Tatort: Der Tod der Anderen
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Tatort: Der Tod der Anderen

Kritik

Tatort
„Tatort: Der Tod der Anderen“ // Deutschland-Start: 10. Januar 2021 (Das Erste)

Bettina Mai (Ulrike Krumbiegel) hat es geschafft: Mit viel Arbeit und Ausdauer wurde das von ihr geleitete Hotel zu einer angesehenen Adresse, über einen Mangel an Gästen kann sie sich nicht beklagen. Wobei sie auf einige gern verzichten könnte. So auch bei Kathrin Kampe (Eva Weißenborn), die eines Tages auftaucht und verlauten lässt, sie wüsste um die dunkle Vergangenheit der Hotelbesitzerin. Am nächsten Tag ist Kampe tot, erhängt in ihrem eigenen Zimmer. Der Verdacht fällt dabei schnell auf Mai, auch wegen belastender Indizien im Zimmer der Verstorbenen. Doch die reagiert schneller, nimmt Kommissar Freddy Schenk (Dietmar Bär) als Geisel und zwingt ihn, gemeinsam mit ihr nach dem wahren Täter zu suchen. Währenddessen bleibt dessen Kollegen Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) nur, gemeinsam mit Natalie Förster (Tinka Fürst) selbst nach Spuren zu suchen …

Mördersuche in anderer Konstellation

Nachdem sich letzte Woche beim skurrilen, surrealen und zugleich tragischen Der feine Geist tatsächlich die Geister schieden, waren zumindest bei einem Teil des Publikums die Hoffnung groß, dass der nächste Tatort wieder traditioneller wird. Das ist er insofern, dass die Handlung geradliniger ist, es keine bizarren Wendungen gibt, die alles auf den Kopf stellen. Stattdessen wird bei Der Tod der Anderen, wie es beim klassischen Krimi der Fall ist, ganz normal nach einem Mörder gesucht. Und doch ist auch die 1152. Folge des Dauerbrenners alles andere als gewöhnliche TV-Ware, wie man sie bei den Öffentlich-Rechtlichen nahezu jeden Tag zu sehen bekommt.

Ein Unterschied ist die Art der Ermittlung. Normalerweise ist man es beim Kölner Tatort gewohnt, dass Ballauf und Schenk zusammen Mörder jagen. Bei ihrem 80. Gemeinsamen Fall werden die zwei Urgesteine aber schon nach wenigen Minuten voneinander getrennt. Während der eine noch auf mehr oder weniger traditionellen Polizeiwegen wandelt, mit ein paar kleineren Regelverbiegungen, da macht der andere wenn auch gezwungenermaßen gemeinsame Sache mit der Hauptverdächtigen. Zu zweit fahren sie durch die Gegend, durchforsten die Vergangenheit, treffen Leute, was Tatort: Der Tod der Anderen auch immer ein bisschen etwas von einem Roadmovie verleiht.

Zwischen Sarkasmus und Siff

Auffällig ist zudem, wie sehr der Film mit Humor arbeitet. Das haben andere Beiträge aus der Reihe natürlich auch getan, zuletzt etwa die Münster-Ausgabe Es lebe der König!. Doch der Humor hier ist anders. Wo die Kollegen oft eher ins Alberne und Absurde gehen, da ist Der Tod der Anderen bissig und sarkastisch – und tatsächlich witzig. Vor allem Ulrike Krumbiegel (Die Anfängerin) ist mit ihren messerscharfen Kommentaren und ihrer Schlagfertigkeit sehenswert, wenn sie bald klar macht, keine gewöhnliche Hotelbesitzerin zu sein. Gerade zu Beginn überrumpelt sie den ahnungslosen Schenk, auch später wird sie ihm demonstrieren, dass sie ihm durchaus ebenbürtig ist. Die gemeinsamen Szenen der beiden sind damit die Höhepunkte des Films.

Wobei Der Tod der Anderen durchaus etwas zu sagen hat. Drehbuchautor Wolfgang Stauch nutzt das ungewöhnliche Krimiszenario, um eine Reise zurück in die letzten Jahre der DDR zu wagen. Das kommt in dem Genre natürlich immer mal wieder vor. Verdeckte Spione, geheime Aktionen – so etwas zieht eigentlich immer. Hier geht es jedoch weniger um aufregende Agentenaktion. Vielmehr zeichnet der Film ein hässliches bis versifftes Bild rund um wirtschaftliche Mauscheleien, menschenverachtende Korruption und auch Prostitution im Vaterland. Bemerkenswert ist dabei, dass dieses Bild nicht mal direkt gezeigt werden muss, sondern allein über die Dialoge vermittelt wird. Wo andere vielleicht mit Flashbacks und dramatischer Musik gearbeitet hätten, da reicht es hier, zwei Leute in ein Auto zu setzen und sie durch die Gegend fahren zu lassen.

Auch das wird sicherlich nicht allen gefallen. Der kriminologische Aspekt rückt bei der Kombination aus Humor und Rückschau immer wieder in den Hintergrund. Irgendwann spielt es eigentlich auch schon keine Rolle mehr, wer die Fremde eigentlich ermordet hat. Zu dem Zeitpunkt ist Der Tod der Anderen schon so sehr in moralischen Abgründen versumpft, auf beiden Seiten der Grenzen, dass es schon einer Erlösung gleicht, da noch einmal herauszukommen. Schön ist dabei, wie der Film die Tragik der Ereignisse aufarbeitet, ohne sich auf die üblichen Manipulationen zurückziehen zu müssen. Stattdessen dürfen die Geschichten für sich sprechen, selbst wenn ihnen dabei die Stimme versagt.

Credits

OT: „Tatort: Der Tod der Anderen“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Torsten C. Fischer
Drehbuch: Wolfgang Stauch
Musik: Wolfgang Glum, Werner Poland
Kamera: Theo Bierkens
Besetzung: Klaus J. Behrendt, Dietmar Bär, Ulrike Krumbiegel, Bernhard Schütz, Eva Weißenborn, Tinka Fürst, Moritz Führmann

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In „Tatort: Der Tod der Anderen“ nimmt eine des Mordes verdächtigte Hotelbesitzerin einen Kommissar als Geisel, um mit ihm zusammen den wahren Täter zu suchen. Der Film kombiniert dabei Krimi mit Roadmovie, sarkastischem Humor und einem wenig schmeichelhaften Blick zurück auf die letzten Jahre der DDR, als Westen und Osten gleichermaßen im moralischen Morast versumpften.
7
von 10