Als Lilly (Silvana Damm) in ihre alte Heimat zurückkehrt, wo sie das Haus ihres Großvaters geerbt hat, macht sie eine ebenso überraschende wie schockierende Entdeckung: Der Tote hat das Haus auch Sylvester (Felix Everding) vermacht. Ein Jahr lang werden sie sich den Besitz teilen müssen, erst danach darf das Haus verkauft werden. Während Lilly das ganz recht ist, will sie doch sowieso ein Restaurant in dem Haus eröffnen, braucht Sylvester dringend Geld und ist deshalb am Verkauf interessiert. Doch das ist nicht der einzige Grund, weshalb das Verhältnis der beiden schwierig ist. So waren die zwei nicht nur Mitglied von konkurrierenden Bands zur Schulzeit, was böse endete. Sie waren zudem ein Liebespaar. Und als wäre das nicht alles schon kompliziert genug, mischen sich Lillys beste Freundin Britta (Sarah Thonig) und Sylvester Kumpel Malte (Manuel Mairhofer) ein, die selbst den jeweiligen Bands angehörten und eigene Interessen mitbringen …
Große Gefühle, dunkle Geheimnisse
Als sich das Herzkino aus der Sommerpause zurückmeldete, sah es zunächst so aus, als würde man bei der sonntäglichen ZDF-Programmschiene eine andere Richtung einschlagen wollen. Das tragikomische So weit kommt’s noch erzählte von einer Frau, die durch einen Zufall den Gutmenschen in sich entdeckt und einem Unbekannten helfen möchte. Inzwischen heißt es aber doch wieder Business as usual. Mit Rosamunde Pilcher: Verliebt in einen Butler gab es vergangene Woche Nachschub von der romantischen Reihe, die wie keine andere mit dem Herzkino gleichgesetzt wird. Nun meldet sich auch die Nummer zwei zurück: Inga Lindström. Lange haben Fans da auf etwas Neues warten müssen, der letzte Teil Die vergessene Hochzeit wurde im Januar ausgestrahlt. Zwar gab es in der Zwischenzeit zahlreiche Wiederholungen. Doch erst mit Spinnefeind kommt tatsächlich etwas Neues.
Wobei man sich natürlich bei diesen Filmen immer darüber streiten kann, ob da etwas „neu“ ist. Meistens werden doch nur bewährte Elemente anders angeordnet. Manchmal nicht einmal das. Wo die oben genannte Inhouse-Konkurrenz vergangene Woche immerhin noch mit einer ungewohnten Leichtigkeit arbeitete, anstatt alles unter schwerem Ballast begraben zu wollen, geht man bei Inga Lindström: Spinnefeind wieder dem großen Melodram nach. Hier gibt es nichts, das irgendwie leicht wäre. Alles ist sofort mit großen Problemen verbunden, gern auch mit tragischen Vorgeschichten. Da geht es um unerwiderte Liebe, um Konkurrenzkampf, der bis zu einem Brandanschlag führte. Und natürlich um Menschen, die nicht offen miteinander reden können, sonst wäre da ja kein Film. Ohne dunkle Geheimnisse kein Herzkino.
Schön und lächerlich
Das mag man spannend oder bewegend finden. Oder eben ziemlich lächerlich, wenn man sich mal wieder nicht darum schert, ob das in irgendeiner Form noch plausibel ist. Vor allem zum Ende hin, wenn dann die Auflösung aus allen herausplatzt, ist das so grotesk, dass Lachen noch die angemessenste Antwort ist. Hinzu kommt, dass die Figuren sich in Inga Lindström: Spinnefeind willkürlich verhalten. Da geht es nicht darum, nachvollziehbare Charaktere zu erschaffen. Vielmehr gibt die äußere Form und die Standarddramaturgie vor, was geschehen muss. Und das geschieht dann auch, egal wie. Das ist dann gleichermaßen albern wie langweilig, ist völlig frei von Charme und Leben.
Aber dem Publikum darf das egal sein, solange die Bilder hübsch sind. Das sind sie auch. Sowohl die idyllische Landschaft, in der das Haus liegt, wie auch die Besetzung haben den Augen einiges zu bieten. Wem das wichtig, und das ist bei der Zielgruppe sicherlich der Fall, wird bedient. Schöne Menschen vor einer schönen Natur, dazu der Traum von einer wahren Liebe, die alle Hindernisse überwindet, das kann schon reichen, um die Welt da draußen für anderthalb Stunden zu vergessen. Wer höhere Ansprüche hat als das, ist bei Inga Lindström: Spinnefeind erwartungsgemäß an der falschen Adresse. Der 102. Teil der 2004 gestarteten Endlosreihe ist Fließbandware, die so austauschbar ist, dass man sich fragen muss, warum überhaupt weitere Filme gedreht werden müssen.
OT: „Inga Lindström: Spinnefeind“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Julia Peters
Drehbuch: Stefanie Sycholt
Vorlage: Inga Lindström
Musik: Andy Groll
Kamera: Sabine Berchter
Besetzung: Silvana Damm, Felix Everding, Carin C. Tietze, Martin Luding, Sarah Thonig, Manuel Mairhofer, Simon Rusch, Lea Louisa Wolfram, Mirya Kalmuth, Grégoire Gros, Janina Agnes
Die sonntags auf dem ZDF ausgestrahlte Reihe Herzkino gehört zu den Dauerbrennern des Senders. Seit 1987 laufen, damals noch unter dem Titel Der große ZDF Sonntagsfilm, deutsche Dramen, die sich meistens mit Familien- und Liebesgeschichten befassen. Mehrere Hundert Titel wurden so im Laufe der letzten Jahrzehnte produziert. Unten findet ihr alle unsere bisherigen Rezensionen zu diesem Thema auf einen Blick.
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