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Tatort: Tempelräuber

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„Tatort: Tempelräuber“ // Deutschland-Start: 25. Oktober 2009 (Das Erste)

Inhalt / Kritik

Als Ludwig Mühlenberg (Otto Junggeburth) von einem Taxi überrollt wird, versucht Prof. Karl-Friedrich Boerne (Jan-Josef Liefers), diesem noch zur Hilfe zu eilen. Dabei kommt jede Hilfe zu spät. Boerne selbst wird in Mitleidenschaft gezogen und bricht sich beide Arme, weswegen er nun selbst hilfsbedürftig ist. Doch wer könnte es auf das Opfer abgesehen haben? Die Spurensuche führt Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl), dessen Vater pikanterweise die Mordwaffe gehört, zum Priesterseminar Sankt Vincenz, wo der Verstorbene als Regens tätig war. Könnte Hans Wolff (Ulrich Noethen), der als Nachfolger gehandelt wird, etwas mit der Sache zu tun haben? Derweilen muss Boerne akzeptieren, dass die Haushaltshilfe Karin Ellinghaus (Johanna Gastdorf) und ihr Sohn Steffen (Wolf-Niklas Schykowski) vorübergehend Teil seines Lebens werden …

Tabuthema Religion

Während immer mal wieder unappetitliche, ärgerliche bis verstörende Geschichten aus den Kirchen an die Öffentlichkeit dringen, tut man sich beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen offensichtlich schwer damit, diese Themen filmisch aufzugreifen. Während beispielsweise der Tatort immer mal wieder Komplexe wie rechte Gewalt, toxische Männlichkeit oder auch soziale Ungerechtigkeit aufgreift, macht man um das Thema der Religion und der damit verbundenen Institutionen doch eher einen Bogen. Dann und wann gibt es aber schon Versuche, sich diesem Bereich anzunähern. So erzählte Wunder gibt es immer wieder von Mauscheleien und finsteren Machenschaften in einem Nonnenkloster. Deutlich älter ist das Beispiel Tempelräuber, das im Umfeld eines Priesterseminars spielt und dabei einiges anspricht, worüber niemand sprechen mag.

Dabei ist anfangs noch unklar, in welche Richtung sich die Geschichte bewegen wird. Zwar macht der 745. Teil der ARD-Krimireihe kein Geheimnis daraus, dass der Mord in einem Zusammenhang mit der Priestertätigkeit steht. Wirkliche Alternativen werden nicht angeboten. Tatort: Tempelräuber lässt sich aber ziemlich viel Zeit, bis das eigentliche Thema innerhalb dieses Komplexes konkret benannt wird. Tatsächlich darf man sich zwischendurch wundern, worauf der Film denn eigentlich hinaus will, wenn er mit allem Möglichen beschäftigt ist, nur nicht mit dem Fall an sich. Vor allem die Nebenhandlung um Boerne, der mit seinen eingegipsten Händen nichts mehr anfangen kann und mit seiner typisch arrogant-zynischen Weise gegen andere wettert, nimmt schon viel Platz ein.

Kontrast der Tonalitäten

Dadurch kommt es zu einem starken Kontrast der Tonalitäten. Üblicherweise werden in den Münster Tatorts lediglich der zum Skurrilen und Albernen neigende Humor einem brutalen Verbrechen entgegengesetzt. Bei Tempelräuber kommt noch ein starkes dramatisches Element hinzu. Vor allem gegen Ende hin, wenn Drehbuchautor Magnus Vattrodt (Die Wannseekonferenz) doch einmal die Katze aus dem Sack lässt, ist das mit dem Spaß auf einmal vorbei. Stattdessen ist viel Betroffenheit angesagt. Dieser Gesinnungswechsel ist schon ein bisschen sehr abrupt. So wie Leute, die einen geschmacklosen Witz erzählen, mittendrin feststellen, dass das vielleicht keine so gute Idee ist, und anschließend beschämt auf den Boden schauen.

Das Thema an sich ist dabei wichtig, greift mehrere persönliche Tragödien auf. Die gute Besetzung trägt ebenfalls dazu bei, dass man hier mitfühlen kann und soll. Dennoch, so ganz überzeugend ist das Ergebnis nicht. Der Film schwankt zwischen billiger Polemik und Einfühlungsvermögen und ist auch sonst oft nicht konsequent genug bei dem, was er tut. Der Kriminalfall an sich ist zudem wenig befriedigend und präsentiert aus heiterem Himmel eine Lösung, anstatt auf diese hinzuarbeiten. Damit bleibt Tatort: Tempelräuber in der Summe ein zwar nicht uninteressanter Film, der aber mehr wegen des Themas in Erinnerung bleibt, weniger wegen der Art und Weise, wie dieses umgesetzt wurde.

Credits

OT: „Tatort: Tempelräuber“
Land: Deutschland
Jahr: 2009
Regie: Matthias Tiefenbacher
Drehbuch: Magnus Vattrodt
Musik: Bryan Buss, Thilo Schaller
Kamera: Holly Fink
Besetzung: Axel Prahl, Jan-Josef Liefers, Friederike Kempter, ChrisTine Urspruch, Mechthild Großmann, Ulrich Noethen, Johanna Gastdorf, Rosalie Thomass, Wolf-Niklas Schykowski

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Tatort: Tempelräuber
Fazit
„Tatort: Tempelräuber“ spricht ein interessantes Thema an, das im Umfeld eines Priesterseminars spielt, ist dabei aber nicht sonderlich konsequent. Die Mischung aus albernem Humor, viel Tragik und Morduntersuchung ist ebenso unentschlossen wie die Haltung, die schon mal zur Polemik neigt.
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