stark waren einfach die Sicherheitsvorkehrungen. Zumindest teilweise klärt Stolen: Der große Diamantenraub in Antwerpen auf, wie es die Diebe dennoch geschafft haben. Denn auch das gehört zu dem Coup dazu: Die Täter wurden gefasst, kamen für mehrere Jahre ins Gefängnis.

Also alles geklärt? Nicht so ganz. Zum einen sind beim Ablauf doch noch Fragen offen: Der interviewte Leonardo Notarbartolo, der als Haupttäter verurteilt wurde, hat eine Reihe von Angaben gemacht, die angezweifelt werden, so nicht ganz stimmen können. Gleichzeitig ist unklar, warum er lügen sollte, da er seine Haftstrafe bereits verbüßt hat und nichts mehr zu befürchten hat. Was in Stolen: Der große Diamantenraub in Antwerpen aber noch mehr interessiert: Was ist eigentlich mit der Beute geschehen? Bis heute ist bei einem Großteil unklar, wo diese gelandet ist. Da die Steine zudem größtenteils unversichert waren, war der Schaden für die Betroffenen enorm. Tatsächlich gilt der Überfall bis heute als einer größten im Bereich der Edelsteine, zumindest im Hinblick auf den Wert.

Informativ

Wer sich von dem Dokumentarfilm erhofft, dass er diese Antworten bringt, sollte sich das ersparen. Neue Erkenntnisse hat Regisseur Mark Lewis nicht auf Lager. Ebenso wenig beteiligt er sich aber an Spekulationen. Wo andere True-Crime-Produktionen um ungeklärte Fälle hemmungslos irgendwelche Verschwörungstheorien verbreiten, da bleibt Stolen: Der große Diamantenraub in Antwerpen ganz sachlich. Das Publikum bekommt die offiziellen Informationen und darf selbst darüber nachdenken. Wobei die Geschichte aber ganz klar nicht von dieser Ungewissheit lebt. Vielmehr ist das hier einer dieser Filme, bei dem man im Anschluss beeindruckt sein darf, mit welcher Voraussicht die Leute an die Arbeit gegangen sind und wie sie auch fast davongekommen wären – hätten sie nicht an einer Stelle einen Fehler gemacht, von dem wohl niemand gedacht hätte, dass es ein Fehler ist.

Für dieses kuriose Detail lohnt sich ein Blick auf den Film. Aber auch sonst können Fans solcher Kriminalgeschichten mit einer Sichtung liebäugeln, zumal die Laufzeit mit anderthalb Stunden sehr human ist. Das wird nichts in die Länge gezogen, wie man das sonst immer mal wieder hat. Sicher, andere Beiträge auf Netflix haben einen größeren Schockfaktor oder haben vielleicht auch gesellschaftliche Aspekte. Mit beidem kann Stolen: Der große Diamantenraub in Antwerpen nicht dienen, man „lernt“ hier nichts. Dennoch ist das hier alles recht spannend und interessant geworden. Wer also mal wieder etwas über ein reales Verbrechen erfahren möchte, ist bei dem Film an einer guten Adresse.