American Manhunt: Osama Bin Laden

Seit einiger Zeit bringt Netflix unter dem Titel American Manhunt Dokumentationen heraus, bei denen es – wie der Name schon sagt – darum geht, dass irgendwelche Leute geschnappt werden müssen. 2023 gab es mit Der Anschlag auf den Boston-Marathon eine erste Serie, damals drehte sich die Geschichte um das Bombenattentat von 2013. Dieses Jahr folgte O.J. Simpson, wo noch einmal der gleichermaßen bekannte wie kontroverse Fall um den Doppelmord ausgegraben wurde. Mit Osama Bin Laden bringt der Streamingdienst nun eine dritte Dokuserie heraus. Auch diese ist selbsterklärend, hier geht es um einen der berüchtigsten Terroristen aller Zeiten, der vor allem durch die Anschläge des 11. September 2001 Geschichte geschrieben hat.

Kampf gegen das Trauma

Der verhängnisvolle Tag, der ein bis heute nachwirkendes Trauma für die Vereinigten Staaten darstellt, wird dann auch immer wieder innerhalb dieser drei Folgen genannt. Das hat zum einen natürlich auch mit der enormen Bedeutung zu tun, die Welt war danach ein Stück weit eine andere geworden. Die Jagd auf den Terroristen wurde damit zu einer Mischung aus Rachegelüsten und Traumaverarbeitung. In American Manhunt: Osama Bin Laden wird das aber auch deshalb immer wieder angesprochen, um eine Art Rechtfertigung zu haben. Schließlich ist die Jagd auf einen Menschen mit dem Ziel, diesen zu töten, etwas, das bei manchen Befremden auslöst. Da braucht es schon etwas, um sich trotzdem der eigenen moralischen Überlegenheit zu versichern.

Dabei ist die Perspektive durch und durch US-amerikanisch. Es wird nicht einmal versucht, sich von dieser zu lösen und die Welt und die Ereignisse auch mal durch andere Augen zu sehen. Wenn an einer Stelle küchenpsychologisch behauptet wird, ein Terrorist wolle primär Aufmerksamkeit, dann darf man ruhig mit den Augen rollen. In der Hinsicht darf man also keine nennenswerten Einsichten erwarten oder auch die Ambition, eine solche überhaupt zu gewinnen. American Manhunt: Osama Bin Laden arbeitet da auch mit einem Pathos, der vor allem das heimische Publikum ansprechen soll. Internationale Zuschauer und Zuschauerinnen könnten hingegen ihre Probleme damit haben.

Spannende Rekonstruktion

Das heißt aber nicht, dass man nicht auch außerhalb der USA etwas findet, wofür sich hier das Einschalten lohnt. So ist es durchaus spannend, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen und zu erfahren, wie diese Jagd denn genau aussah. American Manhunt: Osama Bin Laden nimmt sich die Zeit, um viele Stationen abzuarbeiten und so zu rekonstruieren, wie das alles abgelaufen ist. Einiges davon dürfte bekannt sein. Ein Bild, als die US-Regierung zum entscheidenden Schlag ausholt, ist fast schon legendär. Aber es gibt eben auch viele Informationen, die das Publikum kaum kennen wird. Man erfährt hier also schon etwas Neues, was man nicht unbedingt bei allen Netflix-Dokumentationen behaupten kann.

Die Umsetzung ist dabei sehr konventionell geworden. Wie es bei Dokus üblich ist, kommt ein Mix aus Archivaufnahmen und neuen Interviews zum Einsatz. Letztere schwanken ein wenig in der Qualität. Während manche spannende Eindrücke vermitteln, darf man sich bei anderen fragen, warum man nun ausgerechnet diese Leute hat befragen müssen. In der Summe überwiegen aber die positiven Aspekte. Wer mehr erfahren möchte, wie das alles vonstattengegangen ist, bekommt eine Menge Stoff. Aber auch für ein distanziertes Publikum, das wenig Berührungspunkte hat, ist die spannende Geschichte von American Manhunt: Osama Bin Laden ein Einschaltgrund.