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Tatort: Am Tag der wandernden Seelen

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„Tatort: Am Tag der wandernden Seelen“ // Deutschland-Start: 5. Mai 2024 (Das Erste)

Inhalt / Kritik

Als der Tote in seiner Wohnung in Berlin-Lichtenberg gefunden wird, steht die Polizei vor einem Rätsel. Offensichtlich war niemand eingebrochen, es gibt keine Zeichen für einen Raubmord. Wer also könnte den Mann durch mehrere Messerstiche getötet haben? Als Susanne Bonard (Corinna Harfouch) und Robert Karow (Mark Waschke) den Tatort genauer unter die Lupe nehmen, entdecken sie eine versteckte Tür, die eine andere, abgründige Seite des Opfers aufzeigt und die Tat in einem anderen Licht erscheinen lässt. Die Spur führt sie dabei in die vietnamesische Community Berlins, zu der unter anderem auch die Tierärztin Dr. Lê Müller (Mai-Phuong Kollath) gehört. Sie kannte den Toten von früher, scheint dabei mehr zu wissen, als sie zugeben will. Zum Glück des Ermittlungsduos ist da aber auch noch die LKA-Beamtin Pham Thi Mai (Trang le Hong), die ihnen mehr über die Kultur ihres Landes verrät …

Folter am Sonntagabend

Beim Tatort wird dem Publikum oft einiges zugemutet. Klar, bei Krimis geht es fast immer um Mord- und Todschlag, davon lebt das Genre nun einmal. Aber das scheint den Verantwortlichen bei den diversen ARD-Sendern nicht zu reichen. Da darf es gern noch etwas abgründiger werden. Vergangene Woche sollte das bei Diesmal ist es anders durch mehr Emotionalität erreicht werden, wenn die Geschichte um einen ermordeten Erpresser eine sehr tragische Wendung nimmt. Vor allem aber Schau mich an um sadistische und brutale Internetvideos war harter Stoff. Nun kommt mit Am Tag der wandernden Seelen ein Teil, der eine Mischung aus diesen beiden Filmen ist. Auch der Berliner Beitrag will mehr sein als unterhaltsames Rätselraten am Sonntagabend.

Wie bei dem erstgenannten Kollegen fällt der Film durch eine melancholische Atmosphäre auf und emotionale Momente. Eine frühe Szene zeigt, wie sich Bonard auf dem Boden wälzt, nachdem ihr der Fall so zugesetzt hat. Auch später gibt sie in ihrem zweiten Auftritt nach dem Zweiteiler Nichts als die Wahrheit Einblicke in ihr Seelenleben. Das Foltermotiv provoziert hingegen Vergleiche zu dem besagten Münchner Beitrag um brutale Videos. Tatort: Am Tag der wandernden Seelen wird dabei nicht so explizit und spricht später kaum noch über die Folter. Umso mehr darf man sich fragen, warum das Thema überhaupt bearbeitet werden musste, denn es ist hier nur eines von vielen, die innerhalb von anderthalb Stunden vorgebracht werden.

Zwischen Politik und Spiritualität

Regisseurin und Co-Autorin Mira Thiel, die zuvor unter anderem die surreale Weimar-Abschiedsfolge Der feine Geist inszeniert hat, bewegt sich weg von dem individuellen Horror. Stattdessen nimmt Tatort: Am Tag der wandernden Seelen eine stärker gesellschaftlich-politische Note an. Auch wenn der aktuelle Mord wenig mit den Ereignissen in den 1990ern zu tun hat, als es zu brutalen Angriffen auf ausländische Mitmenschen kam – im Film ist von den Baseballschlägerjahren die Rede –, kommen diese doch immer wieder zur Sprache. Da geht es um die Verbrechen an sich, aber auch diejenigen, die zugesehen haben. Die Brücke zur heutigen Fremdenfeindlichkeit wird zwar nicht explizit geschlagen, hier wird weniger der moralische Zeigefinger erhoben. Naheliegend ist es aber natürlich schon, die zwei Zeitebenen in einen Bezug zu setzen.

Das ist schon ein bisschen viel, zumal später noch eine spirituelle Ebene hinzukommt. Der Titel der Folge ist nicht zufällig gewählt, Tatort: Am Tag der wandernden Seelen nimmt Bezug auf die religiösen Überzeugungen der vietnamesischen Gemeinschaft. Das ist interessant und passt auch gut zu der grundsätzlichen Atmosphäre des Films, die zwischen nachdenklich, traurig und verträumt schwankt. Es hat aber den Nachteil, dass man irgendwann gar nicht mehr weiß, wovon hier überhaupt erzählt werden soll. Als Krimi ist der 1270. Teil der Reihe sowieso eher weniger interessant, da es gar nicht darum geht. Sehenswert ist das Ergebnis schon, die Zielgruppe wird jedoch eher weniger glücklich.

Credits

OT: „Tatort: Am Tag der wandernden Seelen“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Mira Thiel
Drehbuch: Mira Thiel, Josefine Scheffler
Musik: Tim Neuhaus
Kamera: Moritz Anton
Besetzung: Corinna Harfouch, Mark Waschke, Mai-Phuong Kollath, Trang le Hong, Hanh Mai Thi Tran, Viet Pham, Paula Knüpling, Cynthia Micas

Bilder

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Tatort: Am Tag der wandernden Seelen
fazit
„Tatort: Am Tag der wandernden Seelen“ beginnt mit dem Mord an einem Sadisten, bevor es später gesellschaftlich, politisch und spirituell weitergeht. Das ist ein bisschen viel für einen einzigen Fall, ist aber durchaus sehenswert – und sei es wegen der nachdenklichen bis traurigen Atmosphäre.
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