Tatort KI
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Tatort: KI

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Tatort
„Tatort: KI“ // Deutschland-Start: 21. Oktober 2018 (TV)

Es ist ein Rätsel, für alle Beteiligten: Was ist mit der 14-jährigen Melanie Degner (Katharina Stark) nur passiert? Wieso ist sie verschwunden? Und wohin? Ihre Eltern Robert (Dirk Borchardt) und Brigitte (Lisa Martinek) wissen keinen Rat. Da stolpern die Hauptkommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) bei ihren Ermittlungen über eine eigenartige künstliche Intelligenz auf dem Laptop der Verschwundenen. Die Spur führt die beiden ins Leibniz-Rechenzentrum, wo an einer KI gearbeitet wird, die sich im Dialog mit den Menschen weiterentwickelt. Und eben diese KI scheint jemand gestohlen und modifiziert zu haben.

Die Zukunft geht an niemandem vorbei. Nicht einmal an denjenigen, die sich gerne mal daheim einigeln und sich nicht dafür interessieren, was in den letzten zehn Jahren so passiert ist. Siehe die beiden Münchner Tatort-Kommissare. Wenn solche Leute auf eine künstliche Intelligenz stoßen, dann sind das zwei Welten, die nicht zusammenpassen. Die auch nicht zusammenpassen sollen: Tatort: KI bezieht seinen Humor durch den größtmöglichen Kontrast zwischen alteingesessenen Nörglern und enervierender Computerstimme. Oder versucht es zumindest.

Der einzige Zeuge: ein Nicht-Mensch
Interessant ist die Idee hinter dem Krimi: Ein Mensch ist verschwunden und ausgerechnet eine künstliche Intelligenz ist die einzige Zeugin. Wie aber befragt man so jemanden? Wer schon an den täglichen Sprachassistenten verzweifelt, der wird sich nur zu gern bei den kläglichen Versuchen wiederfinden, aus einer Maschine schnell wichtige Informationen zu entlocken. Vor allem wenn es eine Maschine ist, die nicht viel mit der menschlichen Natur anfangen kann und im richtigen Moment auch ziemlich beschränkt ist.

Richtig clever ist der Fall dann auch gar nicht, trotz pflichtbewusst eingeworfener Zitate. Ein paar falsche Spuren werden gelegt, die sich aber meistens so schnell erledigt haben, dass man ihnen keine größere Aufmerksamkeit schenken muss. Das Drehbuch tut es schließlich auch nicht. Vor allem die Auflösung enttäuscht, da sie dem originellen Szenario in keiner Weise gerecht wird, noch nicht einmal so wirkt, als hätte sie etwas mit dem Film zu tun. So als wären die Macher angesichts all des neumodischen Krams selbst ratlos, was damit anzufangen sei.

Ein gefühlvolles Nichts
Stattdessen versucht Tatort: Ki, ein Familiendrama zu sein. Das kann man machen, die Jagd auf einen Täter und zwischenmenschliche Abgründe passen prinzipiell schon gut zusammen. Nur dass die Drehbuchautoren Stefan Holtz und Florian Iwersen es auch hier verpassen, mal ein bisschen mehr in die Tiefe zu gehen. Ob es nun die verschwundene 14-Jährige ist, ihre Familie oder auch die Leute, denen Batic und Leitmayr über den Weg laufen: Interessant ist hier niemand, über Klischees geht da nichts hinaus.

Aber vielleicht wollte man auch nicht das Publikum überfordern, das sich schon mit dem Konzept einer künstlichen Intelligenz auseinandersetzen muss, die dem Menschen gleichzeitig weit voraus und doch ahnungslos wie ein Kind ist. Tatort: KI, das auch schon auf dem Filmfest Emden-Norderney 2018 lief, zeigt sich hier besonders verständnisvoll für die Verständnislosen. In kleinen Trippelschritten schleicht die Geschichte voran, kommt nicht richtig vom Fleck und langweilt dadurch viel schneller, als es bei dem Thema vorkommen sollte. Anschauen kann man sich das sicher, riskiert damit jedoch, sich über das massig verschenkte Potenzial ärgern zu müssen.



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Die Idee ist interessant: Ein Mädchen ist verschwunden und nur eine künstliche Intelligenz war Zeuge. Allerdings zeigt sich „Tatort: KI“ angesichts dieser neumodischen Technik ebenso überfordert wie die Kommissare. Und auch der Dramateil enttäuscht eher, dafür sind die Figuren einfach nicht aussagekräftig genug.
5
von 10