Tatort Rettung so nah
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Tatort: Rettung so nah

Inhalt / Kritik

Tatort Rettung so nah
„Tatort: Rettung so nah“ // Deutschland-Start: 7. Februar 2021 (Das Erste)

Eigentlich war der Rettungssanitäter Tarik Wasir (Zejhun Demirov) ausgerückt, um anderen das Leben zu retten – stattdessen musste er mit seinem eigenen bezahlen. Als seine Kollegin Greta Blaschke (Luise Aschenbrenner) ihn vorfindet, erstickt mit einer Plastiktüte, kommt bereits jede Hilfe zu spät. Die Kommissarinnen Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) sowie Kommissariatsleiter Peter Michael Schnabel (Martin Brambach) leiten umgehend Ermittlungen ein und vermuten die Tat eher im privaten Umfeld. Doch als kurze Zeit später erneut ein Anschlag auf einen Rettungswagen stattfindet, wird klar, dass es jemand gezielt auf die Sanitäter und Sanitäterinnen abgesehen hat …

Der städtische Albtraum

Als vor zwei Wochen in Tatort: Tödliche Flut auf der Insel Norderney nach einem Mörder gesucht wurde, bedeutete das für das Publikum atmosphärische Bilder einer rauen Natur, viel Drama und einen dünnen Plot. In der 1155. Folge Rettung so nah geht es nun zurück in die Großstadt, genauer nach Dresden, wo das Team seinen 11. Fall zu lösen hat. Die Aufnahmen machen deshalb nicht mehr ganz so viel her, es gibt größtenteils das übliche urbane Grau. Inhaltlich ist der neueste Teil der ARD-Endlos-Krimireihe dem vorangegangenen Kollegen dafür haushoch überlegen. Denn Drehbuchautor Christoph Busch hat mit seiner Geschichte um mörderische Anschläge auf ein Team aus Rettungssanitäter*innen jede Menge zu erzählen.

Das bezieht sich jedoch in erster Linie auf die Tätigkeit der Männer und Frauen, die jeden Tag ausrücken, um anderen zu helfen. Wobei Tatort: Rettung so nah nur zum Teil das Gesundheitswesen an sich thematisiert. Anders als etwa Stubbe: Tödliche Hilfe neulich, welches anhand eines Mordes von den Fehlentwicklungen in der Pflege als System sprach, stehen hier die Schicksale der Einzelmenschen im Vordergrund. Toll sind die nicht. Als würde diese Art Arbeit, die unentwegt Einsatzbereitschaft, Flexibilität und Stressresistenz fordert, nicht auch so schon genug an die Substanz gehen, haben die Einsätze oft Anfeindungen zur Folge. Gerade wenn es darum geht Betrunkenen zu helfen, braucht es da schon ein dickes Fell – manchmal sogar mehr. Selbst über eine Aufrüstung zur Verteidigung wird gesprochen.

Das doppelte Opfer

Ebenso zu Nieren geht, wie diese Arbeit Auswirkungen auf das eigene Privatleben hat. Tatort: Rettung so nah zeigt das exemplarisch an Greta, die selbst ohne die Morde in ihrem Leben nicht mehr froh ist. Für ihre Tochter versucht sie zwar, den Anschein einer heilen Welt zu bewahren. Doch die leicht heruntergekommene Wohnung spricht eine andere Sprache, mit Drogen sollen der akute Schmerz und die Albträume irgendwie vergessen werden. Das funktioniert sowohl als allgemeiner Beitrag über einen sehr fordernden Beruf wie auch als Porträt einer Einzelperson, die an dem Druck zu zerbrechen droht, den dieser wichtige und zugleich oft undankbare Job mit sich bringt.

Starkes Drama, schwacher Krimi

Allerdings will Tatort: Rettung so nah ja nicht allein ein Gesellschaftskommentar und individuelles Drama sein, sondern gleichzeitig ein Krimi. Und in der Hinsicht sieht das leider sehr viel weniger gut aus. Schon der erste Mord zu Beginn ist so dermaßen überkonstruiert, dass gar nicht die Frage nach dem Täter, sondern dem Ablauf im Mittelpunkt steht. Später wird es nicht unbedingt glaubwürdiger. Das Motto des Krimis sah wohl so aus: je umständlicher, desto besser. Das ist gerade für einen Film, der auf Missstände im Alltag hinweisen will, nicht sehr glücklich.

Immerhin: Die Spannung stimmt. Da es dieses Mal nicht allein um die Aufklärung geht, sondern auch die Verhinderung weiterer Morde, kommen verstärkt Thrillerelemente hinzu. Wenn jeder Dienst mit einer Lebensgefahr verbunden ist, entsteht schon eine ordentliche Dringlichkeit. Denn einfach nicht mehr arbeiten, ist auch keine Lösung, das würde anderweitig Menschenleben kosten – ein interessantes und schwieriges Dilemma. Insgesamt überwiegen dadurch die positiven Eigenschaften bei dem Film. Dennoch bleibt der Eindruck, das hier wäre vielleicht doch besser als reguläres Drama umgesetzt worden, anstatt es etwas ungelenk mit einem Krimiplot verbinden zu wollen.

Credits

OT: „Tatort: Rettung so nah“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Isabel Braak
Drehbuch: Christoph Busche
Musik: Dürbeck & Dohmen
Kamera: Lars Liebold
Besetzung: Karin Hanczewski, Cornelia Gröschel, Martin Brambach, Luise Aschenbrenner, Golo Euler, Annika Blendl, Torsten Ranft, Matthias Kelle

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Wenn in „Tatort: Rettung so nah“ das Team eines Rettungsdienstes zur Zielscheibe von Anschlägen wird, ist das ein guter Anlass, um allgemein über die schwierigen Anforderungen des Berufes zu reden. Was als Porträt und Drama jedoch sehenswert ist, überzeugt als Krimi nicht so recht. Zwar ist die Spannung auf einem ordentlichen Niveau, die konstruierten Morde und die Geschichte allgemein reißen einen aber zu sehr aus dem Geschehen.
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von 10