Tatort Die Unsichtbare
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Tatort: Die Unsichtbare

Inhalt / Kritik

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„Tatort: Die Unsichtbare“ // Deutschland-Start: 14. November 2010 (Das Erste)

Als am Ufer des Bärensees die Leiche einer Frau gefunden wird, stehen die Kommissare Lannert (Richy Müller) und Bootz (Felix Klare) vor einem Rätsel. Wer ist diese Frau, die keiner gekannt haben will? Nach einigem Suchen finden sie über deren Freundin Nadja Bilanow (Anita Vulesica) heraus, dass es sich um eine illegale Einwanderin handeln muss. Doch das allein klärt nicht, weshalb sie jemand ermorden wollte. Dabei gibt es noch eine viel dringendere Angelegenheit: Die Verstorbene soll zwei kleine Kinder haben, die jetzt irgendwo ganz allein sind und dringend Hilfe brauchen. Auf der Suche nach Antworten treffen die beiden unter anderem Jochen Winterberg (Martin Brambach) und Jürgen Stiller (Karl Kranzkowski), die sie beide gekannt haben müssen …

Krimi mit gesellschaftlichen Ambitionen

Dass man sich beim Tatort gerne mal etwas politischer und gesellschaftlich relevant gibt, ist bekannt. So gab es zuletzt unter anderem Beiträge, die sich mit Obdachlosigkeit (Wie alle anderen auch), Rechtspopulismus (Heile Welt) und dem Gesundheitswesen (Rettung so nah) auseinandersetzten. Dabei handelt es sich jedoch um kein ganz neues Phänomen. Schon früher versuchte man, eine klassische Kriminalhandlung mit gesellschaftlichem Anspruch zu verknüpfen. So auch bei Die Unsichtbare, der 2010 schon weit vor der Flüchtlingskrise das Thema illegale Einwanderung aufgriff, verdeutlicht durch eine Frau, die es offiziell gar nicht gibt und deren Tod deshalb zunächst viele nicht zu interessieren scheint.

Daraus hätte man ein leises Sozialdrama machen können. Stattdessen versuchte man, beim 779. Teil der ARD-Krimireihe zusätzlich noch Elemente des Thrillers einzubauen. Schließlich sind da zwei kleine Kinder, die in Lebensgefahr schweben. Und es dürfte kein Mittel geben, um leichter Spannung zu erzeugen, als wenn Kinder gerettet werden müssen. Gleichzeitig ist das natürlich aber auch schon etwas billig und manipulativ. Anstatt auf die Geschichte als solche zu vertrauen und sich vielleicht ernsthaft mit der Problematik auseinanderzusetzen, wird bei Tatort: Die Unsichtbare lieber versucht, auf die Schnelle Gefühle zu erzwingen. Das geht so weit, dass das zugrundeliegende Thema irgendwann völlig vergessen ist, keiner mehr die Zeit oder die Lust hat, darüber noch zu reden.

Pathos statt Tiefgang

Dabei zeigt sich punktuell schon, dass es da viel Gesprächsbedarf gibt. Wenn etwa die Helden das mit dem Gesetz nicht so genau nehmen, weil sie bei dem Umgang mit illegal Eingewanderten eine Schieflage sehen, dann zeigt das, wie sehr geltendes Recht und gefühlte Gerechtigkeit auseinanderklaffen können. Und natürlich sind auch die Beispiele, wie solche Menschen von findigen Unternehmern ausgebeutet werden, Grund genug, das alles doch einmal anzusprechen und nach Lösungen zu suchen. Bei Tatort: Die Unsichtbare findet das aber nicht statt. Statt tatsächlichem Tiefgang gibt es lieber Pathos, dazu Schauspieler, die ganz besonders auf betroffen machen, damit das Publikum auch ja nicht übersieht, wie wichtig das alles ist.

Wichtig ist das Thema natürlich. Umso ärgerlicher ist, wie plump es hier abgearbeitet wurde. Vor allem die Dialoge sind zum Teil grauenvoll geworden, fern von dem, was Menschen üblicherweise in den Mund nehmen. Und auch der Fall selbst ist bei Tatort: Die Unsichtbare ziemlich konstruiert. Wenn wir uns hier in inhaltlichen Abgründen bewegen, dann ist das mehr Seifenoper als Gesellschaftsporträt. Das darf man dann natürlich alles als sehr bewegend empfinden. Oder eben bedauerlich, wie hier etwas verheizt wurde, über das es sich ernsthaft und einfühlsam zu reden gelohnt hätte. Wenn man schon möchte, dass der Sonntagabendkrimi mehr sein soll als bloße Unterhaltung zum Abschalten, dann sollte man das auch richtig tun und nicht nur irgendwie was zusammenrühren, in der Hoffnung, dass das schon so passt.

Credits

OT: „Tatort: Die Unsichtbare“
Land: Deutschland
Jahr: 2010
Regie: Johannes Grieser
Drehbuch: Eva Zahn, Volker A. Zahn
Musik: Jens Langbein, Robert Schulte Hemming
Kamera: Jürgen Carle
Besetzung: Richy Müller, Felix Klare, Anita Vulesica, Karl Kranzkowski, Florian Bartholomäi, Martin Brambach, Lukas Schust, Ella Zirzow

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Wenn in „Tatort: Die Unsichtbare“ eine illegale Einwanderin ermordet wird, dann stellt das den Versuch dar, eine klassische Krimihandlung mit einem gesellschaftlichen Thema zu verbinden. Letzteres ist auch ohne Zweifel wichtig, wird hier aber plump zusammengeschustert. Sowohl der Fall wie auch die Dialoge sind zu konstruiert, um dem eigenen Anspruch gerecht zu werden.
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