
Für Katja Baumann (Simone Thomalla) beginnt der Morgen mit einer schrecklichen Erkenntnis: Jemand ist nachts in ihr Haus eingebrochen. Nicht nur dass laute Musik spielt und in mehreren Zimmern das Wasser läuft, jemand hat ihr außerdem einen Schweinekopf zusammen mit einer Drohung hinterlassen. Während die Polizei noch nach dem Täter sucht, bereitet Tom Kleinke (Jan Sosniok) eine deutlich schönere Überraschung für sie vor: Er will sie mit in sein Haus nach Italien nehmen, um ihr dort einen Heiratsantrag zu machen. Pfarrer Sonnleitner (Johannes Herrschmann) muss sich derweilen mit einer anderen Geschichte befassen. So ist der Hirte Heinrich von Ruhburg (Winfried Hübner) plötzlich verstorben und hat die Schafsherde seiner entfremdeten Tochter Henrike Renner (Kathrin von Steinburg) hinterlassen …
Die nächste Stufe der Eskalation
Eigentlich besteht das Konzept der ZDF-Filmreihe Frühling darin, dass Katja Baumann in jeder Folge jemand Neues kennenlernt, bei dem im Alltag irgendetwas nicht stimmt. Familiendramen stehen hoch im Kurs, auch Beziehungen gehören zum Standard. Offensichtlich hat Autorin Natalie Scharf, die seit dem Start 2011 die meisten Drehbücher geschrieben hat, aber durch ihre Serie Gestern waren wir noch Kinder Lust darauf bekommen, dem Herzkino-Dauerbrenner noch ein paar Thrillerelemente mitzugeben. So musste die Protagonistin letzte Woche in Flüsternde Geister bereits einen ersten anonymen Drohbrief in Empfang nehmen. Bei Lauf weg, wenn du kannst ist die nächste Eskalationsstufe erreicht. Einbruch? Ein abgetrennter Schweinskopf? Das ist schon ziemlich heftig für so ein kleines Dorf.
Richtig konsequent wird das Thema dann aber doch nicht verfolgt. Einen tatsächlichen Home Invasion Thriller braucht man hier nicht zu erwarten, das folgenübergreifende Elemente ist wohl als langfristige Geschichte angelegt. Stattdessen stehen zwei andere Handlungsstränge im Vordergrund. Der eine betrifft den geplanten Hochzeitsantrag von Tom, von dem irgendwie alle wissen – inklusive des Publikums daheim vor dem Fernseher. Nur Katja nicht. Da es relativ lange dauert, bis der Film auch mal an dem Punkt ankommt, dürfen die Zuschauer und Zuschauerinnen spekulieren, wie wohl ihre Antwort ausfallen wird. Schließlich ist es eigentlich noch gar nicht so lange her, dass es zu der Trennung von Mark kam. In der Zwischenzweit lockt Frühling: Lauf weg, wenn du kannst mit hübschen Bildern, wenn die zwei die Reise zum Gardasee antreten.
Hübsch oberflächlich
Hübsche Bilder gibt es auch beim zweiten Handlungsstrang, legte die Reihe doch immer größeren Wert auf idyllische Landschaften. Bei Frühling: Lauf weg, wenn du kannst sind diese mit einer Schafsherde verbunden, was den Heimatfilm-Kitschfaktor noch ein wenig erhöht. Da dieser aber mit irgendwelchen traurigen Geschichten verbunden sein muss, wird mittendrin noch Familie Renner eingebaut, wo niemand mit niemand kann. Entfremdete Familien werden bei diesen Filmen gern immer mal wieder gezeigt. Gerade erst war es bei Eine Handvoll Zeit auch schon darum gegangen. Einfallsreich ist es also nicht, wenn das mal wieder ausgepackt wird. Vor allem hatte Scharf offensichtlich keine Lust, da auch wirklich Arbeit zu investieren. So fällt die Versöhnung im Film quasi vom Himmel, nachdem vorher Henrike noch gesagt hat, dass dies so nicht reicht.
Hinzu kommt die grauenvolle Figurenbeschreibung. Klar sind die Ansprüche in dem Segment selten hoch. Aber ein bisschen mehr als solche wandelnden Klischees wären mit ein bisschen mehr Mühe schon drin gewesen. Fans der Reihe wird das vermutlich nicht stören, das ist ohnehin immer alles recht plakativ hier. Aber selbst die haben schon interessantere Geschichten im Laufe der Zeit sehen dürfen. Wäre da nicht die besagte Gardasee-Idylle und der Heiratsantrag, man hätte Frühling: Lauf weg, wenn du kannst auch gleich ganz weglassen können. Vielleicht wurde auch deshalb der Cliffhanger um den Schweinekopf eingebaut, damit das Publikum auch brav neugierig bleibt, wenn es jetzt wieder monatelang auf Nachschub zu warten heißt.
OT: „Frühling: Lauf weg, wenn du kannst“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Axel Barth
Drehbuch: Natalie Scharf
Musik: Christoph Zirngibl
Kamera: Florian Schilling
Besetzung: Simone Thomalla, Kristo Ferkic, Johannes Herrschmann, Jan Sosniok, Julia Beautx, Kathrin von Steinburg, Siegfried Terpoorten, Julia Grasmugg
Die sonntags auf dem ZDF ausgestrahlte Reihe Herzkino gehört zu den Dauerbrennern des Senders. Seit 1987 laufen, damals noch unter dem Titel Der große ZDF Sonntagsfilm, deutsche Dramen, die sich meistens mit Familien- und Liebesgeschichten befassen. Mehrere Hundert Titel wurden so im Laufe der letzten Jahrzehnte produziert. Unten findet ihr alle unsere bisherigen Rezensionen zu diesem Thema auf einen Blick.
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