Tatort: Rhythm and Love
© WDR/Martin Valentin Menke

Tatort: Rhythm and Love

Inhalt / Kritik

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„Tatort: Rhythm and Love“ // Deutschland-Start: 2. Mai 2021

Als in einem Wald ein toter Mann aufgefunden wird, mag der nicht mehr viel Kleidung am Leib getragen haben. Mögliche Verdächtige gibt es dafür jede Menge, schließlich leitete der Verstorbene eine Kommune mit Trommelkursen, Beziehungsseminaren und ganz viel freier Liebe. Als Gerichtsmediziner Prof. Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) und Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl) in der Sache ermitteln, führen die Spuren zu zwei jungen Männern: Priester Tobias Flügge (Nikolai Kinski) und Polizei-Pressesprecher Johannes Hagen (August Wittgenstein) kannten beide das Opfer. Nur dass diese Spurensuche diesmal etwas kompliziert ist, hat doch Boernes Assistentin Silke Haller (ChrisTine Urspruch) eine entscheidende DNA-Probe verlegt …

Viel los, wenig dahinter

Wenn die Tatort-Urgesteine Boerne und Thiel einen neuen Fall lösen müssen, dann weiß das Publikum zumindest im Grundsatz, was es erwartet: kuriose Tode, eigenwillige Szenarien und dazu jede Menge humorvolle Sprüche. Nachdem es beim letzten Auftritt in Es lebe der König! auf eine Burg ging, wo ein Herr in Ritterrüstung im Burggraben ertrunken war, geht es in Rhythm and Love deutlich freier zu. Die erste Szene vom 1166. Fall der ARD-Krimireihe zeigt, wie ein Mann nackt durch die Gegend läuft, an allen anderen vorbei, um sich anschließend der Liebe hinzugeben – nichtsahnend, dass er kurze Zeit später schon tot sein wird. Eine solche direkte Gegenüberstellung von Lust und Mord sorgt zweifelsfrei für Aufmerksamkeit und macht natürlich schon irgendwie neugierig, was da sonst noch alles passieren mag.

Die Antwort: jede Menge! Und gleichzeitig irgendwie nichts. Das Setting einer Kommune, in der es gesundes Gemüse, viel Sex, Musik und Drogen gibt, ist natürlich dankbar für die etwas humorvollere Ausrichtung des Münster Tatorts. Gerade zu Beginn gibt es jede Menge Diskussionen darüber, wer denn nun mit wem ins Bett geht und gehen darf, begleitet von flapsigen Kommentaren. Das reichte Drehbuchautorin Elke Schuch jedoch nicht, der wohl selbst klar war, dass derartige Witze schnell verbraucht sind. Was vielleicht für eine komische Szene gut ist, taugt kaum für einen ganzen Film. Und so baute sie in Tatort: Rhythm and Love drumherum jede Menge andere Geschichten. Vor allem Hallers Malheur mit der Probe und Boernes Plagiatsvorwurf nehmen dabei einen großen Raum ein. Einen so großen, dass der Fall zwischendurch zur Nebensache wird.

Viel Lärm um nichts

So etwas kann man natürlich schon machen. Nicht jeder Krimi muss die Mördersuche zum alleinigen Sinn und Zweck seines Daseins erklären. Vor allem nicht, wenn er wie die Münster-Teile allgemein die Figuren lustvoll überzeichnet. Problematisch wird es aber, wenn dieses Drumherum selbst nicht übermäßig interessant ist. Wenn Haller und Mirko Schrader (Björn Meyer) die ganze Zeit mit sich ringen, ob sie nicht doch mit der Wahrheit rausrücken sollen, dann ist das weder unterhaltsam noch spannend. Gleiches gilt für die Auslassungen Boernes, die dieses Mal schon sehr an den Nerven kratzen. Bei den Verdächtigen ist ebenfalls nichts zu holen. Dafür dass in Tatort: Rhythm and Love so viele Freigeister herumlaufen, sind sie schon sehr konventionell und einfallslos gezeichnet.

Das wird dann zwar nie so schlimm, dass man sich darüber ärgern müsste. Ein guter Grund zum Einschalten sieht aber anders aus. Das ist auch deshalb schade, weil Szenario und Setting ideal für satirischen Biss gewesen wäre. Tatort: Rhythm and Love gibt sich jedoch erschreckend zahm. Dann und wann ist das noch für ein Schmunzeln gut, beim absurden Ende zum Beispiel. Zu mehr hat es nicht wirklich gereicht. Das ist ein wenig so, als wäre man der einzig nüchterne auf einer Party: Während der Rest in eigenen Sphären schwebt und sich über die kleinsten Dinge amüsieren kann, sitzt man etwas unbeteiligt daneben und schaut immer mal wieder auf die Uhr, wann es denn nun vorbei ist.

Credits

OT: „Tatort: Rhythm and Love“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Brigitte Maria Bertele
Drehbuch: Elke Schuch
Musik: Kerim König, Christian Biegai
Kamera: Timon Schäppi
Besetzung: Jan Josef Liefers, Axel Prahl, Mechthild Großmann, ChrisTine Urspruch, Claus D. Clausnitzer, Björn Meyer, Patrycia Ziolkowska, August Wittgenstein, Nikolai Kinski, Peter Harting

Bilder



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„Tatort: Rhythm and Love“ lockt zwar mit freier Liebe und freien Gedanken, ist selbst aber ein eher einfallsloser Krimi. Der Fall wird dabei immer wieder aus den Augen verloren, um sich anderweitig selbst zu beschäftigen. Das eigentliche Manko ist aber, dass dieses Drumherum weder besonders unterhaltsam, noch spannend ist. Vor allem das nicht genutzte satirische Potenzial der Geschichte ist bedauerlich.
5
von 10