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Tatort: Marlon

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„Tatort: Marlon“ // Deutschland-Start: 8. Mai 2022 (Das Erste)

Inhalt / Kritik

Eigentlich hätte der neunjährige Marlon Janson (Lucas Herzog) gar nicht zum Schulfest kommen dürfen, als Strafe für seine diversen Verstöße. Nun ist er tot, irgendjemand muss den Jungen die Treppe heruntergestoßen haben. Als Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Johanna Stern (Lisa Bitter) in der Sache ermitteln, stellen sie fest, dass Marlon aufgrund seines Verhaltens viele Feinde hatte. Vor allem Oliver Ritter (Urs Jucker), dessen Tochter Madita (Hanna Lazarakopoulos) in dieselbe Klasse ging, hatte es auf den Störenfried abgesehen. Lediglich Sozialarbeiter Anton Leu (Ludwig Trepte) versuchte, für den Jungen da zu sein und ihm beizustehen bei den zahlreichen Problemen. Je mehr Odenthal und Stern über den Toten ermitteln, umso mehr müssen sie erkennen, wie traurig dessen Leben gewesen ist …

Am Rande der Gesellschaft

Beim Tatort wird es bekanntlich immer mal wieder ganz ernst, wenn große gesellschaftliche Themen angeschnitten und Schieflagen besprochen werden – zum Missfallen eines Teils des Publikums, das nur in Ruhe Mörder jagen will. Gerade auch beim Ludwigshafener Team versuchte man sich in der letzten Zeit gern daran. Bei Unter Wölfen übernahm ein privater Sicherheitsdienst Aufgaben der Polizei, nachdem diese totgespart wurde. Hetzjagd wiederum thematisierte Rechtsradikale, ein Dauerbrenner in dem Zusammenhang. Und auch Marlon, der inzwischen 1200. Teil der ARD-Krimireihe, möchte gern mehr sein als einfache Sonntagabendunterhaltung. Dieses Mal geht es um ein Kind, mit dem niemand fertig wird und die Frage, wie eine Gesellschaft auf einen solchen Härtefall reagieren sollte.

An der Stelle ist es nahezu unmöglich, nicht an Systemsprenger zu denken. Das vielfach ausgezeichnete Drama um ein von Institution zu Institution weitergeschobenes Mädchen war einer der großen deutschen Sensationen der letzten Jahre. Eine vergleichbare Qualität darf man von Tatort: Marlon natürlich nicht erwarten. Bei Produktionen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens wird bekanntlich vieles zerredet. Es darf auch nie so wirklich schlimm werden, wodurch dem Krimi von vornherein Fesseln angelegt waren. Immerhin: Im Vergleich zu den zuletzt grauenvollen Filmen mit Odenthal ist ihr 75. Auftritt wieder ein deutlicher Schritt nach vorne. Zumindest in Ansätzen findet man hier immer etwas, das konsequent verfolgt einen tatsächlich guten Film hätten ergeben können.

Gut gespielt, plump geschrieben

Schauspielerisch ist Tatort: Marlon beispielsweise deutlich besser, als was man zuletzt in Ludwigshafen ertragen musste. Folkerts tritt wieder engagierter auf. Ludwig Trepte (Lauras Stern) hat ein paar starke Szenen. Und selbst die Kinder spielen ordentlich mit. Hanna Lazarakopoulos wird zu einem überzeugenden Miststück. Die Anfangsszene, wenn Marlon in die Schule stürmt, hinterlässt ebenfalls Eindruck. Später gesellen sich aber auch weniger geglückte Szenen hinzu, wobei die eher dem Drehbuch geschuldet sind. Autorin Karlotta Ehrenberg hat da schon ein paar recht plumpe Passagen niedergeschrieben, bei denen die Absicht größer war als die eigene Ausdrucksfähigkeit. Damit einher geht die Unsitte, immer alles ausformulieren zu müssen, anstatt dem Publikum vielleicht auch selbst ein paar eigene Gedanken zuzutrauen.

Auch beim Krimi als solchen ist das Ergebnis eher gemischt. An möglichen Erklärungen für den Todesfall mangelt es nicht, umso mehr, da theoretisch auch ein Kind Marlon die Treppe runterstoßen konnte. Entsprechend lang ist die Liste an Verdächtigen. Wer gerne grübeln mag, hat bis zum Schluss die Qual der Wahl. Tatsächlich überzeugend sind jedoch die wenigsten davon. Auch die „richtige“ Lösung, die zum Ende von Tatort: Marlon ausgepackt wird, ist nicht gerade das, was man glaubwürdig nennen würde. Aufgrund der besagten Stärken und des grundsätzlich wichtigen Themas, wie mit Menschen zu verfahren ist, die nicht ins Schema passen, reicht es aber immer noch fürs solide Mittelfeld.

Credits

OT: „Tatort: Marlon“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Isabel Braak
Drehbuch: Karlotta Ehrenberg
Musik: Dürbeck & Dohmen
Kamera: Jürgen Carle
Besetzung: Ulrike Folkerts, Lisa Bitter, Ludwig Trepte, Lucas Herzog, Hanna Lazarakopoulos, Finn Lehmann, Julischka Eichel, Markus Lerch, Urs Jucker

Bilder

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Tatort: Marlon
Fazit
Eine Junge, der an der Schule immer Ärger machte, wurde die Treppe hinuntergestoßen. Aber von wem? „Tatort: Marlon“ ist teils klassische Tätersuche, teils gesellschaftliches Drama um die Überforderung mit Leuten, die nicht reinpassen. Das ist als Thema wichtig und zudem gut gespielt, das eher plumpe Drehbuch verhindert aber Besseres.
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