Neuer Wind im Alten Land: Stolz und Vorurteil

Als es auf der Elbe beinahe zu einem verheerenden Unfall kommt, ist das auf jeden Fall eine Meldung wert. Die Journalistin Beke Rieper (Felicitas Woll) meint aber, dass hinter der Geschichte eventuell noch mehr stecken könnte, schließlich wird die gesamte Schuld der Lotsin Lina Feindt (Marie Hacke) zugeschoben. Das könnte auch ein Fall von Sexismus sein, so das Gefühl von Beke, da die Beschuldigte die einzige Frau in diesem Männerberuf ist. Aber auch privat hat die Reporterin zu kämpfen. So ist ihr Ex-Mann David Hofstetter (Martin Bretschneider) plötzlich wieder da und bringt ihre Gefühlswelt durcheinander, zumal Beke zuletzt Paul Harms (Steve Windol) nähergekommen ist und deswegen gerade nicht weiß, was sie eigentlich will …

Vierter Teil der Dramareihe

Und weiter geht es mit Neuer Wind im Alten Land. Rund ein Jahr, nachdem die Dramareihe im April 2024 an den Start ging und das Herzkino-Programm erweitere, gibt es doppelten Nachschub. Los ging es vergangene Woche mit Erntezeit, das sich mit einer stürmischen Apfelernte, Rassismus und politischem Populismus befasste und zwischendurch noch von Familienstreitigkeiten und der Liebe erzählte. Mit Stolz und Vorurteil gibt es nun einen weiteren Film, es ist der bislang vierte, und erzählt, wie es mit der in Ungnade gefallenen Starjournalistin weitergeht, die unfreiwillig wieder in ihre alte Heimat zurückkehrt. Dabei gibt es dann wieder einen Mix aus alten Geschichten und einem neuen Fall, in den sich die Protagonistin verbeißt – wie in jeder Folge also.

Vorkenntnisse werden dabei wieder vorausgesetzt. So sagt der Film praktisch nichts zur allgemeinen Situation, auch zu den Figuren erfährt man kaum etwas. Manche Sachen lassen sich zwar auch so erschließen. Dennoch: Wer nicht schon die letzten Folgen in dem Dorf verbracht hat, könnte Probleme damit haben, sich hier zurechtzufinden. Hinzu kommt, dass manche Geschichten in Neuer Wind im Alten Land: Stolz und Vorurteil nur wenig ausgearbeitet werden. Das betrifft beispielsweise den Konkurrenzkampf zwischen Belkes Schwester Heide Schulze (Anne Roemeth) und Elmar Bröhan (Michael Rothmann), der mit reinem Populismus das Bürgermeisteramt erobern will. Wobei der Film immerhin versucht, den Widersacher, der beim letzten Mal nicht mehr als ein Stereotyp war, etwas mehr Substanz zu verleihen.

Zwischen Ambivalenz und Stereotyp

Die größte Ambivalenz versucht man jedoch bei der neuen Figur, um die sich diesmal alles dreht: die Lotsin Lina Feindt. So wird versucht, ein differenziertes Bild der jungen Frau zeichnen, die einerseits über große fachliche Kompetenz verfügt, gleichzeitig aber labil ist – keine besonders gute Voraussetzung für ihre Arbeit. Das ist alles dann gut gemeint, jedoch nicht unbedingt gut gemacht. Nicht nur, dass die negativen Seiten in Neuer Wind im Alten Land: Stolz und Vorurteil ein bisschen sehr relativiert werden. Das Drama arbeitet zudem mit billigen Enthüllungen und setzt seinerseits auf üble Stereotype bei dem Versuch, die Beschuldigte zu rehabilitieren. Da machte man es sich mit dem konstruierten Drehbuch doch ziemlich einfach.

Wenig interessant ist zudem das Liebesdreieck, das jetzt offensichtlich in die Geschichte hineingepresst werden soll. Nachdem es in den ersten drei Folgen eine Wiederannäherung mit der Jugendliebe Paul gab, mischt nun der Ex-Mann wieder mit. Wo die Reihe an anderer Stelle zumindest versucht, gesellschaftlich relevante Themen aufzugreifen oder etwas Besonderes zu erzählen, da schlägt Neuer Wind im Alten Land: Stolz und Vorurteil wieder die 08/15-Seifenoper-Richtung ein. Da die Protagonistin auch nicht die spannendste ist, ist das hier einer der bisher schwächeren Filme und macht nicht wirklich Lust auf weitere.